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Schulen in der Pandemie
Pädagoge: Lernrückstände sind Gefahr für Demokratie und Wirtschaft

Bei den Öffnungsstrategien für die Schulen fehle weiter ein "Masterplan", sagte der Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer im Dlf. In pädagogischer Hinsicht benötige es klare Konzepte, um Lernrückstände aufzufangen. Langfristig stünden dabei die Demokratie und die Wirtschaft Deutschlands auf dem Spiel.

Schülerinnen und Schüler sitzen im Schulunterricht. Die Ministerpräsidentin und die Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz (beide SPD) besuchen zum Schulstart die Lenneberg Grund- und Realschule plus im Stadtteil Budenheim.
Schulstart in Rheinland-Pfalz (dpa / picture alliance / Andreas Arnold)
In den meisten Bundesländern dauern die Sommerferien noch an, in einigen hat allerdings die Schule schon wieder begonnen. Nach den vergangenen anderthalb Jahren mit Homeschooling, Wechsel- und Präsenzunterricht soll trotz steigender Infektionszahlen ein bisschen mehr Normalität in den Schulalltag einziehen. Laut dem Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer fehlt bei der Öffnungsstrategie jedoch ein genereller "Masterplan". Dieser fehle vor allem in Hinsicht auf Konzepte, um die durch die Corona-Pandemie verursachten pädagogischen "Kollateralschäden" abzumildern.
Was die Schule der Zukunft leisten sollte
Corona hat den digitalen Innovationsdruck in der Bildung verdeutlicht. Zudem sind neue Konzepte gefragt, um die kommenden Generationen auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Die Pandemie habe zu Lernrückstände in allen Milieus geführt, allerdings seien sozial benachteiligte Milieus stärker betroffen. Bereits bestehende Nachteile seien durch die Pandemie nochmals verstärkt worden. Es sei nun Aufgabe, die Gesellschaft zusammenzuhalten und wieder zusammenzuführen, betonte Zierer.

"Man hat viel Zeit Verloren"

Das Bildungsniveau stehe in einem direkten Zusammenhang mit der Wirtschaftskraft und der Demokratiefähigkeit eines Landes. "Wenn wir hier die Augen zumachen und darauf hoffen, das regelt sich alles von selber, dann gefährden wir nicht nur die Wirtschaftskraft Deutschlands, sondern auch die Demokratie Deutschlands", so Zierer.
Niedersachsen, Hannover: Ein Kinderarzt impft ein Kind mit einem 6-fach-Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus (Wundstarrkrampf), Kinderlähmung (Polio), Keuchhusten (Pertussis), Haemophilus influenzae Typ b (Hib) und Hepatitis B.
Sollten Eltern ihre Kinder nun impfen lassen?
Die Gesundheitsminister wollen auch 12- bis 17-Jährigen ein Impfangebot unterbreiten. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt inzwischen ebenfalls eine Corona-Impfung für diese Gruppe. Was spricht für, was gegen eine Impfung von Kindern?
Wie immer bei pädagogischen Interventionen müssten jetzt kurzfristige, mittelfristige und langfristige Strategien erarbeitet werden. Kurzfristig hätten Sommerschulen erfolgreich sein können - allerdings sei das in vielen Bundesländern "nicht mehr als eine Beschäftigungstherapie" gewesen. Auch langfristige Konzepte, die aus den Lehren der Corona-Pandmie für das Schulsystem entwickelt werden könnten, gebe es nicht, so Zierer. "Sodass ich rückblickend sagen muss, man hat hier viel Zeit verloren."
Der Erziehungswissesnschaftler und Autor Klaus Zierer lächelt
Der Erziehungswissesnschaftler und Autor Klaus Zierer (dpa / picture alliance / Sina Schuldt)
Neben dem Lehrermangel habe die Pandemie auch das Problem des Schulleitermangels nochmals offenbart. Um dies anzugehen, müsste insgesamt ein positiveres Bild von Lehrerinnen und Lehrern in der Gesellschaft entwickelt werden. Der Beruf sei einer der wichtigsten in der Gesellschaft, "weil er die nachwachsenden Generationen vorbereitet auf unsere Demokratie, vorbereitet auf die gesellschaftlichen Herausforderungen".