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Schulleiter-Fortbildung in Brandenburg
Es geht um Menschenführung

Viele Schulleiter im Osten Deutschlands erreichen in den kommenden fünf Jahren den Ruhestand. Experten rechnen damit, dass in Berlin und Brandenburg dann jede 2. Leitungsposition in den rund 1.500 Schulen frei wird. In einem achtmonatigen Qualifizierungskurs können sich Interessierte ausprobieren und die potenzielle neue Rolle kennenlernen.

Von Sandra Voß |
    Schüler sitzen am 10.02.2017 im Unterricht in der Grundschule in Amelgatzen (Niedersachsen). Die Grundschule Amelgatzen findet keinen Schulleiter. Die Grundschule Amelgatzen findet keinen Schulleiter. (zu dpa "Grundschulleitung - warum sollte das denn jemand machen?" vom 12.2.2017) Foto: Peter Steffen/dpa | Verwendung weltweit
    Alle mitnehmen, alle motivieren und mit einem veränderten Schülerklientel umgehen: Die Anforderungen an Schulleiter sind hoch. (dpa / Peter Steffen)
    "Die Altersstruktur in den Berliner und Brandenburger Schulen sieht so aus, dass jeder zweite Schulleiter in den nächsten fünf Jahren in Ruhestand geht. Das heißt, es gibt einen enormen Bedarf an der Neubesetzung dieser Stellen. Und aus diesem Grund haben wie dieses vorbereitende Programm für Schulleiterinnen und Schulleiter entwickelt.
    Bernd Jankofsky, Leiter der Schul-und Personalentwicklung am Landesinstitut für Schule und Medien, Berlin-Brandenburg, kurz LISUM, ist stolz auf den Lehrgang, den sein Institut entwickelt hat. Seit 2012 bildet das LISUM jährlich 20 Lehrerinnen und Lehrer zu Schulleitern aus.

    Die Qualifizierung ist nötig und in Berlin sogar vorgeschrieben, sagt Detlef Horn-Wagner, Trainer für Führungspersonen.
    "Früher ging es darum, Schule zu organisieren. Und jetzt geht es um Menschenführung. Also, alle mitnehmen, alle motivieren. Alle auch sich verpflichtet fühlen lassen, an der Qualität zu arbeiten. Ich finde auch, mit einem veränderten Schülerklientel umzugehen, mit anderen Rahmenbedingungen, auch gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, wie Teilzeit, das ist ja nicht so ganz einfach, dass zu organisieren."
    Gefragt sind Fingerspitzengefühl und Flexibilität
    In dem großen weißen Seminarraum sitzen 20 Teilnehmer und zwei Dozenten. Die Qualifikation besteht aus drei Ausbildungsphasen. Es beginnt mit den eher theoretischen Grundkursen, so die Leiterin und Referentin des laufenden Kurses, Christa Hilbig:
    "Und da geht um ganz allgemeine Dinge, die eine Schulleiterin, ein Schulleiter, braucht. Projektmanagement, Grundlagenkommunikation. Vieles andere noch: Gesundheits- Management, Emotionsmanagement. Solche Dinge."
    Das heutige Thema: Leitungskommunikation. Für was entscheide ich mich und wie kommuniziere ich das mit den Kollegen. Der laufende Kurs ist im November gestartet. Die 20 Lehrerinnen und Lehrer sind inhaltlich inzwischen in der so genannten P-Phase, dem praktischeren Teil. Christa Hilbig:
    "Da ist das Besondere und dass zeichnet auch unsere Qualifikation aus, da arbeiten wir sehr eng mit Schulpraktikern zusammen. Sprich, mit Menschen, die Schulleitung schon machen."
    Am Ende des Qualifizierungsprogramms absolvieren die gestandenen Lehrer noch ein Praktikum bei einem Schulleiter und erarbeiten ein Konzept über ihren ganz persönlichen Führungsstil. Der ist jedoch nur ein Gerüst. In der Praxis gilt es, auf jede Person gesondert einzugehen, ob schwieriger Schüler oder fremdsprachige Mutter. Dazu braucht es viel Fingerspitzengefühl und Flexibilität, Qualitäten, die man nicht unbedingt lernen kann.
    Die im Kurs referierende Schulpraktikerin Birgit Spiekermann hat vor vier Jahren die Gesamtschule am Schilfhof in Potsdam gegründet, mit inzwischen 430 Kindern. 300 sollen noch folgen.
    "Während ich diesen Kurs besucht habe war ich gerade dabei, eine Schule zu eröffnen und konnte die Konzepte, die wir hier geschrieben haben, Kommunikationskonzept, Fortbildungskonzept, Beteiligungsstrukturen. Das habe ich eins zu eins erarbeitet für meine Schule. Das war toll, weil ich immer sofort die Rückmeldung hatte hier aus dem Kurs, ich konnte das besprechen mit meiner Arbeitsgruppe."
    Von den 20 Teilnehmern sind 14 Frauen. Eine davon ist die 55 jährige Sabine Grauhan.
    Schulleiter-Rolle in Praxissituationen ausprobieren
    Die große, schlanke Sprachenlehrerin war nicht unbedingt überzeugt davon, dass sie die Rolle einer Schulleiterin ausfüllen kann. Doch durch die Qualifizierung im LISUM ändert sie gerade ihre Meinung.
    "Also das tolle hier an diesem Kurs ist die Praxissimulation. Und das ich ausprobieren, kann ich diese Rolle ausfüllen, wie erlebe ich mich selber in dieser Rolle."
    Die Fortbildung endet im Sommer. Bis dahin hat Sabine Grauhaun noch etwas Zeit, um zu überlegen, ob sie eine Stelle als Schulleiterin anstrebt oder doch lieber ganz normal weiter unterrichtet.