"Ich nehme immer Milch, weil ich keinen Kakao darf, wenn ich darf, würde ich Kakao nehmen."
Mit Steuergeldern gefördert
Kinder lieben Süßes, wie dieser Grundschüler in Düsseldorf. An seiner Schule haben die Kinder die Wahl: Sie können pure Milch oder Kakao bestellen, zu einem vergünstigten Preis, im Rahmen des EU-weiten Schulmilch-Programms. Mehr als zwei Drittel der Kinder wählen: das süße Produkt, Kakao.
"Die Kindergesundheit kommt beim Schulmilch-Programm erst an letzter Stelle, ganz offensichtlich, denn es geht vorrangig darum, den Milchabsatz zu fördern."
Kritisiert der Geschäftsführer der Verbraucher-Organisation Foodwatch, Martin Rücker.
"Wir wissen, dass viel zu viele Kinder übergewichtig sind, wir haben ein riesiges Gesundheitsproblem. Es gibt das politische Ziel auch im Koalitionsprogramm der Bundesregierung, Zuckerreduktion zu betreiben. Und hier haben wir ein staatliches, steuerfinanziertes Zuckerförderprogramm."
Schon seit Jahrzehnten wird Schulmilch mit Steuergeldern finanziert. So kostet ein Viertelliter Milch 30 Cent, Kakao kostet 40 Cent.
"Es ist für die Kinder überhaupt kein Problem, wenn sie ab und an einen Kakao mit Zuckeranteil verzehren, aber wir sollten nicht das, wovon sie ohnehin schon zu viel haben, noch mit Steuergeldern fördern. Das ist das Problem beim Schulmilch-Programm."
Verflechtungen zwischen Politik und Milchwirtschaft
Eigentlich hat die EU 2017 beschlossen, nur noch ungezuckerte Milchgetränke zu fördern. Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen nutzen aber eine Ausnahmeklausel - und bieten weiter den süßen Kakao an. Hessen auch, das Land hat aber angekündigt, Kakao schnellstmöglich aus dem Programm zu nehmen.
Die NRW-Vorsitzende der Lehrer-Gewerkschaft GEW, Dorothea Schäfer, würde sich wünschen, dass der süße Kakao bald ganz aus dem Schulmilch-Programm verschwindet.
"Als GEW erwarten wir jetzt von der Landesregierung, dass sie den gezuckerten Kakao aus dem Programm raus nimmt, dem Beispiel von 13 anderen Bundesländern folgt. Das Thema ist eigentlich schon seit vielen Jahren bekannt und auch die Landwirtschaftsministerin müsste wissen, dass Kalzium in vielen anderen Produkten, die tatsächlich gesund sind, enthalten ist, und nicht nur in Kakao."
Die Organisation Foodwatch hat jetzt untersucht, warum Nordrhein-Westfalen den Kindern den Schulalltag immer noch mit Kakao versüßt - und ist auf enge Verbindungen zwischen der Landespolitik und der Milch-Wirtschaft gestoßen.
"Es gibt eine über Jahrzehnte und Parteigrenzen hinweg gepflegte Verflechtung zwischen Wissenschaftlern, der Milchwirtschaft und der Landespolitik."
Unseriöse Studien
Sagt Martin Rücker. Die Landesregierung öffne mit ihren Fördergeldern den Milch-Verbänden die Schultüren - und unterstütze sogar indirekt Studien mit völlig unverständlichen Ergebnissen:
"Kakao macht schlau, sorgt für einen höheren IQ, bessere Schulnoten, Zahngesundheit auch alles kein Problem trotz Zuckergehalt. Die Studien sind, wenn man sie wissenschaftlich überprüft, Studien, die sie komplett vergessen können. Hier wird teilweise mit extrem winzigen Probandenzahlen gearbeitet. Es wird mit manipulativen grafischen Darstellungen gearbeitet. Das sind hanebüchene Studien, die absolut nicht valide sind."
Die aber bei Einigen im Gedächtnis bleiben - und offenbar für ein gutes Image des Schul-Kakaos sorgen.
Meike Sander ist Elternvertreterin an einer Düsseldorfer Grundschule, an der gerade darüber nachgedacht wird, die tägliche Ration Milch oder Kakao abzuschaffen.
"Das wird zwiespältig diskutiert. Es gibt viele Eltern und Kinder, die finden das Programm ganz toll, die wollen gerne weiter Milch bestellen. Es wird aber auch kontrovers diskutiert, weil Kakao ein süßes Getränk ist und eigentlich im Rahmen der gesunden Ernährung sollte das nicht weiter bestellt werden."
Befürworter der Schulmilch argumentieren, dass es besser sei, wenn die Kinder gesüßte Milch trinken, als gar keine oder zum Beispiel stattdessen eine Limonade. Denn gerade Grundschüler bräuchten noch die Nährstoffe der Milch, zum Beispiel das Kalzium. Nach Ansicht von Foodwatch und der Lehrergewerkschaft GEW gibt es allerdings etliche Alternativen, um den erhöhten Kalizum-Bedarf von Grundschülern auch ohne Milch zu decken.