Ein Hinterhof im Berliner Wedding. "Herzlich Willkommen" - steht auf einem Schild. Der erste Elternabend der Schulinitiative "Quinoa". Gründer Stefan Döring - Jeans und Dreitagebart – steht in der Tür, begrüßt die künftigen Eltern und Schüler, knetet nervös seine Hände.
"Aufgeregt auf jeden Fall, wir freuen uns, wir kennen ja eine Menge Eltern schon, wir sind sehr gespannt und sehen schon die ersten Gesichter, die wir kennen, halli-hallo, ich freue mich."
Mütter und Väter sind an diesem Abend gekommen, die Mehrheit stammt aus Einwandererfamilien, vier Frauen tragen Kopftücher.
"Der Abend heute ist dazu da, Euch und Ihnen einen Überblick zu geben, worum geht´s was wird der Schwerpunkt sein, was ist geplant für die nächsten vier Jahre, Sie wissen, es handelt sich um eine Sekundarschule Klasse 7 bis 10."
Nicht Abschluss, sondern Anschluss denken
Stefan Döring erklärt das Schulprogramm: Türkisch als Fremdsprache, außerdem ein ungewöhnliches Schulfach namens "Zukunft". Die Berufsorientierung soll eine große Rolle spielen. Jeder Schüler bekommt einen persönlichen Tutor, der oder die wöchentlich eine halbe Stunde Zeit nur mit ihm verbringt. Wichtig ist, sagt Schulgründer Döring:
"Dass man nicht nur in Abschlüssen denkt, sondern in Bildungsübergängen und daran denkt, was im Anschluss passiert. Was passiert mit unseren Alumni nach Klasse 10. Und wenn man mit so einem Denken Schule gestaltet, dann ergeben sich ganz neue Perspektiven."
Die Gründerinitiative - maßgeblich gefördert von der Vodaphone-Stiftung - hat sich bewusst den Berliner Wedding für ihre Schule ausgesucht. Sechs von zehn Kindern wachsen hier in Hartz-IV-Familien auf. In diesem Arbeiter- und Migranten-Stadtteil findet eine Entwicklung statt, die Soziologen "Segregation" nennen – Entmischung. Es gibt Schulen, an denen 95 von 100 Kindern zuhause nicht deutsch sprechen, sondern türkisch oder arabisch.
"Es wird jetzt nicht mal vernünftig Deutsch gesprochen, wenn ich jetzt höre, wie mein Sohn spricht, dann krieg ich einen Schock, das ist so ein ausländisches Deutsch, und das ist das Problem, den Lehrern ist es egal, und die machen irgendwas und fertig is."
Ereifert sich Catherine Daoud. Sie selber ist im Libanon geboren, in Berlin aufgewachsen. Mein 11-jähriger Sohn spricht schlechter Deutsch als ich, empört sich die Mutter dreier Kinder.
"In Berlin ist es katastrophal, und es sind mehr Ausländer leider in der Schule."
Zuviele Ausländer? Jetzt muss die gebürtige Libanesin Catherine Daoud lachen. Die Muslima streicht ihr bodenlanges schwarzes Gewand glatt, zupft das pinkfarbene Kopftuch zurecht, versucht, zu erklären.
"Es ist nicht mehr gemischt. Früher zu meiner Zeit war es nicht so, da wurde drauf geachtet, dass in einer Klasse verschiedene Kinder sind, eben nicht nur Türken und Araber, sondern alles auf einen Haufen."
Catherine Daouds Familie lebt von Hartz IV, sie selber hat keinen Schulabschluss. Doch sie weiß: Bildung ist wichtig. Meine Kinder sollen nicht so enden wie ich, sagt sie bestimmt, deshalb soll mein Sohn auf eine Privatschule gehen. Gleich am ersten Elternabend füllt sie das Anmeldeformular aus.
"Ich bin wirklich begeistert, dass es überhaupt klappt, wir haben die ganze Zeit gebetet drum, dass es funktioniert, weil ich einfach so für meinen Sohn eine bessere Zukunft sehe."
Diejenigen Familien, die die Schulgründer für ihr Weddinger Projekt gewinnen wollen, können in der Regel kein Schulgeld zahlen. Deshalb ist die Finanzierung noch nicht endgültig gesichert - es fehlen private Förderer.