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Schulsanierungen Berlin
Geldmangel ist nicht das einzige Problem

Berlins Schulen sind in einem miesen Zustand. Die Sanierungen würden rund zwei Milliarden Euro kosten. Bereitgestellt hat das Land Berlin knapp 100 Millionen Euro. Doch mit Geld alleine ist es in Berlin nicht getan.

Von Philip Banse |
    Schulkinder spielen in Berlin auf dem Schulhof der Paul-Klee-Grundschule.
    In Berlin mangelt es nicht nur am Geld, sondern auch an Personal in der Verwaltung. (picture alliance / dpa / Robert Schlesinger)
    2. Stock der Kronach-Grundschule im eigentlich wohlhabenden Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Schulleiter Rainer Belusa steht im Flur und blickt zur Decke: Ein großes Loch gibt den Blick frei auf Rohre und Leitungen.
    "Von oben tropft es durch, befeuchtet dann die Deckenplatten und nach einer bestimmten Zeit sind die durchgefeuchtet, speziell nach dem Regen und dann kommen die Deckenplatten hier runter, die fallen hier in Teilen ab. Und dann hoffen wir immer, dass das in einer Zeit passiert, in der hier keine Kinder sind."
    Es tropft aus allen Ecken
    In die Kronach-Grundschule regnet es rein. Flure, Leseraum, Klassenzimmer - fast kein Raum in der Schule mit 500 Schülern ist ohne braune Wasserflecken an Decken und Wänden:
    "Wir waren auch mal hier im Unterricht und dann ist die Decke runtergefallen. Also da in der Ecke hat es öfter auch getropft und dann ist es runter gefallen, ein Teil von der Decke. Da ist jetzt ja auch ein Loch."
    Und zwar nicht erst seit gestern, auch nicht seit vorgestern, sagt Schulleiter Belusa. Sondern seit 32 Jahren.
    "Am Tag der Eröffnung dieser Schule, da ging der Bürgermeister durch und alle Honoratioren, die so eine Schule eröffnen, an diesem Tag hat es schon durchgeregnet. Das war im Sommer 1983. Seit 1983 ist das nicht in den Griff zu kriegen."
    Berlins Schulen sind in einem miesen Zustand. Die Berliner Bezirke schätzen: Die Sanierung der Berliner Schulen würde rund zwei Milliarden Euro kosten. Bereitgestellt hat das Land Berlin jetzt nicht einmal fünf Prozent dieser Summe, nämlich knapp 100 Millionen. Über ein weiteres Programm können die Schulen 7.000 Euro für kleinere Reparaturen beantragen. Zum Geldmangel gesellen sich Planungsprobleme. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf musste 400.000 Euro ans Land Berlin zurückgeben, die eigentlich für die Schulsanierung vorgesehen waren, aber das Bauamt des Bezirks war nicht in der Lage, das Geld zu investieren, weil es nicht genug Personal hatte. Elternvertreterin Swantje Kaposty versteht die Welt nicht mehr:
    "Ich habe oft das Gefühl, dass wir in einem Entwicklungsland leben, obwohl wir in einem der reichsten Länder der Welt leben."
    Dieses Gefühl entsteht auch, weil in vielen Bezirken drei verschiedene Ämter für die Schulbauten zuständig sind. Wegen des Baubooms in der Hauptstadt haben die Behörden zudem Probleme, fähige Ingenieure zu finden. Die Folge: Fehlplanungen bei der Schulplanung und Baupfusch.
    "Man hat in der Mühlenau-Schule festgestellt bei einer Sanierungsmaßnahme, dass bestimmte Träger einen Riss haben."
    Schulleiter Belusa geht durch einen provisorischen Anbau, in dem vier seiner Klassen untergebracht waren, aber das Gebäude musste geräumt werden. Hunderte dieser provisorischen Pavillons gibt es in Berlin, sie werden jetzt von Statikern untersucht wegen Einsturzgefahr. Deshalb mussten auch die vier Klassen der Kronach-Grundschule erst mal raus.
    "Da oben in der Ecke, sehen sie da den kleinen Riss? Von der Ecke ausgehend? Der liegt falsch auf."
    Fehlende oder falsche Kommunikation
    In der Kommunikation zwischen Immobilien-, Tiefbau- und Stadtentwicklungsamt war offenbar untergegangen, dass die Pavillons nur eine befristete Betriebserlaubnis haben, die längst abgelaufen ist. Die zuständige Schulstadträtin des Bezirks sagt ein Interview kurzfristig ab, sie sei erkrankt, sagte ihr Sprecher. Die zuständige Senatsverwaltung des Landes Berlins sagt, ein Interview über die zerfallenden Schulen sei frühestens in einem Monat möglich. Dieser Tage werden in die geräumten Anbauten der Kronach-Grundschule Stützpfeiler eingezogen.
    "Jetzt warten wir, dass alles verkleidet wird und dann können die Klassen wieder zurück."
    Dennoch wird es weiter in seine Schule regnen, sagt Schulleiter Belusa. Aber auch das liege nicht am Geldmangel. Das Dach sei zu D-Mark-Zeiten für einen Millionenbetrag komplett saniert worden; bis heute rückten regelmäßig Handwerker an, um Löcher zu stopfen.
    "Ich weiß nicht, was das für Fachfirmen sind, die das dann machen, die dann sagen, machen wir mal hier ein bisschen, da ein bisschen. Haben die Ahnung? Kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass es immer durchregnet, wenn es ein größerer Regen war."