Kinderbuchautor und Nazizeit
Schulverband einstimmig für Umbenennung des Otfried-Preußler-Gymnasiums

Der Zweckverband des Staatlichen Gymnasiums in Pullach unterstützt den Wunsch von Schülern, Lehrern und Eltern nach einer Umbenennung des örtlichen Otfried-Preußler-Gymnasiums. Einer der angeführten Gründe ist das bisher weitgehend unbekannte Erstlingswerk des weltberühmten Kinderbuchautors, "Erntelager Geyer", aus dem Winter 1940/1941.

    Kinderbuchautor Otfried Preußler sitzend am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer. Schwarz-weiß Aufnahme von 1988.
    Otfried Preußler in seinem Arbeitszimmer im Oktober 1988. (imago / teutopress)
    "Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist von oberster Bedeutung", sagte der Münchner Landrat Göbel (CSU) bei der Sitzung. Das Gymnasium trug den Namen seit 2013. Die endgültige Entscheidung für die Umbenennung liegt nun beim bayerischen Kultusministerium.
    Preußlers Erstlingswerk "Erntelager Geyer" erzählt im damaligen nationalsozialistischen Zeitgeist von der Euphorie deutscher Jugendlicher für die Eroberung von Gebieten im Osten und wird als Beschönigung der Hitlerjugend verstanden. Preußler war selbst Jugendlicher, als er das Buch verfasste. Er wurde 1923 im tschechischen Liberec, damals Reichenberg in Nordböhmen, unter dem Namen Otfried Syrowatka geboren worden. Sein Vater Josef war Mitglied der NSDAP und der SA gewesen, 1941 ließ er den Familiennamen in Preußler ändern. Der Autor selbst verschwieg "Erntelager Geyer" weitgehend - offiziell ließ er sein Werk ab der 50er Jahren mit "Der kleine Wassermann" von 1945 beginnen. Als weitere Gründe für die Ablegung des Namens verweist das Gymnasium darauf, dass Preußler selbst an der Ostfront gekämpft habe, und es keine biografischen Bezüge zu Pullach gebe.

    Bundesweite Debatten

    Die geplante Umbenennung hat bundesweit Debatten ausgelöst. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" titelte: "So dumm, dass es wehtut". "Die Zeit" argumentierte indes, Preußlers Erstlingswerk sei der Urgrund auf dem seine späteren Bücher, "die Bücher unserer Kindheit", entstanden seien: "Dieses Buch muss man ertragen können". Die Sudetendeutsche Volksgruppe beklagte eine "richtiggehende Hexenjagd". Preußler habe "Erntelager Geyer" nie geleugnet, betonte Sprecher Posselt: "An diesem Erstling Preußlers gibt es nichts zu beschönigen." Man dürfe aber nicht vergessen, dass er "nach drei Jahren Ostfront, fünf Jahren in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern und der Vertreibung aus der Heimat mit dem braunen Gedankengut restlos gebrochen und ein auf Toleranz und Völkerverständigung hin orientiertes Lebenswerk aufgebaut" habe.
    In Deutschland gibt es nach Angaben der Erbengemeinschaft 22 Schulen, die Otfried Preußler als Namenspatron haben - darunter sind von Hannover über Duisburg und Köln bis Wertheim fast alle Schulformen von der Grundschule bis zum Gymnasium. In Hessen beispielsweise sind es vier. Sie alle wollen laut der Frankfurter Rundschau dem Beispiel von Pullach nicht folgen. 1976 war in Dillenburg die erste Schule nach Otfried Preußler benannt worden.
    Diese Nachricht wurde am 13.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.