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Schutz von Kulturgütern
Streit über den Wert von Kunst

Noch ist die von Kulturstaatsministerin Monika Grütters geplante Neuregelung des Kulturgutschutzes ein Gesetzentwurf, über den noch beraten wird. Aber vor allem Kunsthändler protestieren heftig, weil sie einen Wertverlust bei vielen Kunstwerken befürchten. Um Missverständnissen und Fehlinterpretationen vorzubeugen, will Grütters den Entwurf nun öffentlich machen.

Von Christiane Habermalz |
    Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin
    Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin (picture alliance / dpa)
    So viel Gegenwind ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters nicht gewohnt. Ihr Gesetzentwurf zur geplanten Neuregelung des Kulturgutschutzes ist noch nicht einmal veröffentlicht, doch schon seit Wochen hagelt es Kritik von Kunsthändlern. Das Gesetz käme einer "kalten Enteignung" von Sammlern gleich, Bernd Schultz vom Auktionshaus Villa Grisebach sprach von einer "Guillotine für den Kunsthandel".
    Endgültig lagen die Nerven blank, als am Wochenende der Maler und Bildhauer Georg Baselitz angekündigte, seine Werke aus deutschen Museen zurückzuziehen. Begründung: Er fürchte, nicht mehr frei über seine Werke verfügen zu können, wenn durch die Gesetzesnovellierung auch private Leihgaben in Museumsbesitz automatisch zu nationalem Kulturgut würden. Die Aufregung ist groß - viel zu groß, klagt Grütters. "Das Verfahren läuft seit anderthalb Jahren, und an dem waren alle Betroffenen, auch der Kunsthandel in vollem Umfang beteiligt. Und natürlich fragen wir erst die Betroffenen und schreiben dann das Gesetz auf und nicht umgekehrt."
    Mit der Gesetzesnovelle will Grütters zwei Ziele erreichen: Einerseits die Einfuhr von geschmuggelten Kulturgütern aus dem Ausland unterbinden, die aus Raubgrabungen oder geplünderten Kulturstätten stammen. Hier hinkt Deutschland in der Tat weit hinter anderen Ländern her. Die derzeitige Gesetzesregelung aus dem Jahr 2007 ist derart lasch, dass Deutschland, wie seit langem von internationalen Experten beklagt, zum Hauptumschlagplatz von geschmuggelten Antiken aus aller Welt geworden ist. Doch der Unmut des Kunsthandels entzündet sich vor allem daran, dass auch die Ausfuhr von deutschen Kunstschätzen ins Ausland erschwert werden soll - dann, wenn es sich um national wertvolles Kulturgut handelt. Hintergrund sind die Auseinandersetzungen etwa um die Humboldt-Tagebücher, deren drohender Verkauf ins Ausland durch die Erben von Alexander von Humboldt nur mühsam verhindert werden konnte. Dies soll in Zukunft nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Künftig sollen Kunstwerke ab einem gewissen Wert und Alter nur noch mit einer staatlichen Ausfuhrgenehmigung außer Landes gebracht werden dürfen. Der Kunsthandel fürchtet um seine Geschäfte, denn international lässt sich mit Kunstverkäufen weit mehr Geld erzielen als im Inland. Der Berliner Anwalt und Kunstfreund Peter Raue spricht von einer Katastrophe: "Was Frau Grütters erreichen will, ist, dass der Staat auf all die Kunstgegenstände, Kulturgüter Zugriff nehmen kann, indem sie diese Arbeiten dem Kulturgutschutzgesetz, scheußliches Wort, unterstellt."

    Grütters versichert, dass es bei Privatbesitz nur um wenige besonders herausragende Kulturgüter gehen werde. Doch die Kunsthändler wissen, dass die Einstufung als national wertvolles Kulturgut einen nominalen Wertverlust bedeutet, schließlich kann er es dann nicht mehr zu internationalen Marktpreisen veräußern. Doch Grütters macht geltend, dass Kunst nicht nur Geldwert, sondern auch ideellen Wert besitze. Zudem will sie die öffentliche Hand dadurch in die Lage versetzen, beim Erwerb von national wertvoller Kunst für Museen mitzubieten. Schwammig bleibt, was das eigentlich ist: national wertvolle Kunst. Bislang führt jedes Bundesland eher willkürlich Listen. Künftig könnten laut Grütters einheitlich die Kriterien des internationalen Museumsbundes gelten: Danach ist zum Beispiel national wertvoll, was "für eine Region identitätsstiftend" ist. Sammlungen von staatlichen Museen und Archiven sollen künftig pauschal zu nationalem Kulturgut erklärt werden. Heute will Grütters in die Offensive gehen und den Gesetzesentwurf der eigentlich noch in der Ressortabstimmung ist, der Öffentlichkeit vorstellen - um, wie sie sagt, Missverständnissen und Fehlinterpretationen den Boden zu entziehen.