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Schutz vor Covid-19
Masken in der Öffentlichkeit "eine Zukunftsperspektive"

Das Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit werde künftig eine bedeutende Rolle spielen - und sei eine Möglichkeit der Exit-Strategie nach Ostern, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel im Dlf. Sobald die Gesundheitsberufe ausreichend ausgestattet seien, sollte es zum Standard werden.

Erwin Rüddel im Gespräch mit Martin Zagatta |
Ein Radfahrer mit Atemschutzmasker am Rheinboulevard in Köln.
Schutzmasken erst für medizinische Berufe, dann für Alle, auch in der Öffentlichkeit, fordert Erwin Rüddel (picture alliance / Geisler Fotopress)
Martin Zagatta: Ob wir bald alle, wenn wir das Haus verlassen, eine Schutzmaske tragen sollen oder sogar müssen - diese Frage drängt sich auf, nachdem Österreich das Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit nun vorschreibt und Jena als erste Stadt in Deutschland mitzieht. Immer mehr Experten halten das auch für durchaus angebracht.
Fragen an Erwin Rüddel, CDU-Politiker und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag.
Zagatta: Herr Rüddel, so eine Schutzmaskenpflicht beim Einkaufen im öffentlichen Raum, ist die überfällig?
Rüddel: Ich denke, man muss gestuft vorgehen. Wir brauchen jetzt Schutzmasken aller Art für die, die im Gesundheitsbereich tätig sind, und wir sollten jetzt auch Ratschläge geben, dass Schutzmasken getragen werden. Ich stelle in meinem Umfeld, in meinem Wahlkreis fest, dass sehr, sehr viele sich engagieren, ehrenamtlich, aber auch, dass Firmen in Produktion einsteigen, so dass dieser Mangel an Schutzmasken, Schutzausrüstungen nach meiner Wahrnehmung Schritt für Schritt etwas geringer wird, weil dieser Mangel, diese Not da ist. Aber wir sollten sehen, dass als erstes die Gesundheitsberufe, Pflegeberufe jetzt gut ausgestattet sind, und gleichzeitig als Ratschlag auf den Weg geben, Schutzmasken zu tragen. Wir brauchen ja auch eine Exit-Strategie und bei dieser Exit-Strategie nach Ostern kann ich mir durchaus vorstellen, dass das Tragen von Schutzmasken eine Möglichkeit ist, am öffentlichen Leben wieder aktiver teilzunehmen.
Zagatta: Ministerpräsident Söder in Bayern hat klargestellt, dass eine solche Maskenpflicht noch nicht direkt ansteht, aber auch schon angedeutet, dass er sie in Bayern irgendwann einführen könnte. Armin Laschet, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der zeigt sich jetzt schon mit einer solchen Maske. Wie lange dauert es noch, bis wir Angela Merkel mit einer solchen Maske sehen?
Rüddel: Ich denke, das ist eine Vorbildfunktion, aber man muss abwägen. Wir brauchen diese Masken zuerst für die Gesundheitsberufe.
Masken-Herstellern in Deutschland "eine Perspektive geben"

Zagatta: Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit!
Rüddel: Wir haben im Moment noch einen Mangel, obwohl gestern die Nachricht kam, dass im zweistelligen Millionenbereich Masken in Deutschland auf den Markt gekommen sind und an die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen und Ärzte verteilt werden. Aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen mehr.
Eine Infektiologin in Schutzausrüstung steht mit vorgefertigten Fragebögen in der Eingangstür der Corona-Ambulanz an der Uniklinik Dresden.
Schutzmasken- und Anzüge: "Gezahlt wird fast jeder Preis"
Die Kosten für Schutzmasken und Schutzanzüge sind in der Corona-Krise teilweise um das 25-fache gestiegen - und kaum mehr zu bekommen. Für professionelle Einkaufsberater wie die Kloepfel GmbH ist das eine Herausforderung.
Meine Wahrnehmung ist – und da glaube ich, dass wir keine Auflagen machen müssen -, ich stelle fest, dass es eine Reihe von großen Firmen und kleinen Firmen gibt, die ihre Produktion umstellen und Masken produzieren und Schutzausrüstungen, die aber die Sorge haben, wenn die Corona-Krise beendet ist, dass wieder alle dann preisbewusst ihre Produkte in China produzieren lassen. Die Schutzmaske, glaube ich, wird wie in Asien unser öffentliches Leben stärker beeinflussen, als wir das bisher gewohnt sind, und wir müssen denen, die jetzt in die Produktion von Schutzausrüstung einsteigen, auch eine Perspektive geben, dass nach der Krise diese Investitionen in Produktionen nicht umsonst waren.
Wir diskutieren ja gleichzeitig schon vor der Krise, dass wir Lieferengpässe haben bei Arzneimitteln und Medizinprodukten.
Zagatta: Herr Rüddel, darf ich da gleich mal nachfragen?
Rüddel: Ja.
Nach der Krise: "Mängel im Gesundheitssystem beseitigen"

Zagatta: Warum ist das in Österreich möglich? Warum ist man dort offenbar besser versorgt, besser vorbereitet? Dort sollen ja Supermärkte jetzt die Masken beim Betreten ausgeben. Offenbar sind die dort verfügbar.
Rüddel: Vielleicht hat es in Österreich eine größere Lagerhaltung gegeben. Ich denke, wir müssen in der Krise, aber auch direkt nach der Akutphase der Krise darüber nachdenken, wie wir mit Schutzausrüstung umgehen, wie wir auch Lagerhaltung organisieren, weil diese Krise hat ja gezeigt, dass man insgesamt sieht, dass unser Gesundheitssystem gut auf solche Situationen vorbereitet ist, besser als viele andere auf der Welt. Aber wir haben auch gesehen, dass es Mängel gibt, und diese Mängel müssen wir sehen, dass die beseitigt werden, und sollte so eine Situation noch einmal kommen, dass das nicht wieder eintritt.
Zagatta: Wenn jetzt ein so renommierter Virologe wie Alexander Kekulé aus Halle zu solchen Masken rät, weil er sagt, man schützt da nicht nur andere, sondern man bietet dem Träger damit zumindest einen geringen Schutz, wieso reagiert da die Politik nicht und drängt darauf? Wo man es möglich machen könnte, könnte man es vorschreiben, oder zumindest darauf drängen, dass immer mehr Menschen in Deutschland das dann auch tragen.
Rüddel: Ich möchte keinen Wettbewerb zwischen denen, die in Gesundheitsberufen arbeiten, und denen, die sich in der Öffentlichkeit bewegen.
"Masken werden bedeutende Rolle in der Zukunft spielen"

Zagatta: Die brauchen ja, soweit ich das höre, höherwertige Masken. Das ist wohl kein Wettbewerb.
Rüddel: Wir brauchen nach meiner Meinung beides und wir müssen sehen – und da bin ich auch zuversichtlich -, dass wir in den nächsten Tagen zunehmend besser ausgestattet sind mit Masken. Und ich glaube, wenn man sieht, wie zum Beispiel in Japan sich die Corona-Krise entwickelt hat, gibt es ja Stimmen, die sagen, dass in Japan man einigermaßen gut durch diese Krise bisher kommt, dass das auch daran liegt, weil die Bevölkerung daran gewöhnt ist, Schutzmasken zu tragen. Ich glaube, dass das auch eine Zukunftsperspektive für uns ist, mittel-, langfristig, aber gerade auch kurzfristig als eine Möglichkeit der Exit-Strategie nach Ostern.
Zagatta: In der Corona-Krise haben wir ja die Erfahrung gemacht, dass da unter Umständen nicht ganz so viel geplant wird, sondern wenn der erste mit einer Maßnahme anfängt, dann ziehen die anderen ganz schnell nach. Wird das mit den Masken jetzt genauso wieder kommen, so eine Art Windhundrennen?
Rüddel: Wir haben ja letzte Woche im Bundestag ein Gesetz verabschiedet, dass man in solchen Situationen eine stärkere zentrale Steuerung bekommt, in Krisensituationen. Ich nehme wahr, dass, wenn Vorschläge gemacht werden, es ein gewisses Windhundrennen gibt, das nicht in allen Fällen der Situation gerecht wird, und glaube aber wie gesagt, Masken werden eine bedeutende Rolle in Zukunft spielen, auch kurzfristig. Und wenn wir das Signal haben, dass die Gesundheitsberufe ausreichend ausgestattet sind und auch der Nachschub gesichert ist, dann müssen wir sehen, dass in der Bevölkerung das zum Standard wird.
Zagatta: Herr Rüddel, jetzt haben wir Sie ganz klar verstanden, klar und deutlich. Wir haben Glück mit der Telefonleitung. Das heißt, Sie tragen auch noch keine Maske?
Rüddel: Ich trage zuhause keine Maske. Ich bin im Home Office.
Zagatta: Aber wenn Sie rausgehen schon?
Rüddel: Wenn ich rausgehe, auch meine Frau, dann tragen wir Masken.
Zagatta: Und das werden Sie anderen demnächst auch ganz dringlich empfehlen, beziehungsweise sich dafür einsetzen, dass es vorgeschrieben wird?
Rüddel: Ich möchte dieses gestufte Verfahren.
Zagatta: Das haben Sie erläutert.
Rüddel: Wir müssen sehen: Die Gesundheitsberufe, das ist jetzt im Moment wichtig. Und es gibt ja auch die Möglichkeit, sich selber Masken zu nähen, und das machen ja zunehmend auch viele und stellen die auch teilweise den Pflegeeinrichtungen zur Verfügung. Da muss man einen riesen Dank aussprechen an die, die sich hier alle engagieren, auch einen Dank an die Firmen, die ihre Produktion umstellen. Für mich ist wichtig, dass man diesen Firmen mittel-, langfristig eine Perspektive gibt, dass die diese Produktion auch in Deutschland absetzen können.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.