Archiv

Schutzzone in der Antarktis
"Wirtschaftliche Nutzung nicht unbedingt im Widerspruch"

Mit der Einrichtung einer Meeresschutzzone in der Antarktis werde sich der Fischfang in Gebiete verlagern, die weniger gut kontrolliert seien, sagte Rüdiger Voss, Ökonom und Fischfangexperte an der Universität Kiel, im DLF. Die Schutzzone sei dennoch gut und auch wirtschaftlich sinnvoll.

Rüdiger Voss im Gespräch mit Katja Scherer |
    Der russische Eisbrecher Kapitan Khlebnikov im Treibeis des Rossmeeres mit Transantarktischem Gebirge im Hintergrund.
    Der russische Eisbrecher Kapitan Khlebnikov im Treibeis des Rossmeeres mit Transantarktischem Gebirge im Hintergrund. (imago)
    Katja Scherer: Keinen Streit, dafür aber einen Durchbruch gab es beim Meeresschutz. 24 Staaten und die Europäische Union haben beschlossen, dass in den nächsten 35 Jahren in der Antarktis kein Fisch mehr gefangen werden darf. Für den Umweltschutz ist das ein großer Fortschritt, unter anderem, weil erstmals ein Gebiet geschützt wird, das in internationalen Gewässern liegt und nicht unter der Rechtshoheit eines einzigen Staates steht. Relevant ist die Entscheidung aber auch aus wirtschaftlicher Sicht.
    - Ich habe mit Rüdiger Voss, Ökonom und Fischfang-Experte an der Universität Kiel, gesprochen und ihn gefragt: Welche Bedeutung hat denn die Antarktis in Sachen Fischfang eigentlich?
    Rüdiger Voss: Der Fischfang in der Antarktis ist nicht so ganz unbedeutend. Man muss aber dazu sagen, dass es sich dabei natürlich in erster Linie um industrielle Fischerei handelt. Da gibt es halt keine kleine küstennahe Fischerei, so wie die in Europa eine wesentliche Rolle spielt. Das Ganze hat so ungefähr einen Wert jährlich von dann doch so 300 Millionen US-Dollar, die da produziert werden, also ist nicht ganz unerheblich. Aber es gibt natürlich auch Regionen, die sehr viel bedeutender sind.
    Scherer: Sie hatten gerade schon angesprochen, es sind jetzt keine kleinen Fischer, keine familiären Fischbetriebe, die da unterwegs sind. Was bedeutet das Verbot für die Fischer?
    Voss: Für den Fischer an sich wird das zunächst mal vermutlich nicht so viel bedeuten, weil das in der Regel Angestellte bei größeren Fangunternehmen sind. Und wenn jetzt dort die Fischerei geschlossen wird, muss man wohl davon ausgehen, dass entsprechend die Fischerei sich verlagert. Ich denke, dass sie weiter in andere Gebiete aufs offene Meer hin ausweichen werden.
    Scherer: Das heißt, welche Gebiete konkret könnten das sein? Wo wird sich das hin verlagern?
    Voss: Fangschiffe werden in andere Gebiete ausweichen
    Voss: Was zum Beispiel denkbar wäre, wäre, dass solche Fangschiffe ausweichen in Gebiete, die schlecht kontrolliert sind, oder wo sich Quoten nicht umsetzen lassen, zum Beispiel die Auftriebsgebiete vor Westafrika. Und dann würden natürlich diese Gebiete nicht profitieren, sondern die würden eher in Mitleidenschaft gezogen werden durch diese Verlagerung des Fischereidrucks.
    Scherer: Das heißt, man darf aber jetzt nicht die Illusion haben, dass durch diese Schutzzone weniger gefischt wird, sondern es wird nur in anderen Regionen noch mehr gefischt?
    Voss: Das könnte dabei rauskommen, zumindest wenn das Regionen sind, wo das Fischereimanagement nicht gut funktioniert, oder wo es keine bindenden Quoten gibt. Da könnte das passieren, dass sich der Fischereidruck dahin verlagert. Grundsätzlich finde ich dieses Schutzgebiet aber trotzdem gut, weil zumindest in diesem, doch sehr fragilen Ökosystem damit dieser Fischereidruck wegfällt. Das ist, denke ich, für das Ökosystem der Antarktis eine wichtige Entscheidung.
    Voss: Schutzzonen nutzen auch dem nachhaltigen Fischfang
    Scherer: Das ist jetzt schon die zweite große Meeresschutzzone innerhalb kurzer Zeit, die da beschlossen wird. Wie stellt sich denn die Branche insgesamt darauf ein, dass Umweltschutz bei der Fischerei eine immer größere Rolle spielt?
    Voss: Grundsätzlich sind ja diese Schutzzonen eigentlich dafür gedacht, dass man Bestandsvorkommen sichert. Dass einmal die Arterhaltung im Vordergrund steht, dass besondere Ökosysteme geschützt werden, wie jetzt im Fall der Antarktis. Und dass man aber auch Schutzzonen einrichten kann, die als Quelle von einer Art dienen können, die dann aber trotzdem weiterhin genutzt werden. Von daher stehen Schutzzonen und wirtschaftliche Nutzung nicht unbedingt im Widerspruch, sondern wenn man das gut macht, können sinnvoll gelegte Schutzzonen dazu beitragen, dass eine bestimmte Fischart noch nachhaltiger befischt werden kann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.