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Schwangerschaft
Bakterien in Plazenta beeinflussen Risiko von Frühgeburten

Entwicklungsbiologie. - Föten leben im Mutterleib offenbar doch nicht völlig keimfrei. Vielmehr haben US-amerikanische Forscher in den Plazentas werdender Mütter Bakteriengemeinschaften beobachtet, deren Zusammensetzung an die Mundflora erinnert. Offenbar können die Mikroben den Verlauf der Schwangerschaft beeinflussen.

Von Christine Westerhaus |
    Eine schwangere Frau hält ihren Bauch.
    Bakterien in der Plazenta beeinflussen offenbar den Verlauf der Schwangerschaft. (dpa/Fredrik von Erichsen)
    Während einer Schwangerschaft verändert sich vieles im Körper: Die Haut lagert Wasser ein, die Gelenke werden flexibler und der Bauch wächst Woche für Woche ein Stückchen. Gesteuert wird das alles von Hormonen, doch womöglich gibt es noch andere kleine Helfer, von denen die Forscher bisher nichts wussten: Kjersti Aagaard und ihre Kollegen vom Baylor College of Medicine in Houston haben im Inneren der Plazenta eine kleine Gemeinschaft von Bakterien entdeckt, die offenbar für das Ungeborene alles andere als gefährlich ist.
    "Wir haben uns angeschaut, welche Substanzen diese Bakterien produzieren und ein paar Spekulationen angestellt: Ganz allgemein sind diese Bakterien sehr freundlich und offenbar nur dazu da, den werdenden Müttern zu helfen und die Schwangerschaft zu unterstützen. Wahrscheinlich besiedeln diese Mikroben das Neugeborene auch schon vor der Geburt."
    Die Forscher haben die Bakteriengemeinschaften in den Plazenten von insgesamt 320 Frauen untersucht. Dabei haben sie Unterschiede beobachtet zwischen Schwangeren, die ihre Babys bis zum errechneten Geburtstermin ausgetragen hatten und Frauen, deren Kinder zu früh auf die Welt gekommen waren.
    "In den Plazenten von Frauen, die ihr Kind vor dem Geburtstermin zur Welt gebracht hatten, kamen besonders häufig Bakterien vor, die so genannte Isoquinolin-Alkaloide produzieren. Von diesen Alkaloiden ist bekannt, dass sie toxisch für Hefepilze und Parasiten sind. Außerdem wirken manche dieser Alkaloide als Blocker von Calciumkanälen. Genau solche Blocker geben wir auch als Medikament, um frühzeitige Wehen, also Kontraktionen zu verhindern."
    Kjersti Aagaard geht deshalb davon aus, dass die Stoffwechselprodukte der Plazenta-Bakterien dabei helfen, die Schwangerschaft aufrecht zu erhalten. In welcher Phase dieser "anderen Umstände" sich die Mikroben in der Plazenta ansiedeln und woher sie ursprünglich stammen, ist bisher jedoch unklar.
    "Insgesamt ähnelt die Zusammensetzung der Plazenta-Bakterien vor allem der Mikrobengemeinschaft im Mund. Wir wissen auch seit Jahren, dass Frauen mit Entzündungen am Zahnfleisch wie zum Beispiel Paradontose, ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt haben. Behandeln wir diese Entzündungen in der Mitte der Schwangerschaft, ändert sich das Risiko nicht. Das alles spricht dafür, dass diese Besiedlung schon sehr früh stattfindet und dass es eine Verbindung zwischen der Mundflora und der Bakteriengemeinschaft in der Plazenta gibt."
    Diese Studie wirft aber noch weitere Fragen auf: Bisher gingen Forscher davon aus, dass Babys steril aus der Fruchtblase auf die Welt kommen und dass der Geburtsvorgang womöglich wichtige Weichen für ihre späteren Bakteriengemeinschaften stellt. Auf dem Körper von schnittentbundenen Babies fanden Forscher andere Bakterien als bei Kindern, die auf natürlichem Weg geboren worden waren. Kjersti Aagaard geht aber davon aus, dass die Erstbesiedlung schon im Mutterleib stattfindet und dass sich der Geburtsvorgang nur wenig auf das spätere Miteinander der Bakterien im Körper eines Neugeborenen auswirkt.
    "Wir glauben nicht, dass dieser kurze Moment im Leben die spätere Mikrobengemeinschaft determiniert. Wir wissen allerdings auch nicht, ob der erste Kontakt mit Bakterien in der Plazenta ein kritischer Moment ist. In einer weiteren Studie haben wir aber beobachtet, dass das Stillen einen sehr großen Einfluss darauf hat, wie sich die Bakteriengemeinschaft im ersten Lebensjahr entwickelt."
    Nach dem aktuellen Stand der Forschung gibt es im Leben eines Neugeborenen also viele Gelegenheiten, gesunde Mikrobiota zu etablieren.