Auch ein Kompromissangebot der Leitung der Elbe-Jeetzel-Klinik lehnt Gynäkologie-Chefarzt Thomas Börner strikt ab: Er werde dem Vorschlag, dass Schwangerschaftsabbrüche in seiner Abteilung durch andere Fachärzte oder Kooperationsärzte vorgenommen werden, nicht zustimmen, sagte Börner der Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd). "Ich muss zu meiner Meinung stehen und gegebenenfalls die Konsequenzen tragen." Schließlich trage er die Verantwortung für seine Abteilung. Börner hatte verfügt, dass in seiner Abteilung keine Abtreibungen nach der Beratungsregelung mehr vorgenommen werden dürfen. Genau dies aber stellt den Knackpunkt der Auseinandersetzung dar: Denn im Ergebnis hätte es für hilfesuchende Frauen im gesamten Landkreis Lüchow-Dannenberg kein Krankenhaus mehr gegeben, in denen Abtreibungen vorgenommen werden können.
Kaum aufzulösende Konfliktlinie
Der Geschäftsführer des Klinik-Mutterkonzerns, Martin Reitz, sagte dem epd, er respektiere die Auffassung des Chefarztes: "Persönliche Entscheidungen akzeptieren wir. Aber Abteilungsorganisation ist nun mal Trägerhoheit." Und so dürfe Börner seine Meinung nicht anderen Ärzten aufzwingen. Bestehe der Chefarzt auf seiner Weisung, werde man sich im Zweifel trennen. Nach Informationen von Deutschlandfunk-Korrespondent Dietrich Monhaupt führen Konzern und Klinik bereits Gespräche mit dem Ziel, auch weiterhin Abtreibungen nach der gesetzlich vorgesehenen, eingehenden Beratung zu ermöglichen. Wie weit diese inzwischen gediehen sind, sei derzeit allerdings nicht bekannt.
Machtlose Landesregierung?
"Formaljuristisch hat das Land Niedersachsen keine Einflussmöglichkeiten", stellt Monhaupt klar. Schließlich werde die Einrichtung privat betrieben und habe seine Verträge mit dem Landkreis abgeschlossen. Mittelbar aber könne das niedersächsische Gesundheitsministerium über die Kürzung finanzieller Zuwendungen Druck ausüben - und dies wolle es notfalls auch tun.
Kritik von christlichen Vereinigungen
Der in Ausgsburg ansässige Verein "Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA)" verteidigt indes den umstrittenen Mediziner. Jeder Mensch habe das Recht, bestimmte Handlungen aus Gewissensgründen nicht durchzuführen, erst recht, wenn es "wie in diesem Fall um Leben und Tod" geht. Ärzte, die sich im Zusammenhang mit Abtreibung darauf beriefen, müssten geschützt und respektiert werden. Die Bundesvorsitzende der "Christdemokraten für das Leben (CDL)", Mechthild Löhr, betonte, Börner zeige, dass er sich als Arzt und Christ ernsthaft seinem Gewissen und dem hippokratischen Eid verpflichtet sehe. Das "brutale Geschehen einer Abtreibung" eines lebensfähigen Kindes könne nicht als normale "Gesundheitsdienstleistung" anerkannt werden.
Keine konfessionell gebundene Einrichtung
Derweil betont der Capio-Konzern mit Sitz in Fulda den "weltanschaulich neutralen und konfessionsübergreifenden" Charakter seiner Kliniken. Insgesamt wurden in dem Krankenhaus in Dannenberg nach Angaben des Capio-Konzerns im vergangenen Jahr 31 Schwangerschaften abgebrochen. Der Capio-Konzern betreibt zehn Kliniken in Deutschland. Darunter ist diejenige in Dannenberg die einzige mit einer Geburtshilfe-Abteilung.
Geltende Rechtslage
Abtreibungen sind in Deutschland rechtswidrig, bleiben aber straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis erfolgen. Ausnahmen gibt es nach Vergewaltigungen und bei medizinischer Indikation, also wenn bei Fortsetzung der Schwangerschaft die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren stark gefährdet wäre. In jedem Fall muss sich die Frau vor dem Eingriff bei einer anerkannten Stelle beraten lassen. Und: Der Eingriff muss von Ärzten durchgeführt werden.