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Schwarzbank: Kohle für alle!

Oberhausen gehört zu den höchst verschuldeten Städten in Nordrhein-Westfalen und bundesweit. Eine Schwarzbank soll nun helfen. 14 Tage lang. Geschäfte und Kultureinrichtungen verteilen eine eigene, neue Währung: Sie heißt "Kohle".

Von Regina Völz |
    "Wir geben Ihnen Kohle und sie schlagen uns vor ne Tätigkeit für die sie gerne mal bezahlt werden würden."

    Im Container der Schwarzbank mitten in der Fußgängerzone von Oberhausen herrscht Betrieb. Die Agenten von der Geheimagentur, alle in schwarz gekleidet, vermitteln das Geschäft. Die Kohle bekommt man für etwas Sinnvolles oder etwas, das man schon immer mal machen wollte. 20 Kohle für eine Stunde. Bei manchen stößt das auf Unverständnis andere haben schon genaue Vorstellungen.

    "Ich will auch Kohle haben. Ich habe seit dreieinhalb Jahren Stiefkinder, die bei uns im Haushalt leben. Und ich denke mal, da ich kein Kindergeld kriege, dass ich vielleicht mal mit Schwarzgeld bezahlt werde."

    "Was machen Sie mit der Kohle? Was haben Sie vor?"

    "Ich will auf jeden Fall zum Bäcker gehen, mir Marzipan-Kohle holen, in die Salzgrotte wollen wir vielleicht auch noch, je nachdem wie viel Kohle wir kriegen"

    "Sie haben auch grad Kohle kassiert. Wofür haben Sie die bekommen?"

    "Ich gehe eine Stunde im Vincent-Krankenhaus hier Altenpflege machen. Ich hab in meinem Leben noch nie was Soziales gemacht und fand die Idee gut."

    "Ich fahr nächste Woche auf Klassenfahrt mit achtjährigen Kindern und da muss ich Betten beziehen und Haare föhnen und da hab ich gedacht kann ich mir n bisschen Kohle abholen.

    "Und ich würde die gern verschenken. Ich hab halb erwachsene Kinder und damit die zum Beispiel ins Kino gehen oder ins Museum oder in den Geschäften einkaufen."

    Mehr als 60 Geschäfte und Kultureinrichtungen nehmen die neue Währung an. Und haben Spaß dabei:

    "Ich bin sehr enthusiastisch, weil das auch soviel gute Stimmung in das Volk bringt."

    sagt Maria Golebieski vom "Gdanska". In ihrer polnischen Kleinkunstkneipe gibt es Borschtsch und Wodka gegen Kohle.

    Man kann für die Kohle - die übrigens fast so aussieht wie unsere Euros, nur mit einem schwarzen Balken in der Ecke Auf der Vorderseite das Porträt von Christoph Schlingensief, eine Hommage an den berühmtesten Sohn der Stadt - für diese Kohle kann man also beim Konditor Nussecken bekommen, im Feinkostladen ein Menü probieren oder im Traditionsgeschäft einen Schirm kaufen. Man kann aber auch ins Theater, Kino oder Museum gehen.

    "Hearing beschäftigte sich mit den Problemen der Zeit ..."

    Der New Yorker Künstler Keith Haring mit den tanzenden Strichmännchen und dem Strahlen-Baby ist mit seinen farbenfrohen Plakaten in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zu sehen. Für fünf Kohle kann man in die Ausstellung. Museumsleiterin Christiane Vogt akzeptiert die Parallel-Währung in Oberhausen:

    "Ich denke schon, dass man da immer noch mal andre erreicht. Das wär genau das Ideal, was wir toll fänden. Dadurch dass die Leute einfach Kohle haben, hier zu uns in die Galerie Ludwig zu kommen."

    Aber noch ein weiterer Gedanke bewegt die engagierte Museumsfrau:

    "Ich denke ist ein ganz wichtiger Punkt, dass anders über GEld nachgedacht wird. Dass nicht nur über: da sind Schulden, da ist eben keine Kohle. Ich meine Oberhausen hat so viele gute Orte. Wenn man hier in der Ludwiggalerie sich umguckt, die neue Rehberger Brücke, der Gasometer, das Theater - es ist ne absolut lebenswerte Stadt und diese Geld-Diskussion, das muss noch mal in andere Bahnen gelenkt werden."
    Das ist auch die Idee der Initiatoren der Schwarzbank vom Theater Oberhausen. Bei allem Spaß und Interesse an dem Stadtspiel, gibt es auch einen ernsten Hintergrund, in der hoch verschuldeten Stadt, in der das Thema Geld eine große, meist negative Rolle spielt. Dramaturg Rüdiger Bering:

    "Das dient eben dazu, dass Geld in der Region zu halten, dass das Geld nicht abfließt. Und ich glaube, das ist auch ein Grund, warum viele Geschäftsleute da mitmachen. Also einmal, weil sie es als Werbeaktion sehen, aber andererseits auch, weil hier in Oberhausen tatsächlich ganz real das Problem ist, dass viele Oberhausener sich nichts mehr leisten können und dass viel Geld aus Oberhausen raus fließt."

    Die Oberhausener Schwarzbank ist ein künstlerisches Projekt mit realem Hintergrund. Etwa 5000 Parallelwährungen gibt es weltweit. Das Paten-Projekt kommt aus Brasilien. In der Millionenstadt Fortaleza konnte der Bezirk Palmeiras vor der Verslumung gerettet werden, nachdem vor zwölf Jahren eine eigene Währung eingeführt wurde.

    Auch Apostolus Tsalastras ist begeistert. Der Kämmerer von Oberhausen:

    "Die Stadt kann ich nicht entschulden, aber das ist ein spannendes Projekt um auch als Kämmerer zu schauen, wie man an Kohle kommen kann und das andere ist, ich kann mir sehr gut vorstellen, nach den zwei Wochen mal zu überlegen, wie mal das Projekt weiterführen kann. Vielleicht als Gutscheinsystem für Kulturveranstaltungen. Ich glaube, das ist schon sehr spannend, so ein Engagement dann auch aufrecht zu erhalten."

    "Und danach mit der Kohle teilen wir das auf und dann kann jeder was kaufen, was er will ..."

    "Bitte eine kleine Spende für unseren Künstler!"
    Das Theater Oberhausen
    Die Initiatoren der Schwarzbank vom Theater Oberhausen wollen die Gelddiskussion in neue Wege leiten. (Robert Weinsheimer)