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"Schwarze Falken" gegen islamistischen Terror

Im Nordkaukasus gehört der Terror seit vielen Jahren nahezu zum Alltag. Nun macht eine Art Bürgerwehr im Kaukasus macht Jagd auf islamistische Terroristen.

Von Robert Baag | 04.03.2011
    Lange, sehr lange galt die Teilrepublik Kabardino-Balkarien als vergleichsweise beschauliche Oase im unruhigen russischen Nordkaukasus. Die Hauptstadt Naltschik ist nur rund dreihundert Kilometer Luftlinie entfernt vom Schwarzmeer-Badeort Sotschi, dem geplanten Schauplatz der Olympischen Winterspiele 2014. Nun aber kursieren im Internet auf den einschlägigen Webseiten immer öfter Videoclips, wie man sie bisher eher mit Bezug auf Tschetschenien, Daghestan oder Inguschetien gekannt hat.

    In die Luft gesprengte Polizei-Jeeps auf schmalen Pass-Strassen, gefolgt von begeisterten "Allah-Akbar"-Rufen islamistischer Terroristen, die derlei Anschläge aus Hinterhalten mitfilmen und dann ins Netz stellen. Russlands Innenminister Rashid Nurgaliev hat schon im vergangenen November einräumen müssen, dass sich die Zahl von Verbrechen mit terroristischem Hintergrund im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht habe. Jetzt aber sind zum ersten Mal russische Wintersport-Touristen das Ziel gewesen. Pseudo-Milizionäre hätten am späten Abend ihren Kleinbus angehalten und zunächst die Personaldokumente verlangt, berichtet ein Überlebender im Fernsehsender REN-TV:

    Als die Urlauber ihrerseits die Ausweise der Uniformierten sehen wollten, hätten die sofort geschossen. Drei Touristen kamen dabei ums Leben.

    "Den Tourismus vorübergehend so lange einstellen, bis die konter-terroristischen Maßnahmen beendet sind."

    So die postwendende Reaktion von Aleksandr Chloponin, Präsident Medvedevs Sonder-Gesandter für den Nordkaukasus. Das sei kein Urlaub mehr. - Das Fremdenverkehrs-Geschäft am Fuß des malerischen Elbrus-Gipfels bricht sofort ein. Die Saison ist damit vorbei für die Einwohner:

    "Wir sind von der Saison abhängig", klagt eine Pensionswirtin.

    "Wir leben von den Skisport-Touristen. Das, was wir im Winter verdienen, davon leben wir das ganze Jahr über. Wir werden das spüren. Schwer wird's für uns werden"."

    Wer diese Männer wirklich sind, weiß bis jetzt noch niemand, aber als Reaktion auf den Terror der sogenannten Wahabbiten hat sich jetzt offensichtlich eine Gruppe zusammengetan, die sich als eine Art Bürgerwehr versteht und den Islamisten, vor allem aber deren Familien, nun Gegenterror androht. "Schwarze Falken" nennen sie sich, sagt einer von ihnen in REN-TV, das Gesicht von einer schwarzen Sturmhaube verdeckt. Zweite Bedingung: Auch die Stimme müsse verfremdet werden:

    ""Wir sind einfache Einwohner dieser Republik. Wir haben die Nase voll von diesen Übergriffen dieser so genannten Waldbrüder, diesem bärtigen Abschaum, der uns hier nicht ruhig leben lässt. Wir möchten, dass uns unsere Freunde aus allen Regionen Russlands besuchen kommen und dabei keine Angst haben müssen erschossen, getötet oder beraubt zu werden!"

    Kenner der Szene wollen nicht ausschließen, dass es sich bei den "Schwarzen Falken" um Angehörige der russischen Sicherheitskräfte handeln könnte, die Rache nehmen wollen für getötete Kameraden oder Familienangehörige. Und um den Schutz ihrer Frauen und Kinder gehe es - ansonsten, so der Maskierte in gelb-schwarz gefleckter Winter-Tarnjacke:

    "Von mir aus sollen sie reichen Geschäftsleuten und Magnaten Tributgelder zwangseintreiben. Aber dass sie unsere Kinder töten, das werden wir nicht zulassen. Wenn sie so weitermachen, werden wir ihre Kinder töten! Damit sie auf ihrer eigen Haut spüren, wie weh das tut!"

    So droht die Spirale der ohnehin offenen Gewalt im Nordkaukasus sich noch gefährlich weiterdrehen, dann bis hin zu veritablen bürgerkriegsähnlichen Zusammenstößen. - Die Staatsmacht wirkt einmal mehr hilflos, gibt - das Gesicht ebenfalls verhüllt - ein Polizeibeamter unumwunden zu:

    "Die Bevölkerung", sagt er resigniert, "hat es aufgegeben die Miliz um Hilfe zu bitten. Denn die muss erst mal sich selbst schützen - und höchstens dann, anschließend uns!"