"Good morning Ladies and Gentlemen. May I ask to take your seats."
Bukarest, Ende voriger Woche: Auf einer Konferenz kommen Nato-Vertreter mit ihren militärstrategischen Partnern aus aller Welt zusammen - rund 350 hochrangige Militärs auf engstem Raum. Der rumänische Armeechef Nicolae Ciuca nutzt als Gastgeber die Gelegenheit, um über das Schwarze Meer zu sprechen. Das Binnenmeer, das vor der Haustür liegt:
"Unsere Diskussionen drehen sich um eine stärkere Nato-Präsenz im Schwarzen Meer. Die Einzelheiten dafür sollen von den Nato-Schwarzmeer-Anrainern definiert werden: von Rumänien, Bulgarien und der Türkei. Es geht darum, wie wir ein Netzwerk schaffen, mit dem wir die Reaktionsfähigkeit der Nato bei jeglicher Bedrohung stärken können."
Bis heute keine Vertrauensbasis mit Moskau
Bedroht fühlt sich Bukarest vor allem von der Moskauer Führung - und das nicht erst seit der Krim-Annexion. Der Argwohn gegen das Land sitzt tief. In seiner Geschichte hat Rumänien wiederholt Regionen an Russland verloren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land auf Drängen Moskaus dem Ostblock zugeschlagen. Bis heute gebe es keine Vertrauensbasis in den Beziehungen zu Moskau, meint der Bukarester Sicherheitsexperte Claudiu Degeratu:
"Westeuropa stand vor 1989 nicht unter dem Einfluss der damaligen Sowjetunion. Wir waren, wie Polen oder die baltischen Staaten, in einer anderen Ausgangslage. Wir kennen die Art und Weise, wie Russland auch heute noch versucht, präsent zu sein, um möglichst viel von seiner einstigen Macht zurückzugewinnen."
Eigene Kriegsschiffe kann Rumänien nicht beisteuern
Dass der Kreml auf der annektierten Halbinsel Krim gerade seine Schwarzmeerflotte ausbauen lässt, beunruhigt die Bukarester Führung einmal mehr. Zu Jahresbeginn forderte sie deshalb von der Nato, im Schwarzen Meer dauerhaft eine eigene Flotte zu stationieren, um Moskau auf Abstand zu halten.
Eigene Kriegsschiffe für die Nato-Flotte könnte Bukarest derzeit aber nicht beisteuern. Rumänien lässt gerade seine veralteten Fregatten überholen. Die Arbeiten werden Jahre dauern. Der Vorstoß verschwand deshalb kurz vor dem Nato-Gipfel in Warschau wieder in der Schublade. Klaus Mommsen, Bonner Experte für ausländische Marinen, verwundert das nicht:
"Wenn Rumänien sagt, wir wollen einen Nato-Verband im Schwarzen Meer, dann wollen sie diesen Verband nicht selbst stellen, sondern erwarten, dass andere Nato-Partner dort sind - mit welchem Aufwand auch immer. Das sind politische Vorstöße, die von keinerlei Erfolg gekrönt sein werden."
Nur Rumänien, Bulgarien und die Türkei dürfen dauerhaft präsent sein
Hinzu kommt: Will die Nato langfristig im Schwarzen Meer mehr Präsenz zeigen, wird ihr das nur mit den Marine-Streitkräften von Rumänien, Bulgarien und der Türkei gelingen. Denn die Kriegsschiffe anderer Nato-Länder dürfen in Friedenszeiten nur tageweise auf dem Binnenmeer verkehren. Das sieht der Montreux-Vertrag vor, der älter ist als die Nato.
Der Chef des Nato-Oberkommandos ACT setzt deshalb auf ein Rotationsprinzip, bei dem sich die Nato-Schwarzmeer-Anrainer mit ihren nationalen Kriegsschiffen abwechseln sollen. Doch dafür müssten sich die drei Länder erst einmal besser vernetzen, meint Mercier:
"Wir fördern das Konzept, dass die drei Länder Informationen über die Lage ihrer Marineverbände und über ihre Gefechtsbereitschaft austauschen, auch mit der Nato. Sie wären dann schnell als Nato-Streitkräfte zusammenzustellen, wenn das denn nötig wäre. Das wäre eine weniger aggressive Variante Richtung Russland."
Lieber Jachten statt Kriegsschiffe auf dem Schwarzen Meer?
Das käme auch dem Nachbarland Bulgarien gelegen, das enge Wirtschaftsverbindungen mit Russland unterhält. Bulgariens Premier Boiko Borissow möchte hier nichts anbrennen lassen. Im Juni sagte er, er wolle lieber Jachten statt Kriegsschiffe auf dem Schwarzen Meer sehen. Deutlicher konnte die Absage an den Bukarester Vorstoß einer ständigen Nato-Flotte nicht ausfallen.
Auch der Türkei ist das rumänische Engagement suspekt. Ankara besteht in Verteidigungsfragen im Schwarzen Meer auf die Führungsrolle. Rumänien muss also erst einmal auf Linie mit seinen Schwarzmeer-Nachbarn kommen, räumt auch Sicherheitsexperte Degeratu ein:
"Wenn wir drei Länder uns hier am Schwarzen Meer nicht verstehen, dann wird es sehr schwer, die Nato zu überzeugen, sich hier zu engagieren."