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Schweden
Rechte Protestpartei sorgt für Unruhe

Radikale Forderungen, moderne Ansprache: Mit der "Alternative für Schweden" bringt sich eine neue, rechte Partei in Stellung. Damit steigt ein halbes Jahr vor der Wahl die Anspannung im zerstrittenen rechten Lager. Profitieren könnten am Ende die "Schwedendemokraten", die schon im Parlament sitzen.

Von Carsten Schmiester |
    Man sieht den schwedischen Reichstag in Stockholm, vorne rechts ein Rettungsring.
    Der schwedische Reichstag in Stockholm. Hier will die "Alternative für Schweden" einziehen. (Deutschlandradio / Johannes Kulms)
    Gewaltige Musik, gewaltige Bilder, weite Landschaften und weiße Menschen. Keine Flüchtlinge, keine Bettler, alles "sauber" - aber in höchster Gefahr. Das suggeriert jedenfalls die frisch, und nur ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen gegründete "Alternative für Schweden" in diesem Werbespot. Eine neue Partei mit alter Strategie: Angst machen. Unser Land steckt in einer Krise - das ist ihre Botschaft. Jahrzehntelang Massenzuwanderung, hohe Steuern, ein vernachlässigtes Gesundheits- und Bildungssystem:
    "Wir stehen jetzt vor einer wichtigen Wahl. Sie können sich für dieselben alten Politiker entscheiden, die nicht auf die Menschen hören und das Land zerstören, oder sie wählen die Alternative für Schweden."
    Die "Alternative" gibt sich radikal
    Die AFS ist das Ergebnis eines Streits innerhalb der aus der Neonaziszene stammenden rechtspopulistischen Schwedendemokraten. 2015 war es zum Bruch mit der damaligen Jugendorganisation gekommen, die der nach Gesellschaftsfähigkeit strebenden Parteiführung nicht mehr ins Konzept passte. Ex-Jugendboss Gustav Kasselstrand hat sich nun auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Als Chef der "Alternative" tritt er nun auch gegen die einstigen Gesinnungsgenossen an:
    "Wir kümmern uns um drei Dinge, die die anderen Parteien aufgegeben haben. Wir werden alles tun, um das schwedische Establishment auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Zweitens sind wir die Abschiebungspartei, die einzige, die sich traut, dieses Thema anzusprechen, und drittens sind wir die Partei für Recht und Ordnung."
    Von Springerstiefeln zu Lederschuhen
    Früher haben das auch die Schwedendemokraten sehr laut und genau so gesagt. Aber ihr Vorsitzender Jimmie Åkesson gibt seit längerem schon den Schwiegersohn, den "netten" Rechten, der die Springerstiefel gegen Lederschuhe getauscht hat. Und er hat seine 2014 noch mit knapp 13 Prozent in den Reichstag gewählte Partei nach aktuellen Umfragen sogar für inzwischen knapp 17 Prozent wählbar gemacht. Dass es nun rechts von ihm eine "Alternative" gibt, nimmt er demonstrativ gelassen:
    "Die nordische Widerstandsbewegung und diese Alternative für Schweden ziehen Menschen an, die wir nicht haben wollen: Rassisten, Gescheiterte und so weiter. Es ist okay, wenn sie ein Auffangbecken finden. Solche Parteien hat es auch früher schon gegeben. Aber die Zahl extremistischer Wähler hier ist doch recht begrenzt. Ich bin also nicht sonderlich beunruhigt."
    Unruhe im rechten Lager
    Aber es wird unruhig im zunehmend zerstrittenen rechten Lager. Das jedoch könnte den noch immer gegen ihr Schmuddel-Image kämpfenden Schwedendemokraten auch nützen, sagt Politikexperte Ulf Kristofferson im Fernsehsender TV4:
    "In gewisser Weise könnte sie das sogar stärken, weil sie sauberer wirken, wenn andere noch radikaler auftreten. Gleichzeitig glaube ich, dass Jimmie Åkesson beunruhigter ist, als er es zugibt. Die neue Partei versucht, Leute einzusammeln, die bei den Schwedendemokraten rausgeschmissen worden sind oder die die Partei verlassen haben. Das dürften am Ende einige Tausend sein."