Für viele Schweden ist es ein nationales Heiligtum: Snus, der Tabak, der in kleinen Beuteln unter die Oberlippe geschoben und dort geduldig ausgelutscht wird. Gut eine Million Schweden sollen ihn regelmäßig konsumieren. Auch Eva Björling bekennt, zum Zwecke der Entspannung am Snus zu lutschen. Doch Schwedens Handelsministerin wirkt in diesen Tagen angespannt. Sie arbeitet an einer martialischen Drohkulisse. Dabei liegt der Entwurf für die neue Tabak-Richtlinie noch gar nicht auf dem Tisch.
"Wenn wir eine schlechte Vorlage bekommen, dann wird es Krieg auf breiter Front geben. Es kann doch nicht sein, dass unser Snus verboten ist, obwohl er deutlich weniger Gesundheitsgefahren aufweist, als vergleichbare Tabakprodukte, die frei auf dem Markt gehandelt werden."
Als die Schweden 1995 eher missmutig der Europäischen Union beitraten, geriet ihr Snus alsbald zur kniffligsten Streitfrage. Vor allem die französische Regierung kämpfte erbittert gegen die Zulassung, die schwedische Regierung hielt dagegen. Der Kompromiss: Snus darf nur in Schweden konsumiert werden, ist damit das einzige Produkt im Europäischen Binnenmarkt, das nicht einheitlich behandelt wird. In Schweden ist der Snus in jedem Supermarkt zu haben, in allen anderen Ländern der Europäischen Union aber steht der Stoff auf dem Index.
Snus ist so Schwedisch wie Maibaum, Froschtanz und Heringshappen. Das wollen vor allem jene gern glauben machen, die an ihm verdienen. Im Tabakladen von Tony Zeghbe in der Stockholmer Vorstadt brummen zwei Kühlschränke, randvoll mit einem beeindruckenden Sortiment der angesagten Sorten. Rund 60 Dosen für umgerechnet rund vier Euro das Stück, gehen bei Tony täglich über den Ladentisch. Der gebürtige Syrer kam vor 20 Jahren in den Norden - und verinnerlichte auch die Untugenden der Wikinger-Nachfahren.
"Ich snuse selbst vom Morgen bis zum Abend. Man nimmt den Tabak aus der Dose, knetet ihn mit den Fingern zu einem Ball und legt sich den unter die Lippe. Eine halbe Stunde hält die Wirkung an. Mit einer Dose am Tag komme ich aus."
Als eines der ersten Länder in Europa hat Schweden 2005 ein umfassendes Rauchverbot erlassen. Seither verkauft Tony zwar weniger Zigaretten aber umso mehr Snus. Tabakkonzerne wie Swedish Match wittern mit ihren rauchfreien Produkten Morgenluft. Lars-Erik Rutqvist, ein vom Konzern angestellter Krebsmediziner, wird denn auch nicht müde, den schwedischen Snus als schonendes Hausmittel zur Rauchentwöhnung anzupreisen.
"Wie alle Lebensmittel kann auch der Snus unerwünschte Effekte haben, nicht anders als bei Kartoffelchips oder Kaffee. Aber wir Wissenschaftler sind uns einig, dass man das Risiko für Gesundheitsschäden ganz erheblich reduziert, wenn man Snus statt Zigaretten nimmt. Zugleich haben wir hier in Schweden den geringsten Anteil von Schadstoffen wie Nitrosaminen."
Gunilla Bolinder sieht das anders. Die Oberärztin an der Uniklinik Karolinska erforscht seit den siebziger Jahren die Gesundheitsrisiken des Lutschtabaks:
"Natürlich ist das Rauchen das Gefährlichste, was man sich legal antun kann. Da klingt es beinahe logisch zu sagen: Alles ist besser als der Griff zum Glimmstängel. Wir Ärzte sind aber nicht der Meinung, dass Nikotin so viel an Lebensqualität zufügt, dass man die Menschen unbedingt damit versorgen muss."
Gunilla Bolinder verweist auf unabhängige Studien, die Snus-Konsumenten eine höhere Belastung des Herz-Kreislauf-Systems durch erhöhten Blutdruck und Pulsfrequenz bescheinigen. Und auch ein größeres Risiko, an Bauchspeichelkrebs zu erkranken. Wegen der ständigen Zufuhr mache Snus vermutlich sogar noch abhängiger von Nikotin als gerauchter Tabak
"Früher snusten Fabrikarbeiter, Seeleute, Waldarbauern. Heute sitzt der Chef mit dicker Lippe im Tagungsraum. Frauen sind eine neue Zielgruppe. Und Swedish Match zielt mit hübschen Dosen auch und gerade auf die Teenager."
Seine Vorgesetzten in der Regierung mögen in Europa für die Freigabe werben. Doch der Onkologe Lars-Erik Holm ist bis heute ein wenig stolz auf das europäische Snus-Verbot. Er habe vielleicht einen gewissen Anteil daran, vermutet der Chef der schwedischen Gesundheitsbehörde.
"Die Tabakindustrie hat jahrzehntelang geleugnet, dass Rauchen die Krebsgefahr erhöht. Wenn die Lobby jetzt das gleiche über den Snus sagt, was soll man da glauben' Wenn jetzt viele Kräfte, eingeschlossen ein Teil der Regierung, mit dem freien Markt argumentieren um der Industrie zu Diensten zu sein, dann ist das einfach nur bedauerlich. Und es ist eine Schande, dass der Snus so eine Bedeutung bekommen hat. Als ob es hier um die Freiheit der Schweden geht."
"Wenn wir eine schlechte Vorlage bekommen, dann wird es Krieg auf breiter Front geben. Es kann doch nicht sein, dass unser Snus verboten ist, obwohl er deutlich weniger Gesundheitsgefahren aufweist, als vergleichbare Tabakprodukte, die frei auf dem Markt gehandelt werden."
Als die Schweden 1995 eher missmutig der Europäischen Union beitraten, geriet ihr Snus alsbald zur kniffligsten Streitfrage. Vor allem die französische Regierung kämpfte erbittert gegen die Zulassung, die schwedische Regierung hielt dagegen. Der Kompromiss: Snus darf nur in Schweden konsumiert werden, ist damit das einzige Produkt im Europäischen Binnenmarkt, das nicht einheitlich behandelt wird. In Schweden ist der Snus in jedem Supermarkt zu haben, in allen anderen Ländern der Europäischen Union aber steht der Stoff auf dem Index.
Snus ist so Schwedisch wie Maibaum, Froschtanz und Heringshappen. Das wollen vor allem jene gern glauben machen, die an ihm verdienen. Im Tabakladen von Tony Zeghbe in der Stockholmer Vorstadt brummen zwei Kühlschränke, randvoll mit einem beeindruckenden Sortiment der angesagten Sorten. Rund 60 Dosen für umgerechnet rund vier Euro das Stück, gehen bei Tony täglich über den Ladentisch. Der gebürtige Syrer kam vor 20 Jahren in den Norden - und verinnerlichte auch die Untugenden der Wikinger-Nachfahren.
"Ich snuse selbst vom Morgen bis zum Abend. Man nimmt den Tabak aus der Dose, knetet ihn mit den Fingern zu einem Ball und legt sich den unter die Lippe. Eine halbe Stunde hält die Wirkung an. Mit einer Dose am Tag komme ich aus."
Als eines der ersten Länder in Europa hat Schweden 2005 ein umfassendes Rauchverbot erlassen. Seither verkauft Tony zwar weniger Zigaretten aber umso mehr Snus. Tabakkonzerne wie Swedish Match wittern mit ihren rauchfreien Produkten Morgenluft. Lars-Erik Rutqvist, ein vom Konzern angestellter Krebsmediziner, wird denn auch nicht müde, den schwedischen Snus als schonendes Hausmittel zur Rauchentwöhnung anzupreisen.
"Wie alle Lebensmittel kann auch der Snus unerwünschte Effekte haben, nicht anders als bei Kartoffelchips oder Kaffee. Aber wir Wissenschaftler sind uns einig, dass man das Risiko für Gesundheitsschäden ganz erheblich reduziert, wenn man Snus statt Zigaretten nimmt. Zugleich haben wir hier in Schweden den geringsten Anteil von Schadstoffen wie Nitrosaminen."
Gunilla Bolinder sieht das anders. Die Oberärztin an der Uniklinik Karolinska erforscht seit den siebziger Jahren die Gesundheitsrisiken des Lutschtabaks:
"Natürlich ist das Rauchen das Gefährlichste, was man sich legal antun kann. Da klingt es beinahe logisch zu sagen: Alles ist besser als der Griff zum Glimmstängel. Wir Ärzte sind aber nicht der Meinung, dass Nikotin so viel an Lebensqualität zufügt, dass man die Menschen unbedingt damit versorgen muss."
Gunilla Bolinder verweist auf unabhängige Studien, die Snus-Konsumenten eine höhere Belastung des Herz-Kreislauf-Systems durch erhöhten Blutdruck und Pulsfrequenz bescheinigen. Und auch ein größeres Risiko, an Bauchspeichelkrebs zu erkranken. Wegen der ständigen Zufuhr mache Snus vermutlich sogar noch abhängiger von Nikotin als gerauchter Tabak
"Früher snusten Fabrikarbeiter, Seeleute, Waldarbauern. Heute sitzt der Chef mit dicker Lippe im Tagungsraum. Frauen sind eine neue Zielgruppe. Und Swedish Match zielt mit hübschen Dosen auch und gerade auf die Teenager."
Seine Vorgesetzten in der Regierung mögen in Europa für die Freigabe werben. Doch der Onkologe Lars-Erik Holm ist bis heute ein wenig stolz auf das europäische Snus-Verbot. Er habe vielleicht einen gewissen Anteil daran, vermutet der Chef der schwedischen Gesundheitsbehörde.
"Die Tabakindustrie hat jahrzehntelang geleugnet, dass Rauchen die Krebsgefahr erhöht. Wenn die Lobby jetzt das gleiche über den Snus sagt, was soll man da glauben' Wenn jetzt viele Kräfte, eingeschlossen ein Teil der Regierung, mit dem freien Markt argumentieren um der Industrie zu Diensten zu sein, dann ist das einfach nur bedauerlich. Und es ist eine Schande, dass der Snus so eine Bedeutung bekommen hat. Als ob es hier um die Freiheit der Schweden geht."