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Schweinepest in Polen und Tschechien
"Schweinehalter sollten Biosicherheitsmaßnahmen durchgehen"

Noch sei die afrikanische Schweinepest in Deutschland nicht angekommen, sagte Virologe Thomas Mettenleiter im Dlf. Menschen seien gegebenenfalls auch nicht gefährdet, allerdings sei sie hochgefährlich für Schweine. Sollte die Krankheit doch hier auftreten, sei mit wirtschaftlichen Konsequenzen zu rechnen.

Thomas Mettenleiter im Gespräch mit Georg Ehring |
    Ein Wildschwein in der Frontansicht.
    Die Schweinepest sei wirtschaftlich höchst problematisch, sagte Virologe Thomas Mettenleiter im Dlf. (Lino Mirgeler/dpa)
    Jule Reimer: Angesichts neuer Fälle in Polen und Tschechien wächst die Gefahr, dass die afrikanische Schweinepest nach Deutschland eingeschleppt wird. Die ist nicht zu verwechseln mit der Schweinegrippe, sondern es handelt sich um eine für Schweine tödliche Krankheit; für Menschen ist die afrikanische Schweinepest allerdings harmlos. Polen kämpft bereits seit fast vier Jahren gegen die Seuche.
    Thomas Mettenleiter ist Biologe und Virologe und leitet seit 1996 als Präsident das bundeseigene Friedrich-Loeffler-Institut mit Sitz auf der Insel Riems bei Greifswald. Das ist auf Viruskrankheiten der Tiere spezialisiert. Mein Kollege Georg Ehring fragte ihn, wie groß denn die Gefahr ist, dass die afrikanische Schweinepest Deutschland erreicht, nachdem diese in Polen und Tschechien ausgebrochen ist.
    Thomas Mettenleiter: Wir sehen seit dem ersten Eintrag 2007 nach Georgien zunächst eine Ausbreitung in nordwestliche Richtung in der Russischen Föderation. Seit Anfang 2014 ist der Erreger an der Ostgrenze der EU angekommen und hat sich jetzt im letzten Jahr sowohl in die Tschechische Republik, dort in den Osten, als auch in die Gegend um Warschau ausgebreitet. Also eine Tendenz Richtung Westen ist schon deutlich zu sehen.
    Georg Ehring: Wie gefährlich ist diese Krankheit?
    Mettenleiter: Die Infektion selber ist für den Menschen völlig ungefährlich. Der Mensch wird nicht infiziert. Sie ist hoch gefährlich für Schweine, sowohl für Nutzschweine als auch für Wildschweine. Die Tiere sterben im Regelfall in wenigen Tagen nach der Infektion. Das heißt, es ist ein Schweinevirus, eine Schweinepest, die aber für die Menschen nicht gefährlich ist.
    Ehring: Aber wirtschaftlich gefährlich ist sie schon?
    Mettenleiter: Sie ist wirtschaftlich höchst problematisch – in der Tat. Deutschland ist da im Moment glücklicherweise immer noch frei von afrikanischer Schweinepest. Wenn die afrikanische Schweinepest auftritt, dann ist mit wirtschaftlichen Konsequenzen zu rechnen. Zum einen heißt das, dass die Exporte insbesondere in Drittstaaten sicherlich problematisch werden, und zum zweiten steigt natürlich die Gefahr auch des Eintrags der afrikanischen Schweinepest in die Nutzschweine-Bestände. Hier weisen wir schon darauf hin, dass prophylaktisch sicherlich jeder Schweinehalter noch mal seine Biosicherheitsmaßnahmen durchgehen sollte und wo nötig dann auch entsprechend optimieren.
    "Erreger haben sich im Wildschwein festgesetzt"
    Ehring: Was können Sie denn tun, oder was kann Deutschland tun, um die Gefahr zu verringern?
    Mettenleiter: Zunächst ist es so, dass die Achtsamkeit natürlich eine ganz große Rolle spielt. Wir haben die Schweinepest ja im Wesentlichen im Wildschwein. Von dort springt sie immer wieder über in Hausschwein-Bestände. Das haben wir in den baltischen Staaten gesehen, das haben wir auch in Polen gesehen. In der Tschechischen Republik ist es momentan noch ausschließlich im Wildschwein-Bereich an einer Stelle in der Nähe der Ortschaft Zlin lokalisiert. Das heißt, wir sind wesentlich darauf angewiesen, wenn es zu einem Eintrag kommen sollte, diesen Eintrag möglichst schnell zu erkennen. Nur so haben wir überhaupt eine Chance, eine vernünftige Bekämpfung durchzuführen.
    Ein Eintrag kann nun über verschiedene Wege erfolgen. Wir halten im Moment den wichtigsten über den Vektor, den Überträger Mensch. Das heißt, das unerkannte Verbringen von infizierten tierischen Produkten, drastischer Weise immer ausgedrückt das berühmte Rohwurst-Brötchen, das dann irgendwo aus diesen Gebieten mitgebracht wird und hier in Deutschland unsachgemäß entsorgt wird.
    Ehring: Aber es geht auch wohl darum, Wildschwein-Bestände zu dezimieren. Wie soll das laufen und ist das erforderlich?
    Mettenleiter: Der Erreger hat sich nun mal im Wildschwein festgesetzt. Wir gingen noch vor einigen Jahren davon aus, dass dadurch, dass er so hoch krank machend ist und die Tiere sehr schnell sterben, sich eine Infektion im Wildschwein- oder im Wildtier-Bereich eigentlich auch sehr schnell im wahrsten Sinne des Wortes totlaufen sollte. Das hat sich als nicht korrekt herausgestellt. Der Erreger kann sich im Wildschwein offensichtlich halten. Das ist ein Reservoir-Tier in der europäischen Situation geworden und damit ist natürlich die Tatsache gegeben, dass jede Reduktion in der Population dieses Reservoir-Tieres - und wir haben in Deutschland eine der höchsten Wildschwein-Populationen weltweit -, dass hier die Reduktion natürlich erst mal positiv ist. Inwieweit das dann ausreicht, bei einem Eintrag eine bessere Ausgangsposition zu bekommen, das wird erst der Ernstfall zeigen.
    "Unendlich viele Wildschweine"
    Ehring: Ist es denn möglich, den Wildschwein-Bestand so zu reduzieren, dass das wirkt? Die Schweine vermehren sich dann ja wieder.
    Mettenleiter: Flächendeckend ist das sicherlich sehr problematisch. Das wird im Wesentlichen dann darauf ankommen, sollte ein Eintrag stattgefunden haben, dass dann in dieser gefährdeten Region durch jagdliche Maßnahmen, die abgestuft sind, Kernzone und die Pufferzone, dass durch jagdliche Maßnahmen dann dort versucht wird, punktuell den Wildschwein-Bestand sehr, sehr deutlich zu reduzieren. Aber noch mal: Wir haben unendlich viele Wildschweine im Moment hier und jede Reduktion ist sicherlich hilfreich, weil sie eine bessere Ausgangsposition verschafft.
    Ehring: In Hamburg sind die Wildschweine jetzt zum Abschuss freigegeben worden. Die Zeit ist verlängert worden. Was halten Sie davon?
    Mettenleiter: Es gilt das gleiche, was ich gerade schon gesagt habe. Es ist dringend angezeigt, dieses Übermaß an Wildschweinen, das wir in Deutschland haben, zu reduzieren – aus verschiedenen Gründen. Das ist nicht nur die Frage der Tierseuchen-Bekämpfung, sondern sicherlich auch die Frage der Ökologie. Von daher sind Maßnahmen, die dazu führen, dass die Population reduziert wird, in dem Kontext sicherlich hilfreich, aber sie werden nicht allein ausreichend sein.
    Reimer: Georg Ehring im Gespräch mit Thomas Mettenleiter, dem Präsidenten des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.