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Schweinezucht
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Straathoff

Der Niederländer Adrianus Straathof gehört europaweit zu den größten Schweinefleischproduzenten. Allein in Ostdeutschland besitzt er mehrere große Anlagen. Bei Anwohnern regt sich Protest und mitunter gerät der Züchter mit dem Gesetz in Konflikt.

Von Christoph Richter |
    Für die Menschen in Gladau - ein fast menschenleeres Dorf an der Grenze von Sachsen-Anhalt zu Brandenburg - ist Schweinezüchter Straathof sowas wie ein Wohltäter, der auch schon mal der örtlichen Feuerwehr oder Fußballvereinen finanziell unter die Arme greift, wie er es stolz auf seiner Webseite zeigt.
    "Wir hatten zu DDR-Zeiten hier auch eine Schweinemastanlage. Deswegen habe ich nichts dagegen. Die Leute brauchen ja auch ihre Arbeit in der Region."
    In Gladau sind die langgezogenen blauen Stallgebäude und hoch aufragenden Bio-Tanks der Schweinezucht Glava GmbH schon von Weitem zu sehen. Ein Betrieb des aus Utrecht stammenden holländischen Züchters und Fleischproduzenten Adrianus Straathof, wo er - laut Genehmigung des Landesverwaltungsamtes in Sachsen-Anhalt - 50.000 Schweine hält.
    In den 1990er-Jahren sind holländische Schweinezüchter wie van Gennip oder eben Adrianus Straathof nach Deutschland gekommen, da ihnen in den Niederlanden wegen gesetzlicher Auflagen der Betrieb großer Schweinezuchtanlagen zunehmend schwer gemacht wird. In Ostdeutschland dagegen haben sie gute Bedingungen vorgefunden, um große Tierhaltungsanlagen aufzubauen bzw. wurden oft alte LPG-Betriebe nachgenutzt, für die ein sogenannter Bestandsschutz gilt.
    Straathof wurde bereits zu Zwangs- und Bußgeldern verurteilt
    Seit 2005 werden Straathof - laut Angaben der sachsen-anhaltischen Landesregierung - allein in Gladau mehr als 25 Verstöße etwa gegen die Landesbauordnung, das Tierschutzgesetz, die Nutztierhaltungsverordnung sowie gegen die Nitratrichtlinien, also illegales Ausbringen von Gülle, vorgeworfen. Erst vor ein paar Tagen wurde dort eine Anlage staatsanwaltlich untersucht, wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, so die Staatsanwaltschaft Stendal. Erste Ergebnisse könne man wegen der laufenden Ermittlungen derzeit aber nicht bekannt geben. Straathof selbst äußert sich nicht - ein uns zugesagtes Interview sagte der Agrarunternehmer am Freitag kurzfristig ab.
    Allein am Standort Gladau wurde der Niederländer zu Zwangs- und Bußgeldern in Höhe von 2,1 Millionen Euro rechtskräftig verurteilt. Davon soll das Unternehmen bis jetzt etwa 800.000 Euro gezahlt haben Geld, das die Anwälte Straathofs derzeit zurückklagten, berichtet Dorothea Frederking. Grünen-Abgeordnete im sachsen-anhaltischen Landtag. Ihr Eindruck:
    "Er schert sich nicht um die rechtlichen Bedingungen, ignoriert auch was die Behörden sagen."
    Ein Beispiel: So hat Straathof beispielsweise den Mastbetrieb Binde im Norden Sachsen-Anhalts illegal mit Schwarzbauten erweitert. Er zeigte sich uneinsichtig, weshalb das Unternehmen die Strafe von 434.000 Euro erst nach einem verlorenen Rechtsstreit mit dem Verwaltungsgericht Magdeburg zahlte. Ähnliche Strategien verfolgt Straathof auch im mecklenburgischen Medow oder Alt-Tellin, die zu DDR-Zeiten übrigens LPG Blühende Landschaften hieß. Experten wie Helmut Klüter von der Universität Greifswald nennen Straathof einen "Großagrarier", dessen Vorgehensweise "eine Katastrophe" sei, da er die industriemäßige Agrarproduktion der DDR übernähme, der die Natur zum Opfer falle.
    Acht Standorte des niederländischen Unternehmens in Deutschland
    Nach eigenen Angaben betreibt das Unternehmen Straathof bundesweit acht Standorte, dazu Anlagen in Holland und Ungarn. Über Umsatzzahlen und Gewinne herrscht allerdings Stillschweigen. Nach Schätzungen von Insidern soll er jährlich über eine Million Ferkel produzieren.
    Die Behörden reagieren auf den Namen Straathof mittlerweile relativ genervt. Unter vorgehaltener Hand – und zwar länderübergreifend – ist von den Beamten zu hören, dass der Umgang mit Straathof mehr als schwierig und mühselig sei, da er immer wieder die Grenzen austeste, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit fehle. Detlef Thiel vom Landwirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt kann seine Freude nicht verhehlen, gerade wenn Missstände in der Massentierhaltung aufgedeckt würden.
    "Ich muss ehrlich sagen, ich bin über jeden Fall froh, weil dass die Tierhalter zwingt, an die Vorgaben zu halten. Denn das macht ihnen auch keinen Spaß, mit Bußgeldern von der Verwaltung ständig vor sich hergejagt zu werden."
    Produzenten wie Adrianus Straathof gehe es nur darum; schnell, unschlagbar günstig und höchst effektiv Fleisch – oder wie es heißt: Schlachtkörpermasse - zu produzieren, so die Grünen-Politikerin Frederking. Und kleine Schweinezüchter hätten gegenüber Straathof keine Chance. Nach Angaben des Schweinezuchtverbandes sollen in den letzten zehn Jahren zwei Drittel aller Schweinzüchter ihren Betrieb aufgegeben haben.
    "Man kann zwar nicht sagen, dass große Tierhaltungsanlagen per se schlecht sind, und kleine Anlagen per se gut sind. Fakt ist aber: Dass in industrieller Tierhaltung oft keine artgerechte Tierhaltung möglich ist und dass hier die Bedingungen verbessert werden müssen."
    Ein erster Schritt sind nach Ansicht von Tierschutzexperten höhere gesetzliche Auflagen: Denn seit 2013 gilt das neue Bundes-Immissionsschutz-Gesetz und Bundesbaugesetzbuch, die in Anlagen mit beispielsweise mehr als 1500 Schweinen bzw. 560 Sauen ein hohes Risiko der Beeinträchtigung von Umwelt und Anwohnern sehen. Und es mehren sich die Stimmen, die ein Ende des Systems der Intensivtierhaltung und damit auch des System Straathof fordern.