Wissenschaftsjournalist Achim Killer im Gespräch mit Maximilian Schönherr
Maximilian Schönherr: Herr Killer, wie machen die sich denn so als Kollege?
Achim Killer: Ja, sie sind eigentlich so, wie man sich Kollegen wünscht, also die neuen, die kollaborativen Roboter. Nur: Sie sind sehr, sehr selten.
Maximilian Schönherr: Andererseits sind die Werkshallen voll von Robotern, vor allem in der Automobilindustrie. Aber das sind meist keine, mit denen man zusammenarbeiten möchte, sondern große beängstigende Maschinen, die von Menschen durch einen Sicherheitszaun getrennt sind. Achim Killer hat sich bei BMW nach den Einsatzgebieten der beiden Roboterarten erkundigt.
Cobots weniger leistungsfähig als herkömmliche Roboter
Die neuen Roboter liegen absolut im Trend, die Cobots. Sie sind denn auch Teil des Konzepts, zu dem die Industrie den Einsatz moderner IT in der Produktion zusammenfasst, sagt Ralf Schönherr, der Leiter des Themenfeldes "Innovative Robotersysteme" bei BMW:
"Industrie 4.0 an sich ist ein Kunstwort, ein relativ weitgefasster Begriff. Das definiert jeder anders. Wir bei BMW definieren es zumindest so, dass die innovative Robotik - und darunter fällt auch die Mensch-Roboter-Kollaboration - eine der Facetten von Industrie 4.0 ist."
Allerdings dominieren in den Werkshallen der Automobilindustrie noch die herkömmlichen Roboter, meterhohe Gelenkarme aus Stahl, die hinter Schutzzäunen schwere Fahrzeugteile umherwuchten und zusammenschweißen:
"In Summe sind es bei BMW - Stand: heute - ungefähr 18,500 der klassischen Industrieroboter, die wir weltweit einsetzen. Im Verhältnis dazu werden wir zum Jahresende mittlerweile über 40 kollaborierende Roboter im Einsatz haben. Das entspricht, vergleicht man das mit den Zahlen, die wir Anfang des Jahres hatten, allein einer Verdoppelung in diesem Jahr."
Also ein sehr starkes Wachstum, wenn auch auf einer niedrigen Ausgangsbasis. Cobots sind Leichtbauroboter, die dementsprechend auch nicht so leistungsfähig sind wie die großen.
Leichtbauroboter sollen mit den Arbeitern interagieren können
Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von höchstens einem Meter pro Sekunde, also in etwa so gemächlich wie ein Spaziergänger, während die großen zehn Meter pro Sekunde schaffen, die Geschwindigkeit eines PKW im Stadtverkehr. Und in dieser Geschwindigkeit reichen sie oft tonnenschwere Werkstücke weiter.
Die Cobots hingen können nur ein paar Kilo heben. Dafür aber besitzen sie sehr viel Feingefühl in Form von Druck-, optischen oder anderen Sensoren. Das ermöglicht es, sie mit den Arbeitern in den Werkshallen zusammenarbeiten zu lassen. Ralf Schönherr:
"Das tun wir, indem wir die Roboter, diese sensitiven Leichtbauroboter einsetzen, ohne dass wir dabei auf konventionelle Sicherheitstechnik sowie Schutzzäune zurückgreifen müssen. Parallel dazu haben wir natürlich auch einen großen Vorteil, diese Sensitivität, die der Roboter mitbringt, aktiv für Prozesse zu nutzen.
Als Beispiel - wenn man sich vorstellt: ein relativ schweres Zahnrad, was ein Roboter dem Mitarbeiter anreicht und dabei in ein anderes Zahnrad fügt. Dann spürt der Roboter, der sensitive Leichtbauroboter, das Ineinandergleiten dieser Objekte. Und das heißt, grundsätzlich wird es dadurch erst möglich, solche Prozesse durch den Roboter zu unterstützen, was in der Vergangenheit nicht der Fall war."
Cobots sollen angeblich keine Arbeitsplätze vernichten
Ihre Sensorik also ermöglicht es, Cobots auch für Arbeiten einzusetzen, die bislang auf die menschlichen Sinne angewiesen waren, auf Gefühl und Augenmaß. Sensitive Roboter können so in der Montage menschliche Werker ersetzen - oder ergänzen.
Letzteres betonen die Unternehmen gerne. Cobots würden keine Menschen aus den Werkshallen verdrängen, sondern in der Kooperation mit ihnen den belastenden Teil der Arbeit übernehmen, das Heben und Transportieren der Werkstücke etwa.
Die Sensorik verhindert auch, dass Cobots Menschen verletzen. Wenn ein Sensor einen Menschen erfasst, bremst der Cobot seine Bewegung ab. Keinen Sinn sieht Ralf Schönherr allerdings darin, auch große, herkömmliche Roboter mit einer derartigen Sensorik auszustatten:
"Große Bereiche, wo wir heute Industrieroboter einsetzen, eigenen sich grundsätzlich dafür schwer. Das liegt daran, dass sensitive Leichtbauroboter auf eine Kraft- und Leistungsbeschränkung setzen. Das heißt, da gilt, je größer das Gewicht, was ich tragen möchte, je höher die Geschwindigkeit, mit der ich verfahren möchte, desto schwieriger ist es, so etwas in einem kollaborierenden Szenario umzusetzen. Beziehungsweise es ist schlicht und ergreifend nicht möglich."
"Diese Roboter kooperieren nicht mit den Menschen, die ersetzen sie."
Wissenschaftsjournalist Achim Killer im Gespräch mit Maximilian Schönherr
Maximilian Schönherr: 40 kollaborierende Roboter also bei BMW. Hätte ich nicht gedacht, dass das so wenige sind, woran liegt denn das, Achim Killer? Hinkt da BMW der Entwicklung etwas hinterher?
Achim Killer: Nee, ich glaub, die sind sogar ganz vorne mit dabei. Der praktische Einsatz kooperierender Roboter in der Produktion ist relativ neu. Zwei Millionen Industrie-Roboter sind weltweit im Einsatz. Dieser Einsatz wird jedes Jahr statistisch erfasst, gemessen in Roboter pro 10 000 Arbeiter. Cobots so zu erfassen, ergäbe keinen Sinn. Das wären zu viele Nachkomma-Stellen.
Maximilian Schönherr: Wie neu sind denn kooperierende Roboter genau?
Achim Killer: Also zum ersten Mal in einem amtlichen Dokument aufgetaucht sind sie 1996. Da haben zwei US-Professoren ein Patent dafür beantragt. Herkömmliche Industrieroboter hingegen gibt es schon seit den 50er Jahren.
Maximilian Schönherr: Und stimmt es denn wirklich, dass die neuen, leichten Roboter nur dazu eingesetzt werden, um die Menschen in der Produktion zu entlasten, und nicht, um sie zu verdrängen, wie die Wirtschaft immer behauptet?
Achim Killer: Nein, das stimmt definitiv nicht. Cobots sind zunächst einmal Leichtbauroboter. Diese Roboter kooperieren nicht mit den Menschen, die ersetzen sie.
Gut, und wenn jetzt so ein Leichtbauroboter ein paar Sensoren mehr bekommt, dann kann er kann er mit Menschen kooperieren. Sowas ist dann immer ein Vorzeigeprojekt. Es hat aber mit der Masse des Robotereinsatzes nichts zu tun.
"Programmierung von Cobots ist komplexer, weil die auch komplexere Aufgaben erledigen"
Maximilian Schönherr: Und Sie haben ein paar akustische Eindrücke vom Robotereinsatz in einer Autofabrik mitgebracht, von Robotern, von denen man sich tunlichst fernhält, und von welchen, die kooperieren. Die hören wir uns jetzt mal an.
"Werk 2/40 von BMW: Fahrzeugfertigung. Ganz große Roboter. Die sind in Käfigen.
Werk 2/1: Achsgetriebemontage. Sie arbeiten den ganzen Tag hier mit dem Roboter zusammen? - Ja."
Werk 2/1: Achsgetriebemontage. Sie arbeiten den ganzen Tag hier mit dem Roboter zusammen? - Ja."
Maximilian Schönherr: Wie werden denn diese Roboter programmiert?
Achim Killer: Das ist vergleichbar mit der Programmierung von Computern früher, als Programme noch vorwiegend in maschinenspezifischen Sprachen geschrieben worden sind. Es wird aber auch viel in C und in Pascal geschrieben.
Maximilian Schönherr: Und gibt es Unterschiede zwischen der Programmierung von großen und von kooperierenden Robotern?
Achim Killer: Die Programmierung von Cobots ist komplexer, ganz einfach, weil die auch komplexere Aufgaben erledigen. Und der komplexeste Teil ist natürlich der Umgang mit dem Menschen.