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Schweiz
Junge Mode-Designerszene in Zürich

Seit rund zehn Jahren hat sich in dem ehemaligen Industriequartier um die ausgedehnten Gleisanlagen des Hauptbahnhofs von Zürich eine lebendige Kunst- und Kulturszene entfaltet. Dort finden sich auch die jungen Designer: Julian Zigerli und Le Tom.

Von Katrin Kühne |
    "Ich komme hier aus Zürich, bin in der Nachbarstadt Baden aufgewachsen und liebe Caps und Hüte!"
    Der Shop von Le Tom befindet sich in einem kleinen, etwas spießig anmutenden Spitzdach-Haus in der Geroldstraße unweit des über 120 Meter hohen Prime Tower. Die Straße liegt hinter den alten Gleisanlagen des Hauptbahnhofs im In-Viertel der Jung-Züricher.
    Eigentlich heißt Le Tom Rolf Hellat, ist 30 Jahre alt, Absolvent der Filmhochschule Zürich mit der Leidenschaft für Baseball-Caps von Kindesbeinen an. Allerdings fand er nie welche aus Stroh. So sagte er sich "Do it yourself".
    "Habe dann mal eine selber genäht mit der Nähmaschine, meine Mutter hat mir es erklärt, und ich hab eine alte Strandmatte aus dem Keller geholt und habe dann so ein Baseball-Cap gemacht aus Stroh."
    Eng ist es in dem winzigen Verkaufsraum. Es raschelt, wenn man an die Regale stößt, wo die eleganten Fedora-Hüte mit der schmalen Krempe, z. B. aus leichtem Raffia-Palm-Stroh, ausgestellt sind. Oder eben sein Knaller - die 'Kombi'.
    "Ich habe das kombiniert mit einem Baseball-Cap und eben oben Fedora, also diese Einbuchtung, aber vorne nur so ein Baseball-Schirm."
    Die Einbuchtung oben an der sogenannten Krone diente früher dem Lupfen des Hutes zum Gruß. Rolf Hellats Designer-Name stammt von seiner Regie-Abschlussarbeit, ein imaginärer Werbefilm über ein imaginäres Strohhut-Label mit Namen Le Tom.
    "Mein Lieblingsstück ist das hier - das ist das Lutz-Strohcap."
    "Lutz? Wie der Lutz?"
    "Ja, genau. Der Lutz ist ein sogenanntes Five-Panel-Cap, das ist aus fünf Teilen zusammengesetzt und jedes Teil hat eine andere Strohart."
    Das grünliche Vorderteil des Caps hat eine besonders feine Flechtung. Doch welches Material ist es?
    "Wir wissen es nicht genau und darum ist das Cap auch so speziell und ja, und ich vermute, das hier vorne, das so ein bisschen rau ist und steifer, das ist ein Affenbrotbaumstroh."
    Das exotische Gewebe stammt aus dem Fundus der altehrwürdigen Hutmacher-Firma Risa in Aargau. Hellats witzige Hüte und ausgefallene Caps verkaufen sich am besten in den natürlichen Beige-und Brauntönen des Strohs.
    "Aber wir haben auch 2, 3 Modelle, die dann wirklich ausgefallen sind, wie pink oder hellblau. Das ist dann aber für besondere Leute.
    Einer von diesen ist sicherlich der, wie Le Tom, 30-jährige Mode-Designer Julian Zigerli. Auch er aus der Nähe von Zürich. Ein paar hundert Meter entfernt von Rolf Hellats Laden verkauft er seine Kollektion im Fashionslave in den alten Gleis-Viaduktbögen, die vom Hauptbahnhof abzweigen. Wenn man seine Fashionshop-Seite anklickt, erscheint erstemal ein junger Mann mit haarigen Beinen und - in Unterhose.
    "Ich mache Männermode und ich glaube, was so ein bißchen meine Hauptmerkmal ist, sind tatsächlich meine Prints, die ich jede Saison neu kreiere und zum Teil auch mit Künstlern zusammenarbeite und Prints kreiere."
    Der Sohn eines Piloten gilt als Upcoming Star der Züricher Mode und hat im Juni bereits zum zweiten Mal den Swiss Design-Award gewonnen. Auf der diesjährigen Berliner Fashion-Week machte Julian Zigerli Furore mit seinen lockeren Hosen, Oversize-Jackets in leuchtenden Farben. Sie waren das Jahr zuvor zusammen mit einer Berliner Künstlerin entstanden.
    "Da habe ich zusammen mit Katharina Grosse gearbeitet, da gab es eine Arbeitstechnik, wo ich tatsächlich mit zwei Outfits, komplett im weißen Originalstoff, fertig geschneidert, am Modell in ihrem Atelier stand und sie hat dann mit ihrer Air-Brush-Technik drauf gesprüht und das haben wir dann wieder auseinandergenommen, digitalisiert und dann eigentlich reproduziert, wie es beim Sprühen ausgesehen hat."
    Die leuchtenden Farb-Explosionen der Prints von Katharina Grosse, Gewinnerin des erstmalig verliehenen Oskar-Schlemmer-Preises, passen gut zum legeren Sportswear-Stil von Zigerli. Bis vor knapp vier Jahren hat er in Berlin gelebt und an der Universität der Künste studiert.
    "Also ich habe schon während dem Studium schon paar Portfolio gemacht und versucht, Jobs zu finden und ich dachte, ich gehe dann noch mal kurz in die Schweiz zurück und verdiene schnelles, gutes Geld. Das kam dann anders, ne?"
    Er ist geblieben und hat vor dreieinhalb Jahren sein eigenes Label hier gegründet. Zehn, zwölf Straßenbahnstationen stadtauswärts von den Viaduktbögen macht der Designer im Dolly-Bastler-Studio Fotos und das Fashion-Video für seine neue Frühjahr-, Sommerkollektion 2015.
    Das Key-Piece ist eine Jacke mit spiralförmig verarbeiteten Ärmeln, mit sehr viel Luft zwischen den einzelnen Stoffringen.
    Spannende Ärmel. So sieht das denn aus. Ich nenne sie Spiral-Jacket."
    Und auf dass sich Mann rundherum wohl fühle, gibt es die Walking-on-Cloud-Sandals. Der Sommer 2015 kann kommen!