Zweimal war die Schweiz Austragungsort von Olympischen Winterspielen: 1928 und 1948, beide Male in St. Moritz. Kommt jetzt 2038 dazu, also 90 Jahre später? „Das größte Event, das man im Sport haben kann, sind die Olympischen Spiele. Und wir haben 2038 ein spannendes Projekt, von welchem wir überzeugt sind, dass das einen positiven Hype wieder auslösen kann, wenn es um Olympische Spiele geht.“
Das sagt Diego Züger, Co-Geschäftsführer bei Swiss Ski. Die Schweiz führt schon exklusive Vorgespräche mit dem IOC, gilt als erste Ansprechpartnerin für 2038 – nachdem die letzte Olympia-Bewerbung für 2030 gescheitert ist und ins benachbarte Frankreich ging. Jetzt also ein neuer Anlauf, verrät Züger im Schweizer Skigebiet Lenzerheide.
Schweiz will mehr WMs und Weltcups
Aber dabei soll es nicht bleiben: Der Weg zu Olympischen Winterspielen 2038 in der Schweiz ist gepflastert mit Wintersport-Großevents: mit der Biathlon-WM 2025 in Lenzerheide, 2027 steigt die Ski-alpin-WM in Crans Montana. Mehr davon – das ist der Plan von Swiss Ski: Regelmäßige Weltmeisterschaften in den Winter-Sportarten, am liebsten alle zehn Jahre – und viele Weltcups. Die Schweiz will das Herz des Wintersports werden.
Diego Züger: „Wir möchten mehr Weltmeisterschaften in unseren Kernsportarten in der Schweiz haben. Wir haben hervorragende Weltcup-Events, hatten auch schon Weltmeisterschaften. Mit diesen Groß-Events können wir den Sport entwickeln. Und zwar auf allen Ebenen: im Nachwuchs, in der Breite und in der Spitze.“
Streit mit FIS verkompliziert die Austragungswünsche
Eine Ansage, die der Ski-Weltverband (FIS) beim sogenannten „Forum Nordicum“ in dieser Woche gelassen zur Kenntnis genommen hat. Denn wer Weltcups und Weltmeisterschaften in Ski alpin, Langlauf, Skispringen oder der Nordischen Kombination bekommt, das entscheidet eben immer noch die FIS - und ihr Präsident Johan Eliasch, mit dem sich die Skiverbände aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Skandinavien schon lange heftig streiten.
Die FIS will die Medienrechte für Weltcups ab 2026 ganz alleine und zentral vermarkten. Bisher machen das die Nationalverbände selbst – für diese sind die TV-Rechte die Haupteinnahmequelle. Der Dauerstreit spielt sich mittlerweile vor Gericht ab. Mitte Oktober urteilte das Landgericht München: Die FIS darf die Medienrechte der deutschen Ski-Weltcups in der geplanten Form nicht zentral vermarkten. Die Gründe: eine unzulässige „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ und die Ausnutzung einer „marktbeherrschenden Stellung“.
Beim Forum Nordicum ordnete Stefan Schwarzbach, Vorstand Kommunikation beim Deutschen Skiverband (DSV), das Urteil so ein: „Dass die Nationalverbände wie der DSV das Recht haben, wenn es darum geht, die Zentralvermarktung gemeinsam auf die Beine zu stellen. Das Schlüsselwort ist: gemeinsam. Insofern hoffen wir, dass die FIS jetzt das Urteil so weit akzeptiert, dass wir gemeinsam uns an einen Tisch setzen und überlegen, wie wir dieses Projekt, von dem seit zwei Jahren alle immer wieder gebetsmühlenartig wiederholen, dass es absolut Sinn macht, wie wir das gemeinsam auf die Ziellinie bekommen.“
FIS will in Berufung gehen
Die FIS denkt aber gar nicht daran einzulenken. Der Ski-Weltverband teilte unverzüglich mit, in Berufung zu gehen. Und machte außerdem klar, das Urteil in Deutschland habe keine Bedeutung für die Streits mit anderen Nationalverbänden – wie zum Beispiel Swiss Ski.
Weshalb Co-Geschäftsführer Diego Züger die Frage beantworten muss: Wer vermarktet denn dann die ganzen FIS-Weltcups und -Weltmeisterschaften, die die Schweiz zukünftig austragen will? „Das ist ein Thema, wo wir gerade sehr intensiv diskutieren. Wir sind überhaupt nicht gegen eine zentrale Vermarktung, wenn sie gut gemacht ist und wir involviert sind. Wo wir uns gegen wehren: Wenn wir enteignet werden und nicht im Prozess involviert sind. Und da sind wir gerade am Diskutieren. Und wir hoffen, dass wir so bald wie möglich eine Lösung finden.“
Das hofft auch Bruno Sassi, seit knapp einem halben Jahr neuer Mediendirektor der FIS. „Wir als FIS und wir als Sport wären in einer viel besseren Situation, wenn wir ein zentrales Rechtebündel hätten, über dessen Vermarktung wir entscheiden können. Auch im Hinblick darauf, neue Formate wie Dokumentarfilme produzieren zu können, wir hatten gerade ‚Drive to survive‘ als Beispiel. Diese Initiativen sind nur möglich, wenn alle Rechte und Entscheidungen an einem einzigen Ort zentralisiert sind. Wie wir das machen wollen – das ist eine Diskussion, die wir gerade führen. Wir erkennen all die verschiedenen Interessen an. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass wir in eine Position kommen, in der sich alle über den Weg einig sind. Denn zumindest über das Ziel sind sich schon alle einig.“
Ob sich die Wintersport-Nationalverbände – unter anderem eben Swiss Ski – und die FIS wirklich einig werden, davon dürften dann auch die Weltmeisterschafts- und Weltcup-Chancen der Schweiz in den nächsten Jahren abhängen. Und damit langfristig vielleicht auch die Olympia-Träume für 2038.