Archiv

Schweizer Armee
Frauen an die Waffen

Die Schweizer Armee erwägt eine freiwillige Wehrpflicht für Frauen. Bislang dürfen die Soldatinnen nicht in der kämpfenden Truppe dienen. Alleine unter Gesichtspunkten der Gerechtigkeit, die in der Schweiz eine große Rolle spielen, müssten alle Bereiche der Streitkräfte den Frauen offen stehen.

Von Hans-Jürgen Maurus |
    Ein Detail der Uniform von einem Soldaten der Schweizer Armee ist am Donnerstag (24.05.2012) in Konstanz während der TERREX 2012 zu sehen.
    In der Schweizer Armee sollen Frauen in der kämpfenden Truppe dienen. (dpa / picture-alliance / Sven Hoppe)
    Frauen an die Waffen und das ist in der Schweiz ? Ausgerechnet Denis Froidevaux, Präsident der Offiziersgesellschaft, hält eine Wehrpflicht für Frauen in der Schweiz für wünschenswert, damit die Armee aus den Besten auswählen kann. Dabei wird das norwegische Modell einer freiwilligen Wehrpflicht für die Schweiz vorgeschlagen. Brigadier Froidevaux kann sich einen 30-prozentigen Frauenanteil problemlos vorstellen.
    Bisher dürfen Frauen in der Schweizer Armee dienen, so Parteienforscher Claude Longchamps, doch nicht bei der kämpfenden Truppe: "Bei den Frauen war es so, dass sie zugelassen wurden für ganz spezielle Hilfsdienste, beispielsweise für die Pflege der Brieftauben. In den 1980er-Jahren hat man das ausgeweitet, indem man den Frauen die Möglichkeit gegeben hat, zum ordentlichen Teil der Armee zu werden, aber nicht in kombatanten Truppen. Oder anders gesagt: Im Kampfbereich sind die Männer noch alleine, aber ansonsten können die Frauen in der Schweizer Armee ihren Beitrag leisten."
    1.000 Frauen in der Schweizer Armee
    Derzeit sind etwas mehr als 1.000 Frauen in der Schweizer Armee, bei einer Gesamttruppenzahl von 120.000 Soldaten. Die Schweiz hält an ihrem Milizsystem fest, das älter ist als die Gründung des Landes, so Claude Longchamps: "Es ist sogar vordemokratisch, dass die Herrschaften und die Untertanen eine Gemeinsamkeit haben müssen, nämlich die Verteidigung des Vaterlandes."
    Ein Schweizer Rekrut absolviert eine Grundausbildung, muss aber immer wieder bis zum 30. Lebensjahr Wiederholungskurse leisten. Longchamps: "Als Schweizer Mann macht man mit 20 in der Regel eine Rekrutenschule, das dauert etwa ein Jahr und nachher macht man Wiederholungskurse, drei Wochen und das etwa achtmal. Das heißt, knapp ein Jahr hat man der Armee zur Verfügung gestellt."
    Freiwilligenarmee in der Diskussion
    Mehrfach gab es Versuche, das Milizsystem abzuschaffen und eine Freiwilligenarmee auf die Beine zu stellen, etwa durch die Schweizer Jungsozialisten wie David Roth: "Wir wollen eine freiwillige Miliz. Und das heißt eben nicht, dass da eine Horde von Rambos zusammengepfercht ist und nur darauf wartet, auf die Bevölkerung losgelassen zu werden. Sondern, dass allenfalls die, die auch interessiert sind am Militärdienst, das tun würden.
    Auch der Parteichef der Sozialdemokraten Christian Levrat riet seinem Land, sich anzupassen: "Wenn ich feststelle, was drumherum geschehen ist, dann stelle ich eben auch fest, dass Bürger die Wehrpflicht aufgehoben haben, diese Diskussion muss geführt werden, wir können nicht einfach alleine in Europa die Armee unserer Großeltern weiter aufrechterhalten."
    Keine Abschaffung der Wehrpflicht
    Doch die bürgerlichen Parteien und das Volk lehnten eine Abschaffung der Wehrpflicht bei einer Volksabstimmung vor zwei Jahren mit überwältigender Mehrheit ab. Auch heute stehen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung hinter der Milizarmee. Die wird allerdings zurechtgestutzt. Von 120.000 auf 100.000 Mann. Eine Wehrpflicht für Frauen dürfte es in der Schweiz schwer haben, meint Parteienforscher Longchamps.
    Aber wenn man den Aspekt der sozialen Gerechtigkeit betont, könnte die Debatte an Fahrt gewinnen: "Mit einer solchen Debatte könnte das noch ganz lustig werden, denn bei dieser Volksabstimmung vor zwei Jahren haben auch die Frauen mehrheitlich gesagt: Es ist gut, wenn es eine allgemeine Wehrpflicht gibt. Es gibt heute sogar Kreise, die Schweizer Gesellschaft lebt von diesem Freiwilligen-Gedanken und da ist nicht mehr zeitgemäß, dass da zwischen Männern und Frauen ungleich verteilt ist. Aber wir haben ein Organisationsproblem, ein Problem der Gerechtigkeit und das wird jede politische Debatte massiv prägen und da hab ich meine Zweifel, dass die Vorschläge der Offiziersgesellschaft mehrheitsfähig sind. Dass Veränderungen gelingen, zeigt der Streit um den Karabiner daheim im Schrank, ein altes Privileg. Noch immer dürfen die Rekruten ihr Sturmgewehr mit nach Hause nehmen, doch die Armee stellt es jedem frei zu entscheiden, ob er die Munition im Zeughaus deponiert.