Eine junge Frau blickt sorgenvoll auf die Anzeige der Supermarkt-Kasse. Auf dem Band Schokolade, Käse und eine Kaffee-Tasse mit Schweizer Wappen - ein typischer Touristeneinkauf. Die Mitbringsel sind teuer, klagen deutsche Touristen gern. Walter Angst schmunzelt, wenn er das erlebt. Der Sprecher des Züricher Mieterverbands weiß: Endgültig die Sprache verschlägt es Deutschen, wenn sie Wohnungsanzeigen lesen. Denn die Preise für Mieten seien explodiert, sagt Angst:
"Vor zehn Jahren habe ich eine Vierzimmer-Wohnung noch für etwa 1.600 Franken mieten können. Heute würde ich dieselbe Wohnung nur noch für 1.000 Franken mehr bekommen."
Zürich ist eine der teuersten Städte Europas
Selbst hartgesottene Münchner werden blass bei diesen Preisen - Zürich ist eine der teuersten Städte Europas, Quadratmeterpreise um die 30 Euro keine Seltenheit. Doch gleichzeitig ist auch das Durchschnittseinkommen im globalen Vergleich mit am höchsten. Das Image der unbezahlbaren Schweiz stimme deshalb so nicht, sagt Robert Weinert von der Immobilienberatungsgesellschaft Wüest Partner:
"Man zahlt rund 20 bis 22 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens pro Monat für die Miete."
Im Vergleich betrachtet ist das sogar etwas weniger als in Deutschland. Denn in der Schweiz gelten strikte Regeln für Mietpreise. Immobilienbesitzer dürfen pro Jahr nur einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises erwirtschaften. Dieser Referenz-Zinssatz ist der Durchschnitts-Zins, den Banken für Häuslebauer erheben. Viermal im Jahr wird er vom Schweizer Wirtschaftsministerium veröffentlicht und ist verbindlich. Er deckelt nicht nur die maximalen Mieteinnahmen, sondern wirkt sich auch auf laufende Verträge aus. Da die Banken derzeit billige Kredite geben, ist der Referenz-Zinsatz auf historische 1,5 Prozent gesunken, so Weinert.
"Das führt dazu, dass Mieter mit bestehenden Verträgen grundsätzlich einen Anspruch auf eine Mietpreisreduktion haben."
Der Wohnungsmarkt ist leergefegt
Denn laufende Mietverträge sind an diesen Zinssatz gekoppelt - sinkt er, wie in den vergangenen Jahren, müssen Vermieter auch die Miete senken. Das Schweizer Modell einer Mietpreisbremse gibt es seit vielen Jahren. Und es funktioniert, meint Walter Angst. Allerdings bleibe der Mieter im Zugzwang:
"Die Hürde ist hoch, denn der Mieter muss beweisen, dass der Vermieter zu viel verdient. Aber es findet statt und das hat die Entwicklung in den letzten fünf Jahren auch etwas gebremst."
Genaue Daten, wie viele Mieter ihre Rechte durchsetzen, gibt es nicht. Immobilienberater Weinert schätzt, dass etwa jeder zweite Schweizer den Abschlag tatsächlich durchsetzt. Investitionen oder Neubauten hemme das Schweizer Modell nicht. Allerdings: Gebaut werden gerade in den beliebten Großstädten wie Zürich oder Genf oft Luxuswohnungen.
"Vor allem für die unteren Einkommensgruppen, und die gibt es in der Schweiz nicht zu knapp, ist die Situation dramatisch. Das sind diejenigen, die aus der Stadt verdrängt werden."
Doch selbst wer einen gutbezahlten Job hat, steht vor einem Problem: Der Wohnungsmarkt ist leergefegt - wer anständig verdient, kann sich eine Wohnung also womöglich leisten. Doch sie zu finden, ist bisweilen das größere Problem.