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"Schwer zu sagen, wann die Türkei EU-Mitglied ist"

Die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei stocken. Grund sind fehlende Anpassungen türkischer Gesetze zum Wettbewerbsrecht, die mit der belgischen Ratspräsidentschaft verhandelt werden sollten, doch die zögert. Eine Entwicklung, die man in Schweden mit Unmut verfolgt.

Von Agnes Bührig |
    Die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei stocken. Grund sind fehlende Anpassungen türkischer Gesetze zum Wettbewerbsrecht, die mit der belgischen Ratspräsidentschaft verhandelt werden sollten, doch die zögert. Eine Entwicklung, die man in Schweden mit Unmut verfolgt.

    Als der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, Schweden im November seine Aufwartung machte, ging es auch um den EU-Beitritt der Türkei. Der Belgier klang recht unengagiert in der Sache, auf dem Kontinent ist man tief zerstritten in dieser Frage. Schwedens Außenminister, Carl Bildt, machte seiner Enttäuschung darüber in seinem Blog Luft und nahm auch vor dem Mikrofon kein Blatt vor den Mund:

    "Wenn man ganz allgemein über Außenpolitik spricht, ist das eine Sache. Wenn man aber über die Erweiterungspolitik und den Balkan spricht und die Türkei vergisst, was van Rompuy in zwei großen Reden passiert ist, macht das einen merkwürdigen Eindruck und wirft Fragen auf."

    Kein Wunder, dass Bildt der Balkan am Herzen liegt. Der Politiker der schwedischen Konservativen war Ende der 90er-Jahre Sondergesandter der Vereinten Nationen für die Region. Für ihre Befriedung könnte der Beitritt der Türkei zur EU Gutes bewirken, so die Hoffnung des schwedischen Außenministers:

    "Wir haben den alten Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei über Zypern. Die Türkei ist aber auch ein wichtiger Akteur in der östlichen Mittelmeerregion bis hin zum Schwarzen Meer. Dazu kommt ein Punkt, der in den letzten Jahren wichtiger geworden ist, und das ist die globale Rolle Europas. Mit der Türkei bekommt die EU ein stärkeres Gewicht, sowohl wirtschaftlich wie auch als Orientierung für Teile der Welt im Osten, die immer bedeutungsvoller werden."

    Dass sich die EU durch die Osterweiterung von einem vor allem westeuropäischen Staatenverband zu einer paneuropäischen Union gewandelt hat, sei ihre größte Erfolgsgeschichte, unterstrich Bildt zusammen mit den Außenministern Großbritanniens, Italiens und Finnlands jüngst in einem Artikel der International Herald Tribune. Doch
    diese Erfolgsgeschichte mit der Aufnahme der Türkei in die EU fortzuführen, tut man sich in Europa schwer. Es hagelt Kritik wegen der Verletzung der Menschenrechte, mangelhaftem Minderheitenschutz und der eingeschränkten Meinungsfreiheit. Vor allem politische Schwergewichte wie Frankreichs Präsident Sarkozy und die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, stehen dem türkischen Beitritt kritisch gegenüber.

    In Schweden sieht man das anders. Der EU-Osterweiterung vor sechs Jahren stand das Land positiv gegenüber. Denn anders als die alten EU-Länder, die die Union auch als christliche Wertegemeinschaft sehen, geht es den nordischen Ländern Schweden und Finnland, die vor gerade einmal 15 Jahren beitraten, um ganz pragmatische Aspekte, sagt Hanna Ojanen, Forschungsleiterin beim Außenpolitischen Institut in Stockholm:

    "Die Türkei wird als Markt mit guten wirtschaftlichen Zuwachsraten gesehen. So ein Land wäre gut für Europa, das im Moment nicht so stark wächst. Das ist natürlich ein sehr wichtiges Argument. Auf der anderen Seite geht es Ländern wie Schweden und Finnland aber auch darum, dass so grundlegende Rechte wie die Menschenrechte gewahrt werden oder dass man sich in Europa unbehindert bewegen kann. Die EU ist auch ein politisches Projekt."

    Bis das politische Projekt EU jedoch auch die Türkei umfasst, dürfte es noch etwas dauern, meint Ojanen. Eine ganze Reihe von Ländern blockierte noch einzelne Kapitel im Beitrittsverfahren. Es gebe aber auch Fortschritte in den Verhandlungen. Das sieht auch der schwedische Außenminister Carl Bildt nicht anders:
    "Schwer zu sagen, wann die Türkei EU-Mitglied ist. Das braucht seine Zeit. Es gibt aber eine große Mehrheit unter den EU-Mitgliedsländern, eine Mehrheit im EU-Parlament, die die Anstrengungen der Türkei aktiv unterstützen, das Land zu reformieren. Da gibt es natürlich einige Herausforderungen, nicht zuletzt die Lösung der Kurdenfrage."