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Schwerpunkt Globalisierung: Spielzeug aus Fernost

Der Markt für Spielwaren ist ein Musterbeispiel der Globalisierung, für die Verbraucher hat das Vor- und Nachteile. Es verbilligt die Produkte, allerdings unterscheiden sich die Vorstellungen von Sicherheit und Schadstoff-Begrenzung auf den verschiedenen Kontinenten doch sehr deutlich.

Von Mirjam Stöckel |
    Es ist bunt, manchmal laut und soll vor allem Spaß machen: Spielzeug. Etwa 90.000 Produkte kommen jährlich neu auf den Markt. Und Spielsachen sind ein Riesengeschäft: Seit Jahren meldet die Branche allein in Deutschland rund drei Milliarden Euro Umsatz. Etwa zwei Drittel der Spielsachen werden mittlerweile außerhalb Europas hergestellt - die meisten davon in China. Wegen der billigen Arbeitskräfte dort haben in den vergangenen 20 Jahren auch viele europäische Firmen ihre Produktion dorthin verlegt. Doch die Perspektiven hierzulande werden wieder besser, sagt Bryan Ellis, Vorsitzender des Dachverbandes der europäischen Spielzeughersteller:

    "Ich denke, wir werden in den nächsten Jahrzehnten beobachten können, dass die Produktion zurück nach Europa verlagert wird. Zum Teil, weil die Hersteller aufwändiger Spielzeuge in automatisierte Anlagen investieren, und zum Teil, weil die Arbeitskosten im Rest der Welt sich den europäischen angleichen - denn nicht nur in China gehen die Arbeitskosten hoch. Und zum Teil auch deshalb, weil die Transportkosten mit den steigenden Treibstoffpreisen wachsen werden. Das wird es wieder wirtschaftlicher machen, in Europa zu produzieren. "

    Egal, ob sie aus Europa kommen oder aus Fernost: Alle Spielzeuge müssen eigentlich die Sicherheitsvorschriften erfüllen, die die EU bereits 1988 in einer Richtlinie festgelegt hat. Im Augenblick wird in Brüssel darüber diskutiert, wie diese Auflagen für die Hersteller noch verschärft werden können - auf Initiative des Industriekommissars Günter Verheugen:

    "Spielzeuge werden kompliziert und anspruchsvoller, sie kommen auch immer mehr aus anderen Teilen der Welt und nicht mehr aus Europa. Das heißt, die Richtlinie, die wir hatten, war einfach nicht mehr zeitgemäß und darum haben wir vor drei Jahren angefangen, an einer neuen zu arbeiten."

    Das Ergebnis dieser dreijährigen Vorbereitungszeit hat Verheugen im Januar vorgelegt: Mit der neuen Richtlinie will er in Zukunft alle Chemikalien in Spielzeug verbieten, die Krebs erregen, das Erbgut schädigen oder die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen können. Das letzte Wort über die verschärften Vorschriften haben nun der EU-Ministerrat und das europäische Parlament. Ihre Entscheidung steht aber frühestens Ende des Jahres an. Und obwohl Verheugens Vorschlag für eine neue Richtlinie weit strenger ausgefallen ist als man noch vor den Spielzeugskandalen und den großen Rückrufaktionen im vergangenen Sommer erwarten konnte - längst nicht allen geht er weit genug. Hiltrud Breyer, EU-Abgeordnete der Grünen:

    "Spielzeug muss den Kindern Spaß machen und darf keine Giftfalle sein. Von daher sagen wir ganz klar: diese allergenen Stoffe, die auch zunehmen, und die hormonell wirksamen Substanzen, die dürfen nicht in Spielzeug vorkommen. Sie sind eine zu große Gefahr für Kinder und da müssen wir als Parlament ganz klar die rote Karte zeigen."

    Dass ihr Spielzeug den EU-Normen entspricht, müssen Hersteller mit dem so genannten CE-Zeichen dokumentieren. Eine unabhängige Prüfung durch Dritte ist dafür in aller Regel nicht nötig - anders als beispielsweise beim deutschen GS-Zeichen für "geprüfte Sicherheit". Eine generelle TÜV-Pflicht für alle Spielwaren soll es auch mit der neuen Richtlinie nicht geben, findet Günter Verheugen. Allerdings verlangt er, dass die Aufsichtsbehörden in Zukunft genauer hinschauen, ob einzelne Spielsachen die Vorschriften auch tatsächlich erfüllen:

    "Es ist natürlich eine Frage der Kontrolle. Eine Frage der Kontrolle erstens beim Hersteller, der garantieren muss, dass in seiner gesamten Lieferkette alle Vorschriften eingehalten werden - und das ist eine der ganz großen Schwachstellen bei dem ganzen Problem der Produktsicherheit. Und zum anderen natürlich bei den Zollbehörden und den Marktüberwachungsbehörden, die gut genug ausgestattet sein müssen, um die notwendigen Kontrollen vorzunehmen. Auch hier bin ich besorgt über den Zustand zumindest in einigen Mitgliedsländern - das wird nicht überall mit gleicher Sorgfalt gehandhabt."

    Immerhin: Einige unsichere Spielwaren ziehen die Prüfer bereits heute aus dem Verkehr - die meisten davon aus Asien. Sie werden auf den Internetseiten des europäischen Schnellwarn-Systems Rapex veröffentlicht - und jeden Freitag sind es wieder neue.

    Aber bei aller begründeten Kritik an gefährlichem Spielsachen aus Fernost - der globalisierte Markt und die Produktion am anderen Ende der Welt haben auch Vorteile für die Verbraucher in Europa, sagt Bryan Ellis vom Dachverband der europäischen Spielwarenhersteller:

    "Zum einen bedeutet das niedrigere Preise. Und zum zweiten auch eine größere Auswahl an Produkten, die höchstwahrscheinlich unter den aktuellen Bedingungen in Europa überhaupt nicht hergestellt werden könnten. "