Viel Beton, Plattenbauarchitekturen, Straßen so breit wie Autobahntrassen, moderne Einkaufszentren, dazwischen Grün, soweit das Auge reicht. Das ist Halle-Neustadt im Jahr 2014.
"Das ist meine Schule, wo keine Fenster mehr drin sind. Wir fahren jetzt hier im 6. WK fast in so einen Wald rein. Also das ist der Ort meiner Kindheit. Hier war sozusagen ein ganz langer Block. Hier vorne habe ich gewohnt, da wo das da grün ist."
Jana Kirsch kennt Halle-Neustadt aus der Zeit vor und nach dem Mauerfall. Seit 2006 arbeitet sie hier als Quartiersmanagerin. Täglich kehrt sie an den Ort ihrer Kindheit zurück, damals eine expandierende und eigenständige Stadt, erbaut für die Familien und zigtausend "Werktätigen" der großen Chemiebetriebe im nahen Schkopau und Leuna. Heute ist die Großsiedlung ein Stadtteil von Halle an der Saale, der die Bewohner davongelaufen sind.
"Also es waren mal 96.000 Einwohner, jetzt sind es noch 44.500. Und es müssen einfach ganz viele Wohneinheiten abgerissen werden, wenn die Hälfte der Leute weggezogen ist, ja? Und da hat man sich gesagt, man schrumpft die Neustadt vom Rand her, und das ist jetzt hier der Rand der Neustadt, und baut ganz viel zurück."
Halle-Neustadt feiert am 15. Juli 2014 seinen 50. Geburtstag. Die einstige sozialistische Vorzeigestadt hat jeweils ein Vierteljahrhundert DDR und Bundesrepublik auf dem Buckel. 50 Jahre sind keine Zeit für eine Stadt, in "Ha-Neu", wie der Volksmund Halle-Neustadt in Anlehnung an das kommunistische Hanoi taufte, aber hat diese Zeit tiefe Spuren hinterlassen.
"Das soll die eindeutige Stadt sein"
Die Stadt aus der Platte ist eine Shrinking City. Zugleich ist Ha-Neu mit seinen Bewohnern auf der Suche nach Zukunft und neuer Identität. Welche Perspektiven hat "Heimat Halle-Neustadt", wie das Motto zum 50. Geburtstag lautet?
Pünktlich zum Jubiläum hat Peer Pasternack, Professor und Direktor des Instituts für Hochschulforschung an der Universität Halle-Wittenberg, ein dickes Buch vorgelegt: In "50 Jahre Streitfall Halle-Neustadt" blickt er mit Zeitzeugen und Experten, mit Einwohnern, Architekten und Stadtsoziologen auf eine unerwartet vielfältige Stadt. Das Buch transportiere "ein Bild der Uneindeutigkeit, und das wiederum ist ein Bild, das gängigen Klischees widerspricht. Die Stadt ist weniger eindeutig, als sie es in der DDR gewesen war."
Zu DDR-Zeiten galt die vom Parteiapparat verordnete Sichtweise, erläutert Pasternack: "In der DDR war das implizite Leitbild derjenigen, die die Stadt erbauen ließen: Das soll die eindeutige Stadt sein. Dort gibt es keine so Ungewissheiten, auch Konflikte, Subkulturen, wie man sie ja auch in der DDR in alten Städten hatte."
In der "Stadt der Chemiearbeiter" sollten alle gleich sein, gleich wohnen, leben und arbeiten. Die Idee einer neuen modernen Stadt vom Reißbrett, beeinflusst von den Traditionen des Bauhauses, des industriellen Bauens und der Funktionstrennung, elektrisierte die Partei und die Architekten.
Als Chefarchitekt wurde 1963 Richard Paulick, einst Bauhausschüler bei Walter Gropius, berufen. Das Team für die neue Stadt umfasste hunderte von Planern, tausende Bauarbeiter. Eine Milliarde Mark Ost wurde investiert.
Ha-Neu war anders
Der Stadtplaner Karlheinz Schlesier war erst Paulicks Stellvertreter, ab 1970 sein Nachfolger als Chefarchitekt. Die Pläne waren groß damals: "Natürlich wollten wir im internationalen Maßstab etwas Vergleichbares und vom sozialen Touch sogar was Besseres machen als es andere gemacht haben. Und zwar in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln und trotzdem ein anspruchsvolles, jetzt nenn ich das mal soziales Ziel erreichen, ein stadtgestalterisches Ziel. Und man sagt ja nicht zu Unrecht, dass Halle-Neustadt in seiner Weise eigentlich das realisierte und konsequenteste Vorhaben der Nachkriegsmoderne ist. Zumindest in der damaligen DDR."
Das Stigma der monotonen späteren DDR-Großsiedlungen wie in Berlin Marzahn, Hellersdorf oder Rostock-Lichtenhagen galt für Halle-Neustadt nicht. Ha-Neu war etwas anderes - baulich, historisch und hatte Bestand im internationalen Vergleich. Karlheinz Schlesier: "Dieses gedankliche Leitbild, eine Allerweltssiedlung sollte das nicht werden. Und wir wollten im Prinzip die Stadt aus dem Baukasten. Die Stadt aus industriell gefertigten Elementen. Das waren nicht immer Plattenbauten. Die berühmten Hochhäuser in den Scheiben sind ja ganz was anderes und das ist eine Monolithbauweise, die am Thälmannplatz waren ein Stahlskelett, also moderne Bauverfahren."
Am 15. Juli 1964 wurde am westlichen Saale-Ufer, zwischen den zwei alten Dörfern Nietleben und Passendorf, mit Pomp der Grundstein gelegt. In der Stadt der Chemiearbeiter sollten einmal 70.000 Menschen in 22.000 neuen Wohnungen leben. Horst Sindermann, der damalige Erste Sekretär der SED im Bezirk Halle und spätere Präsident der DDR-Volkskammer: "In einem Zeitraum von knapp sieben Jahren soll eine moderne Stadt entstehen mit zahlreichen Wohnensembles, Schulen, Kinderkrippen, modernen Versorgungseinrichtungen, Sport- und Kulturbauten, breiten Straßen, einem repräsentativen, alles überragenden Hochhaus der Chemieindustrie - eben allem, was eine neue sozialistische Stadt ausmacht. In diesem Sinne übermittle ich allen Bauarbeitern von Halle-West die Grüße des Sekretariats der Bezirksleitung und bitte, den Akt der Grundsteinlegung zu vollziehen."
Das 110 Meter hohe Chemiehochhaus wurde nie gebaut, aber das DDR-Kind Halle-Neustadt entwickelte sich rasend schnell. Nach dem Bau eines Plattenwerks für Betonfertigteile wurde 1965 der erste "Wohnblock 612" montiert und bezogen, die erste Schule und der erste Kindergarten eröffneten. 1967 erhielt Halle-Neustadt das Stadtrecht, im selben Jahr wurden der Bahnhof für die Strecke nach Leuna sowie "Block 10" für 2.500 Bewohner fertiggestellt. Er ist mit 385 Metern das längste Wohnhaus der DDR. 1970 lebten bereits 40.000 Einwohner in Halle-Neustadt.
Eine moderne Stadt, in der manches fehlte
Man ist jung damals, hat Kinder, geht zur Arbeit ins Industriekombinat, zum Einkaufen und in die Kulturinstitutionen, aber meist nur in Gummistiefeln, rund herum wird gebaut, vier Wohnkomplexe der Hochhauscity ragen in den Himmel. Die Drei-Zimmer-Wohnungen mit Bad und Küche sind nicht gerade weitläufig, aber sehr günstig. Keine 50 Mark mussten die Mieter dafür hinlegen. Eine Erstbewohnerin erinnert sich, "dass wir sehr auf engem Raum hier auch gewohnt haben. Aber für die Kinder war das schön, die waren immer in der großen Gruppe. Die konnten zusammen spielen, man brauchte sie nicht irgendwo hinbringen zur Freundin, das ging alles. Wir hatten 59 Quadratmeter, also so eine Drei-Raum-Wohnung."
Während die Altstädte in der DDR zusammenfielen, entstand in Ha-Neu bis 1989 eine breite Magistrale, die von Halle herüberführte. Entlang dieser drei Kilometer langen Achse reihten sich erst vier, dann acht Wohnkomplexe mit 5-, 11-, 17-, und 22-geschossigen Zeilen- und Turmbauten.
Y-förmige Hochhäuser, geschwungene Schalendächer für Kindergärten, Parks, Sportstadien, 185 Kunstwerke des sozialistischen Realismus im öffentlichen Raum zierten die Großstadt mit zeitweise fast 100.000 Bewohnern.In der auch manches fehlte: ein Rathaus, die Straßenbahn, die Stadthalle, ein wirkliches Zentrum hatte Ha-Neu nicht.
"Es könnte laufen wie woanders auch
doch irgendwo steht einer auf dem Schlauch
Es könnte laufen wie woanders auch
doch irgendwo steht einer auf dem Schlauch."
doch irgendwo steht einer auf dem Schlauch
Es könnte laufen wie woanders auch
doch irgendwo steht einer auf dem Schlauch."
Zweifellos orientierte sich Halle-Neustadt am Bauhaus und am modernen Städtebau. In den 1960er und '70er Jahren entwarfen die Planer weltweit Großsiedlungen und wahre Instant-Citys wie in der Berliner Gropiusstadt, in Malmö-Rosengard oder in Paris-Nanterre. Dennoch bleibt der DDR-Plattenbau ein Sonderfall, wie Philipp Oswalt, Professor für Architekturtheorie und bis 2014 auch Direktor am Bauhaus Dessau, feststellt:
"Also es war eine Idee aus der klassischen Moderne und damit auch dem Bauhaus, durch Industrialisierung des Bauwesens Bauen billiger, wirtschaftlicher zu machen. Es gab schon auch immer die Gleichzeitigkeit einerseits einer Suche nach Standardisierung, Vereinfachung, Serienproduktion – aber dann auch immer wieder das Ausbrechen in individuelle Gestaltung und neue Raumexperimente."
Der Sozialismus wurde inszeniert
Beim DDR-Plattenbau - aber auch anderswo - wurden diese Experimente durch die schiere Masse des Wohnungsbauprogramms und einen Bauwirtschaftsfunktionalismus erstickt, meint Oswalt:
"Es gibt die analoge Entwicklung auch in Westdeutschland oder in Frankreich, in andren Ländern, wo plötzlich das, was auch als ein Freiheitsversprechen in dieser Architektur angelegt war, reduziert wird auf ein reines Effizienzdenken. Das ist so ein bisschen die Tragik von Halle-Neustadt und den ganzen Plattenbausiedlungen in Ostdeutschland, dass das, was als gesellschaftlicher Entwicklungsraum und Emanzipation und Freiheitsversprechen, dass das alles in dieser verengten Sicht auf der Strecke geblieben ist."
Statt dessen wurde der Sozialismus inszeniert. Zu Recht bezeichnet Peer Pasternack Ha-Neu als symbolisch und ideell überfrachtet:
"Was bedeutete es denn, eine sozialistische Stadt zu sein, was gehörte da dazu? Ein sozialistisches Wohnkonzept, ein sozialistisches Familienleben, sozialistische Hausgemeinschaftsbeziehungen. Das waren so viele politische Ideen, die man den Einwohnern dieser Stadt angesonnen hat, das war eine schlichte Überforderung."
Alles musste anders sein, sogar Straßennamen fehlten in Halle-Neustadt. Statt dessen waren die Wohnblocks im Uhrzeigersinn durchnummeriert. Bodo Wylezich, früherer Kabarettist der Halle-Neuspötter:
"Wenn Du in Halle-Neustadt mal
ne Liebste willst besuchen.
Dann gehste ziemlich schnell am Stock
und fängst bald an zu fluchen.
Die Straßen sind hier namenlos
man muss nach Zahlen wandern.
Und find'ste endlich Deine Braut
hat sie schon längst 'nen andern."
ne Liebste willst besuchen.
Dann gehste ziemlich schnell am Stock
und fängst bald an zu fluchen.
Die Straßen sind hier namenlos
man muss nach Zahlen wandern.
Und find'ste endlich Deine Braut
hat sie schon längst 'nen andern."
Die Erstmieter waren nach und nach weg
Ziel war auch die Hausgemeinschaft als aktives Kollektiv. Doch waren die nachbarschaftlichen Beziehungen nicht intensiver als in alten Städten, nicht zuletzt weil in vielen Wohnblocks die Gemeinschaftsräume fehlten. Trotzdem, sagt Peer Pasternack, halte sich der Mythos der guten Nachbarschaft bis heute. Ein 73-Jähriger: "45 Jahre Halle-Neustädter gewesen, Erstbezug. Aber die letzten zehn Jahre wollte meine Frau schon immer wegziehen, weil sich das allgemein verschlechtert hat, auch im Haus. Die anderen Mieter, die Erstmieter, mit denen wir ja zusammen eingezogen waren, die waren nach und nach alle weg. Und was dann einzog, das war an sich teilweise nicht mehr zu vertragen."
"Manch Zeitgenosse uns'rer Stadt
will nichts vom Nachbarn wissen
wenn der nichts zu vertauschen hat,
kann er ihn sehr gut missen.
Was er sich leistet, dieser Star
das ist nur erste Güte.
Kauft nur im Ex und seit drei Jahr
bezahlt er keine Miete."
will nichts vom Nachbarn wissen
wenn der nichts zu vertauschen hat,
kann er ihn sehr gut missen.
Was er sich leistet, dieser Star
das ist nur erste Güte.
Kauft nur im Ex und seit drei Jahr
bezahlt er keine Miete."
Kritisches Interesse an der Plattenlandschaft und an Halle-Neustadt hatten zu Vor-Wende-Zeiten nicht nur Literaten wie Rainer Kirsch oder Brigitte Reimann. Stadtsoziologen der früheren Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar etwa wollten wissen, wie die Einwohner selbst Ha-Neu wahrnahmen und waren überrascht, dass diese den Ort als "Ungefüge" beschrieben - trotz des simplen Stadtgrundrisses und klarer funktionaler Zuordnungen.
"Weil niemand wusste: Wie funktionieren die eigentlich? Also die sind ja auf Verdacht gebaut worden. Verdacht hinsichtlich dessen: Wie entwickeln sich dort soziale Beziehungen? Das war ein ewiger Streitpunkt zwischen denjenigen, die am Anfang der Stadt sie konzipiert haben, also Paulick und sein Team, die haben immer insistiert und haben gesagt. Wir müssen die Stadt so flexibel halten, dass sie später noch änderbar ist, wenn es sich als nötig erweist. So ein Beispiel: Braucht diese Stadt eine Straßenbahn?"
Erst 1999 wurde diese Straßenbahnlinie entlang der Magistrale gebaut. Wie überhaupt sich die Neustadt seitdem radikal verändert hat: 70 Prozent des Wohnungsbestandes sind saniert und farblich neu gestaltet, 15 Prozent teilsaniert – und rund 4.800 Wohnungen rückgebaut. Die Stadt plant, in den kommenden zehn Jahren weitere Wohnblocks mit bis zu 2.500 Wohnungen abzureißen.
Zunehmende Kinder- und Altersarmut bereitet Sorgen
Heute weist der Stadtteil in sich große Unterschiede auf: Klaffen im nördlichen Ha-Neu große Abrisslücken, offenbart das Wohngebiet "Südpark" südlich der Magistrale noch viele heruntergekommene Fünfgeschosser. Die Quartiersmanagerin Jana Kirsch: "Hier ist halt auch viel Leerstand. Hier im Südpark haben wir viele junge alleinerziehende Mütter auch. Und wie gesagt, die Struktur der Eigentümer der Wohnblöcke ist hier auch ziemlich schwierig. Hier wohnt keiner mehr. Da drüben auch nicht, so wie es aussieht."
Nicht mehr die Neonazis bereiten der Quartiersmanagerin heute Kopfzerbrechen, sondern die zunehmende Kinder- und Altersarmut. Ein Drittel der Neustädter Kinder leben in Familien, die Arbeitslosengeld oder Hartz IV beziehen. 27 Prozent der Einwohner bekommen Arbeitslosengeld.
Die einstige Chemiearbeiterstadt ist nicht mehr. Trotzdem sehen viele in der Doppelstadt Halle und Halle-Neustadt heute wieder eine Chance, ebenso im Umbauprogramm für das Quartier. Wege aus der sozialen Tristesse zeigen Projekte wie das Mehr-Generationen-Haus oder ein toller Skaterpark mitten im Zentrum. Frank Torsten Böger leitet die Geschichtswerkstatt im Stadtteil. "Die Jugendlichen, die kommen teilweise aus 50 Kilometer Entfernung, um diesen Skaterpark nutzen zu können. Der Skaterpark selbst ist Teil der Internationalen Bauausstellung 2010 und hat Halle-Neustadt auf jeden Fall absolut aufgewertet."
Insbesondere das Wohnen für junge Familien soll wieder zeitgemäßer werden: durch Aufzüge und neue Wohnungsgrundrisse mit großen Wohnküchen und großen Bädern. Im nördlichen Neustadt etwa steht das Vorzeigeobjekt Townhäuser – ein Wohnblock, aus dem im oberen Stock Teile herausgeschnitten sind, um Dachterrassen Platz zu machen.
"Das sind so Einfamilienhäuser im Wohnblock drin, ja. Indem man hier auch so ein kleines Vorgärtchen den Leuten gibt, der jetzt hier von der Öffentlichkeit abgetrennt ist durch so ne Mauer, dass die auch so ein bisschen Privatsphäre haben. Das ist ein Projekt, das ziemlich cool angekommen ist."
Wir verstehen heute Stadt ganz anders
Frank Torsten Böger, der schon als Kind hier wohnte, erzählt, dass wieder Menschen mit besserem Einkommen und auch manche Studenten herziehen. Am großen Stadtmodell erklärt er, warum er sich nicht um Ha-Neu sorgt: "Ich bin natürlich dran interessiert, dass Halle-Neustadt sich auch insgesamt stabilisiert, dass Halle-Neustadt dieses Schmuddelimage verliert. Ich sage mal, Halle-Neustadt ist auf einem guten Weg. Aber der gute Weg könnte natürlich auch heißen, dass die Segregation in Halle-Neustadt voll zuschlägt, dass dann die Mieten anziehen, gerade dritter, vierter Wohnkomplex durch die Studenten, die zusehends nach Neustadt finden. Mir ist um Neustadt wirklich nicht bange."
Philipp Oswalt hat Halle-Neustadt noch nie abgeschrieben. Der frühere Bauhaus-Direktor hat etwa als Leiter des internationalen Forschungsprojekts "Schrumpfende Städte" schon früh Perspektiven aufgezeigt. Er bezeichnet die Neustadt als wichtigste Neubausiedlung Ostdeutschlands und Testlabor: "Die Idee dieser funktionsgetrennten Stadt ist ja schon länger nicht nur in der Kritik, sondern auch überwunden, wir verstehen heute Stadt sehr sehr anders und ich glaube das Potenzial hat dieser Standort sehr. Gerade Halle-Neustadt würde es darum gehen mit anderen Nutzungsstrukturen aber auch mit anderen Eigentümerstrukturen diese Siedlung weiterentwickeln. Wo wir in 50 Jahren stehen, weiss keiner."
Das Selbstimage Halle-Neustadts ist heute gut und deutlich besser als sein Fremdimage, sagt Buchautor Peer Pasternack.
Allerdings steht seiner Meinung nach die Zukunft des Stadtteils auf dem Spiel: In 30 Jahren muss entschieden werden, ob die Häuser grundsaniert werden - oder ob der westlichste Teil von Halle nicht mehr gebraucht und komplett rückgebaut wird.
Deshalb braucht Ha-Neu über einzelne Projekte hinaus eine neue produktive Funktion. Peer Pasternack schlägt pünktlich zum 50. Geburtstag des Stadtteils vor, diesen zur Hauptstadt der kulturellen und sozialen Integration Sachsen-Anhalts zu machen. Junge Familien und Studierende des benachbarten Campus Heide-Süd könnten mit bezahlbaren Mieten überzeugt werden, hierherzuziehen. Allerdings nur, wenn sie die entsprechende Infrastruktur vorfinden wie Wohnraum für WG's, Cafés oder Probenräume für Musikbands.