"Insbesondere in den 70ern- bis in die 1990er-Jahre hinein können wir in einer Reihe von Industrieländern oder auch europäischen Ländern Trends zur Frühverrentung erkennen",
... sagt Prof. Dirk Hofäcker, Soziologe an der Universität Duisburg Essen.
"Ab den 1990er-Jahren, insbesondere ab Mitte der 1990er-Jahre, sehen wir hier eine zunehmende Umkehr, da insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Folgen des demografischen Wandels immer stärker wahrgenommen werden, diese Frühverrentung als nicht mehr tragbar angesehen wird, Stichwort: Finanzierung der Rentensysteme. Es kommt dann in diesen Jahren zu einer politischen Abkehr von dieser Politik der Frühverrentung sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationaler Ebene, sodass eine Reihe von Maßnahmen eingeführt werden, die es älteren Arbeitnehmern wieder erleichtern sollen, im Erwerbsleben zu bleiben."
Wissenschaftliches Projekt zur Ruhestandsentscheidung
Dirk Hofäcker ist Leiter eines internationalen wissenschaftlichen Projektes mit dem etwas sperrigen Titel: "Determinanten der Ruhestandsentscheidung in Europa und den USA" an dem 13 Länder beteiligt sind. Das Projekt läuft zwar noch bis 2015, doch erste - zum Teil noch unveröffentlichte Ergebnisse - liegen schon vor.
"Wir sehen eine Reihe von Ländern, wo die Alterserwerbstätigkeit auch unter dieser Politik der Umkehr der Frühverrentung nach wie vor stagniert", beschreibt der Wissenschaftler den Status quo.
"Italien ist ein Beispielfall, der auf relativ niedrigem Niveau der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer verblieben ist. Wir sehen einige Länder, wo nach einer ursprünglichen Umkehr des Frühverrentungstrends die Krise wieder einen negativen Effekt gehabt hat, und dann gibt es eine Reihe von Ländern, da gehört auch Deutschland dazu, in denen insbesondere im letzten Jahrzehnt ein deutlicher Anstieg der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer zu beobachten ist. Also insbesondere Deutschland und die Niederlande haben hinsichtlich der Umkehr des Frühverrentungstrends hier deutliche Erfolge vorzuweisen und hinsichtlich der Alterserwerbstätigkeit deutlich aufgeholt."
Das Ergebnis deckt sich mit einer aktuellen repräsentativen Umfrage unter 55- bis 70-Jährigen, durchgeführt vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung.
"Wenn wir uns die Gruppe der erwerbstätigen Ruheständler anschauen, dann handelt es sich um eine wachsende Gruppe", sagt Dr. Andreas Mergenthaler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut.
"Wir beobachten gerade bei den Erwerbstätigen über 65 in den letzten Jahren doch recht starke Zuwächse. Das sind Personen, die bereits eine Altersrente oder Pension beziehen aber sich dann trotzdem nochmal entschließen, erwerbstätig zu sein. Wir reden da momentan von ungefähr 830.000 Personen bundesweit."
Immerhin 23 Prozent der Altersgruppe.
"Wobei das praktisch nicht nur ein Alterseffekt ist, dass es mehr Ältere in der Bevölkerung gibt, sondern tatsächlich auch ein Verhaltenseffekt. Die älteren Menschen wollen auch stärker erwerbstätig sein."
Faktoren für hohe Zahl an älteren Erwerbstätigen
Ob jemand länger arbeitet, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Dazu gehört die eigene und berufliche Bildung, Fort- und Weiterbildungen während des Berufslebens und natürlich die gesundheitliche Situation. Dirk Hofäcker:
"Im internationalen Vergleich spielt aber insbesondere noch die Frage, wie die Politik ausgestaltet ist, eine ganz zentrale Rolle. Länder, in denen die Politik tatsächlich die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer aktiv fördert, sei es beispielsweise durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen oder durch Maßnahmen des lebenslangen Lernens, sind in der Regel auch die Länder, die eine relativ hohe Alterserwerbstätigkeit aufweisen können."
Lebenslanges Lernen heißt aber auch kontinuierliches Lernen und nicht erst hektische Betriebsamkeit ab Mitte 50. Dirk Hofäcker warnt allerdings davor, diese Aspekte isoliert zu sehen. So lasse sich der Politikansatz erfolgreicher Länder wie der skandinavischen nicht einfach kopieren. In diesen Ländern spielt nämlich lebenslanges Lernen traditionell eine große Rolle.
Um die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer zu erhöhen, müssen weitere Faktoren hinzukommen.
"Was ja auch eine ganz wichtige Rolle spielt, ist die Kultur am Arbeitsplatz oder die Einstellung gegenüber älteren Menschen überhaupt. Meistens sind es eben diese Länder, die hier eine positive oder altersfreundliche Kultur aufweisen, in der Gesamtbevölkerung aber auch am Arbeitsplatz, denen es entsprechend leichter gelingt, auch solche politischen Maßnahmen umzusetzen. Das Ganze muss auch in einem umgreifenden Einstellungswandel und kulturellen Wandel eingebettet sein."
Altersbilder in Deutschland
Welche Altersbilder in Deutschland vorherrschen, hat auch Andreas Mergenthaler in seiner Studie abgefragt:
"Eine Mehrzahl der Bevölkerung schätzt ältere Menschen als zuverlässig ein, an zweiter und dritter Stelle werden da Werte oder Fähigkeiten genannt wie Kompetenz und Loyalität. Eher leistungsbezogene Begriffe wie Zielstrebigkeit, Produktivität oder Lernbereitschaft werden hingegen deutlich weniger häufig genannt."
Allerdings ergab die Befragung in dem Punkt "Leistungsbezug" Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.
"Gerade, was so die leistungsbezogenen Charakteristika anging, also Produktivität, Flexibilität, Risikofreudigkeit als Bestandteile von Altersbildern, wurden interessanterweise von den Befragten in den neuen Bundesländern positiver eingeschätzt als das in den alten Bundesländern der Fall war."
Die Wissenschaftler vermuten:
"Dass es sich dabei um unterschiedliche Sozialisationseffekte handelt. Es geht ja hier um ältere Personen, die ihre primäre Prägung und Erziehung in unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Systemen erhalten haben. Und gerade in der DDR, die sich ja sehr stark als eine Arbeitsgesellschaft verstanden hat, sind wahrscheinlich diese arbeitsbezogenen Motive auch sehr viel stärker verankert als das in Westdeutschland der Fall war, und das zieht sich wahrscheinlich auch durch den gesamten Lebenslauf."
Kritische Lebensphase
Auch wenn viele den Ruhestand herbeisehnen, gehört er mit seinen tiefgreifenden Änderungen zu den kritischen Ereignissen im Verlauf eines Lebens.
"Die kritische Lebensphase besteht darin, dass hier doch eine Reorganisation des alltäglichen Lebens zu bewerkstelligen ist", sagt Klaus Schömann, Professor an der Jakobs Universität Bremen und am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung. So wisse man aus der Forschung, "dass man den Ruhestand oder diesen Übergang, die kritische Phase, eigentlich länger vorbereiten sollte."
Aber auch selbst wenn genügend Zeit da ist, sich mental darauf vorzubereiten, kann das Rentnerdasein anders empfunden werden als gedacht.
"Man kann es sich vielleicht wenig vorstellen, wie der Ruhestand einmal aussehen wird. Es ist vielleicht ein ähnlich großer Übergang wie man häufig auch den Universitätsabsolventen, Schulabsolventen vorwirft: Ihr könnt Euch ja eigentlich gar nicht vorstellen, was das Arbeitsleben wirklich heißt. Genauso geht es den Ruheständlern. Sie können sich meistens auch nicht vorstellen, was das wirklich heißt: Ich habe von morgens bis abends viel Zeit plötzlich zur Verfügung, die gefüllt werden muss."
Wie Mitarbeiter diese Zeit des Übergangs erleben, zeigt eine Studie, die schon vor einigen Jahren von mehreren Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Mit dabei waren Prof. Klaus Schömann und Prof. Ursula Staudinger, seit einem Jahr an der Columbia University in New York. Titel der Studie: "Die Bedeutung der Arbeit beim vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsleben". Auch wenn die Befragung 2006 durchgeführt wurde, hat sie nach wie vor Relevanz.
"Was uns dabei interessiert hat, war die Einschätzung, die wir haben können hinsichtlich des Wertes von Arbeit bzw. des Wertes von Ruhestand, wie wir uns fühlen werden, wenn wir dann tatsächlich im Ruhestand sind und nicht mehr arbeiten", sagt Ursula Staudinger.
Altersteilzeit
Die beteiligten Wissenschaftler nutzten die Chance, Mitarbeiter eines Unternehmens zu befragen, das ältere Beschäftigte über das Instrument der Altersteilzeit frühzeitig ausgliederte:
"Umgesetzt als Blockmodell wie in den meisten Unternehmen, das heißt, es gab Mitarbeiter, die schon in der sogenannten passiven Phase waren, also nicht mehr arbeiteten und solche Mitarbeiter, die noch in der aktiven Phase des Frühruhestandsmodells waren, also noch arbeiteten aber genau wussten, dann und dann werde ich in Ruhestand gehen."
Aus anderen Studien war bekannt, dass Mitarbeiter nicht ungern das Altersteilzeitmodell nutzten, lockten doch bezahlte Freizeit und maximale Freiheit noch vor dem regulären Ruhestand. Bei dieser Untersuchung ging es jetzt um die simple Frage:
"Würden Sie gerne weiter arbeiten, also für die in der aktiven Phase, oder, wenn sie schon in der passiven Phase waren, würden Sie gerne wieder arbeiten?"
Immerhin konnten sich doch noch 57 Prozent der Aktiven vorstellen, auch weiterhin zu arbeiten und nicht in den vorgezogenen Ruhestand zu gehen. Überrascht hingegen hat die Wissenschaftler:
"Dass aber in der Gruppe, die sich schon seit im Durchschnitt einem Jahr in der passiven Phase befunden haben, dieser Anteil bis auf 85 Prozent der Befragten hochgegangen ist, was für uns dann die Interpretation nahelegte, dass wir in dem Moment, indem dann die Arbeit wegfällt und wir in diese späte Freiheit, nämlich den Ruhestand, entlassen werden, feststellen und an uns selber erleben und erfahren können, welche Funktion und Wichtigkeit Arbeit für unseren Alltag, für unser Wohlbefinden und unser Selbstverständnis hat."
Dieser Befund wiegt umso schwerer, da es sich bei den Befragten um Facharbeiter eines Energieunternehmens und nicht um Akademiker handelte:
"Das waren Monteure, die bei Wind und Wetter rausmussten und eventuell auch mal hochklettern mussten auf die Masten, um da zu reparieren. Das hat uns auch sehr erstaunt und uns bestärkt darin, dass die Wichtigkeit für die Selbstdefinition von Arbeit, glaube ich, in der Vergangenheit unterschätzt wurde, da wir sehr stark darauf fokussiert sind, dass dies eine Errungenschaft ist, dass man es sich leisten kann in einem Gemeinwesen aus der Arbeit auszuscheiden, obwohl man noch gesund ist und eigentlich arbeiten könnte."
Persönliche Vorstellung vom Ruhestand
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: die persönliche Vorstellung von Ruhestand, meint Prof .Klaus Schömann:
"Ich glaube, das hängt sehr stark an der Schwierigkeit, sich das vorzustellen, wenn man in der Routine drin ist und auch in dem stressreichen Alltagsleben, sich dann vorzustellen, dass da der große Bereich des Stressors - da das Arbeitslebens - auch ein guter Stress sein kann teilweise. Es gibt ja auch interessante Aspekte von Treffen mit Kollegen. Solche Aspekte gehen dann oft verloren. Das kann man sich vorher gar nicht vorstellen. Am Rande findet eben auch viel an sozialen Kontakten statt, und diese Umstellung kann man sich wahrscheinlich gar nicht so gut vorstellen."
Viele verbinden mit der Arbeit mehr als nur mühseligen Broterwerb. Das zeigt auch die aktuelle Studie, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung kürzlich veröffentlicht hat. Andreas Mergenthaler:
"Arbeit bedeutet generell für die Befragten, also unabhängig davon, ob sich die Personen bereits im Ruhestand befinden oder nicht, vor allen Dingen, eine sinnvolle Aufgabe zu haben. Über 90 Prozent der Befragten haben dieser Aussage zugestimmt. Stark sind auch eher soziale Motive, also Kontakt zu anderen Menschen, Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, aber auch die Weitergabe von Wissen und Erfahrung, das sind recht starke Motive, die da genannt werden."
Seltener nannten die befragten Älteren Aspekte wie "einen strukturierten Tagesablauf haben". Auch die Motivation, Geld zu verdienen, reduzierte sich. Das liegt daran, mutmaßen die Wissenschaftler, dass die Befragten Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bekamen und somit stärker abgesichert waren. Das Motiv, Geld zu verdienen, tritt im Alter anscheinend immer stärker in den Hintergrund.
"Es gibt Möglichkeiten, dass natürlich berufliche Fähigkeiten, wenn jemand ein Organisationstalent hat, dann nimmt er diese Kompetenz natürlich auch mit in den privaten Bereich hinein. Oder wenn es eine Person ist, die besonders interessiert ist an großen Netzwerken, die wird das auch im Ruhestand in anderen Funktionen, familiären Funktionen, Vereinsarbeit, das kann der Chor sein, das kann der Sportverein sein, das können kulturelle Aktivitäten im weitesten Sinne natürlich auch sein, karikative Bereiche, in denen die Personen nach wie vor ihre organisatorischen Kompetenzen mit einsetzen."
Traditionell sind es überwiegend Männer, die im Alter noch einer bezahlten Arbeit nachgehen oder sich in den Vorstand eines Vereins wählen lassen. Traditionell widmen die Frauen ihre neue freie Zeit eher familiären oder karitativen Aufgaben. Es ist heutzutage kein Novum, wenn die 65-jährige Tochter die 90-jährige Mutter pflegt. Wichtig ist, so Prof. Klaus Schömann, sich vor der Verrentung Gedanken über neue Aufgaben zu machen.
"Diejenigen, die den Ruhestand vorbereitet haben und gewisse Tagesablauf-Routinen drin hatten, die sie dann mit ehrenamtlicher Arbeit gefüllt haben oder so, bei denen war es kein Problem, aber viele andere haben sich schon wieder festere Strukturen gewünscht."
Freiwilliges und ehrenamtliches Engagement
Aktuelle Umfragen zeigen, dass ein relativ hoher Prozentsatz an Pensionären sich freiwillig und ehrenamtlich engagiert, sagt Dr. Andreas Mergenthaler mit Blick auf seine Studie.
"Das sind ungefähr 45 Prozent dieser Personen. Die Motive überschneiden sich recht stark bei diesen Tätigkeiten, also unabhängig davon ob das jetzt Erwerbsarbeit oder bürgerschaftliches, freiwilliges oder ehrenamtliches Engagement ist, steht im Vordergrund Spaß an der Tätigkeit zu haben aber auch wieder die genannten sozialen Motive, also Kontakt zu Menschen, Menschen helfen, Wissen weiterzugeben rangieren da auch wieder ganz weit vorne, sowohl beim Ehrenamt als auch bei der Erwerbsarbeit."
Es gibt einen weiteren Zusammenhang zwischen ehrenamtlichen Aktivitäten und Erwerbsarbeit im Alter. So konnten die Wissenschaftler beobachten, dass aktive Menschen ein höheres Maß an Lebenszufriedenheit haben als inaktive. Die Tatsache an sich sagt allerdings erstmal wenig aus, gibt Andreas Mergenthaler zu bedenken.
"Ob das Ganze jetzt ein kausaler Zusammenhang ist, ob jetzt wirklich Erwerbsarbeit oder ehrenamtliches Engagement wirklich ursächlich die Person glücklicher macht, oder ob es eher so ist, dass die eher Zufriedenen dann auch geneigt sind, in einem solchen Alter einer Tätigkeit nachzugehen, können wir zumindest im Moment mit unserer Studie noch nicht beantworten."
Auch wenn diese Frage noch nicht endgültig beantwortet ist, könnte für Mitarbeiter und Unternehmen ein Trennungsmanagement sinnvoll sein, meint Prof. Klaus Schömann. Schon jetzt befürchten Unternehmen, das durch die neuen Regelungen der Rente mit 63, qualifizierte Mitarbeiter kündigen.
Vor dem Hintergrund der Altersteilzeit-Studie empfiehlt der Wissenschaftler, keine endgültigen Entscheidungen vorzeitig zu treffen. Sonst könne das passieren, was vor Jahren bei der Facharbeiter-Studie herausgekommen ist: Nämlich dass viele zu spät realisieren, dass sie doch ganz gern noch weitergearbeitet hätten.
"Es würde wahrscheinlich vielen guttun, wenn sie im Laufe des langen Arbeitslebens, Zeiten der Weiterbildungsphasen wahrnehmen würden oder sogenannte Sabbaticals, dass man mal diesen Abstand wieder gewinnt, weil viele Personen, die während des Arbeitslebens ein Sabbatical nehmen, auch wenn es nur einige Monate sind oder Wochen, einen längeren Urlaub teilweise schon, man kommt mit einer anderen Perspektive wieder zurück und schätzt Dinge, die sonst fast ausschließlich als belastend empfunden werden. Das war für uns auch eine interessante Entdeckung an dieser Studie."
Flexibilisierung des Renteneintrittsalters
In einem Punkt sind sich die Wissenschaftler einig: Die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters würde den individuellen Bedürfnissen der Arbeitnehmer eher gerecht werden als ein auf eine fixes Datum angelegte Pensionsgrenze. Prof. Dirk Hofäcker:
"Es gibt ja einige Länder, die skandinavischen Länder beispielsweise, die dies zum Teil recht erfolgreich umsetzen. Und auf den ersten Blick erscheint das gerade deswegen eine sinnvolle Strategie, da wir auch in unserem Projekt Analysen gesehen haben, dass Arbeitnehmer sich natürlich unterscheiden hinsichtlich ihrer Bildung, hinsichtlich ihres beruflichen Hintergrunds, hinsichtlich ihrer Gesundheit."
Prof. Ursula Staudinger geht noch einen Schritt weiter. Die Entwicklungspsychologin plädiert für eine generelle Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit:
"Wenn das, was wir aus der Lebensverlaufspsychologie und Soziologie eigentlich seit Jahrzehnten wissen, ernstgenommen wird, dann wird sich das auf das gesamte Berufsleben ausdehnen, diese Flexibilisierung, nämlich die Möglichkeit, Prozentsätze des Arbeitens, des Lernens und des Privatlebens gegeneinander flexibel zu verschieben, das heißt, der klassische Berufsverlauf: Ausbildung am Anfang, dann Einstieg ins Arbeitsleben, 100 Prozent Arbeit, also Vollzeittätigkeit für 40 Jahre und dann falle ich aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand und versuche dann, irgendwie diese Jahre dann noch zu verbringen, das ist absolut passé, und man kann sich nur wünschen, dass unser länger gewordenes Leben - denn für alle noch mal in Erinnerung zu rufen - wir haben in den letzten 100 Jahren 30 Lebensjahre an durchschnittlicher Lebenserwartung dazugewonnen, also dieses längere Leben neu zu gestalten."