Geschichtsunterricht an der Grundschule "Karl IV." in Ùsti nad Labem. Michaela Basusova fährt mit dem Finger auf der Wandkarte entlang und zeigt ihren Schülern der 9. Klasse, wo der Eiserne Vorhang verlaufen ist. Danach übergibt sie Marie Chalupova das Wort – die 86-Jährige ist heute als Zeitzeugin zu Gast im Unterricht. Während sie ihre Geschichte erzählt, ist es mucksmäuschenstill im Klassenzimmer. Es ist eine traurige Geschichte - von willkürlichen Festnahmen, brutalen Verhören und menschenunwürdigen Haftbedingungen. Und gleichzeitig von dem Mut einer Frau, die sich davon nicht hat brechen lassen. Als es zur Pause klingelt, stürmen die Schüler nicht wie sonst aus der Klasse, sondern bleiben ganz selbstverständlich auf ihren Plätzen.
"Das ist schwer vorstellbar, dass Menschen für etwas verurteilt wurden, was sie gar nicht gemacht haben. Einfach ungerecht. Da wird einem mal klar, wieviel besser es uns heute geht als den Leuten früher. Ich würde gerne mehr darüber erfahren."
"Ich hätte nicht gedacht, dass das so grausam war damals, ich hatte gar keine Vorstellung davon. Ich wusste zwar, dass meine Eltern hinter dem Eisernen Vorhang gelebt haben, aber nichts Genaueres. Zuhause sprechen wir nicht darüber."
Und auch in vielen tschechischen Schulen wird nicht darüber gesprochen – paradoxerweise, denn die jüngste Vergangenheit ist die Epoche, die Schüler am meisten interessiert.
Dass die Zeit nach 1945 im Unterricht dennoch häufig unter den Tisch fällt, hat verschiedene Gründe: Ein Teil der Lehrer fühlt sich überfordert, eigene Schwerpunkte zu setzen und hakt chronologisch eine Epoche nach der anderen ab – für die Zeit nach 1945 bleibt am Ende oft ganz banal keine Zeit mehr.
"Ein Teil der Lehrer weicht dem Thema aber auch bewusst aus – aus Angst vor der Frage: Wie haben Sie sich denn damals verhalten? Damit müssen die Lehrer rechnen, denn die heutigen Schüler scheuen sich nicht mehr, solche Fragen zu stellen."
Sagt Katerina Saparova von der Nichtregierungsorganisation "Mensch in Not". Und dann gäbe es noch eine dritte Gruppe von Lehrern, die die Zeit des Kommunismus im Unterricht gerne thematisieren wollen, aber nicht wissen, wie. Für sie hat "Mensch in Not" 2005 das Dokumentarfilm- und Zeitzeugenprojekt "Geschichten des Unrechts" initiiert: didaktisch aufbereitete Filme, Zeitzeugengespräche und pädagogische Seminare.
Die Grundschule "Karl IV." in Usti ist eine von über 700 Schulen, die heute an dem Projekt beteiligt sind. Für Michaela Basusova ist es eine willkommene Unterstützung: Als sie 1991 als junge Referendarin in den Schuldienst kam, musste sie sich die Lehrmaterialien noch selbst zusammensuchen – Schulbücher über die Zeit gab es noch nicht. Heute können die Lehrer zwar aus einer breiten Palette an Lehrbüchern wählen, wichtiger seien aber anschaulichere Materialien und Diskussionen, sagt Basusova:
"Für mich ist das Wichtigste, dass die Kinder Geschichtsunterricht nicht nur als Auswendiglernen von Fakten und Daten begreifen. Sondern als einen lebendigen Prozess. Und dass sie verstehen, Geschichte ist keine abgehakte Epoche, sondern kann sich auch wiederholen. Und damit sie es nicht tut, müssen wir uns mit ihr beschäftigen."
Immer mehr Lehrer sehen das ähnlich. Neben "Mensch in Not" gibt es inzwischen auch andere Organisationen, die die Schulen dabei unterstützen.
"Aber nicht nur das Interesse der Schulen wächst". Auch die einzelnen Schüler beginnen zu begreifen, dass das alles nicht so eindeutig ist mit der jüngsten Geschichte. Sie hören zuhause etwas darüber, lesen etwas anderes in der Zeitung und in der Schule hören sie wieder ein bisschen etwas anderes. Und sie möchten sich ihre eigene Meinung bilden. Das ist ganz offensichtlich."
"Das ist schwer vorstellbar, dass Menschen für etwas verurteilt wurden, was sie gar nicht gemacht haben. Einfach ungerecht. Da wird einem mal klar, wieviel besser es uns heute geht als den Leuten früher. Ich würde gerne mehr darüber erfahren."
"Ich hätte nicht gedacht, dass das so grausam war damals, ich hatte gar keine Vorstellung davon. Ich wusste zwar, dass meine Eltern hinter dem Eisernen Vorhang gelebt haben, aber nichts Genaueres. Zuhause sprechen wir nicht darüber."
Und auch in vielen tschechischen Schulen wird nicht darüber gesprochen – paradoxerweise, denn die jüngste Vergangenheit ist die Epoche, die Schüler am meisten interessiert.
Dass die Zeit nach 1945 im Unterricht dennoch häufig unter den Tisch fällt, hat verschiedene Gründe: Ein Teil der Lehrer fühlt sich überfordert, eigene Schwerpunkte zu setzen und hakt chronologisch eine Epoche nach der anderen ab – für die Zeit nach 1945 bleibt am Ende oft ganz banal keine Zeit mehr.
"Ein Teil der Lehrer weicht dem Thema aber auch bewusst aus – aus Angst vor der Frage: Wie haben Sie sich denn damals verhalten? Damit müssen die Lehrer rechnen, denn die heutigen Schüler scheuen sich nicht mehr, solche Fragen zu stellen."
Sagt Katerina Saparova von der Nichtregierungsorganisation "Mensch in Not". Und dann gäbe es noch eine dritte Gruppe von Lehrern, die die Zeit des Kommunismus im Unterricht gerne thematisieren wollen, aber nicht wissen, wie. Für sie hat "Mensch in Not" 2005 das Dokumentarfilm- und Zeitzeugenprojekt "Geschichten des Unrechts" initiiert: didaktisch aufbereitete Filme, Zeitzeugengespräche und pädagogische Seminare.
Die Grundschule "Karl IV." in Usti ist eine von über 700 Schulen, die heute an dem Projekt beteiligt sind. Für Michaela Basusova ist es eine willkommene Unterstützung: Als sie 1991 als junge Referendarin in den Schuldienst kam, musste sie sich die Lehrmaterialien noch selbst zusammensuchen – Schulbücher über die Zeit gab es noch nicht. Heute können die Lehrer zwar aus einer breiten Palette an Lehrbüchern wählen, wichtiger seien aber anschaulichere Materialien und Diskussionen, sagt Basusova:
"Für mich ist das Wichtigste, dass die Kinder Geschichtsunterricht nicht nur als Auswendiglernen von Fakten und Daten begreifen. Sondern als einen lebendigen Prozess. Und dass sie verstehen, Geschichte ist keine abgehakte Epoche, sondern kann sich auch wiederholen. Und damit sie es nicht tut, müssen wir uns mit ihr beschäftigen."
Immer mehr Lehrer sehen das ähnlich. Neben "Mensch in Not" gibt es inzwischen auch andere Organisationen, die die Schulen dabei unterstützen.
"Aber nicht nur das Interesse der Schulen wächst". Auch die einzelnen Schüler beginnen zu begreifen, dass das alles nicht so eindeutig ist mit der jüngsten Geschichte. Sie hören zuhause etwas darüber, lesen etwas anderes in der Zeitung und in der Schule hören sie wieder ein bisschen etwas anderes. Und sie möchten sich ihre eigene Meinung bilden. Das ist ganz offensichtlich."