Nahost-Krieg
Schwierige diplomatische Reise von Scholz nach Israel

Bundeskanzler Scholz fliegt an diesem Wochenende erneut nach Israel, um im Nahost-Krieg zu vermitteln. Auch ein Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu ist geplant. Der Kanzler werde auf Verbesserungen der humanitären Versorgung im Gazastreifen pochen und "hart und massiv" vor einer Militäroffensive in Rafah warnen, teilte Regierungssprecher Hebestreit vorab mit.

18.03.2024
    Bundeskanzler Olaf Scholz steigt in ein Flugzeug ein.
    Scholz versucht in Jordanien und Israel zu vermitteln (Archivfoto). (Michael Kappeler / dpa Pool / dpa / Michael Kappeler)
    Bei seiner Botschaft Richtung Israel Anfang der Woche hatte Bundeskanzler Scholz (SPD) bereits klar formuliert, was die Kernbotschaft seiner Israel-Reise sein dürfte: "Es muss mehr humanitäre Hilfe nach Gaza gelangen und das ist auch unsere Aufforderung an Israel." Auch Außenministerin Baerbock erklärte, die israelische Regierung müsse angesichts der humanitären Katastrophe im Gazastreifen dringend mehr tun. Stand die Israel-Reise des Kanzlers im Oktober noch ganz im Zeichen der israelischen Opfer und Geiseln nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas, hat sich der internationale Fokus inzwischen verändert.

    Im Fokus: Geplante Militäroffensive in Rafah

    Dass Netanjahus Büro gestern vermeldete, der Ministerpräsident habe die Pläne für eine großangelegte Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens gebilligt, verschärft die Situation. Außenministerin Baerbock unterstrich, eine großflächige Offensive sei nicht zu rechtfertigen. Mehr als eine Million Geflüchtete hätten in Rafah Schutz gesucht und könnten nirgendwo hin, sagte die Grünen-Politikerin. US-Präsident Biden bezeichnete die mögliche Bodenoffensive in Rafah als "rote Linie". Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, Kirby, ergänzte, es müsse einen glaubwürdigen und realisierbaren Plan zum Schutz der Flüchtlinge geben - alles andere wäre eine Katastrophe.
    Israels Ministerpräsident Netanjahu hatte die Kritik an seinem militärischen Vorgehen im Gazastreifen vor wenigen Tagen bereits scharf kritisiert und dem Westen eine Doppelmoral vorgeworfen.

    Verhandlungen über Waffenruhe festgefahren

    Ebenfalls Thema der Reise von Scholz: eine mögliche Waffenruhe zwischen den Israelis und der Hamas. Letztere hatte am Freitag einen neuen Vorschlag gemacht, um eine sechswöchige Feuerpause zu erreichen. Diese sah auch den Austausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge vor. Netanjahu lehnte den Vorschlag als "unrealistisch" ab.
    Der Sprecher der Bundesregierung, Hebestreit, betonte jedoch, wenn die Hamas die israelischen Geiseln freilassen würde, könnte dies den Weg zu einer Waffenpause ebnen. Trotz der Ablehnung einer Zweistaatenlösung durch Netanjahu werde sich der Kanzler außerdem erneut für eine solche einsetzen.

    Luftbrücke mit deutscher Beteiligung "bestenfalls zweitbeste Lösung"

    Laut Hebestreit will Scholz zudem auf die Ausweitung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen pochen - vornehmlich mit Lkw-Konvois. Luft- und Seebrücken seien "bestenfalls die zweitbeste Lösung". Verteidigungsminister Pistorius (SPD) hatte in dieser Woche die Beteiligung der Luftwaffe an Hilfstransporten gebilligt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums sind mittlerweile zwei Flugzeuge der Luftwaffe dabei, Hilfsgüter über dem Gazastreifen abzuwerfen. Es komme aber derzeit immer noch nicht genug humanitäre Hilfe in die Gazastreifen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Hilfsorganisationen betonen: Abwürfe aus der Luft seienteuer, planlos und riskant.
    Das Auswärtige Amt erklärte, es werde auch an einem provisorischen Pier im Gazastreifen gearbeitet, damit weitere Hilfe per Schiff anlanden könne. Bislang laufen die Hilfslieferungen auf dem Seeweg nur schleppend.
    Die einfachste Lösung wären Transporte über Land. Doch die UNO wirft Israel vor, den Zugang zum Gazastreifen auf dem Landweg zu blockieren und damit Hilfslieferungen zu erschweren. Die israelische Regierung weist dies zurück.

    Gespräche in Jordanien ebenfalls geplant

    Scholz wird auf seiner Nahost-Reise zunächst nach Jordanien reisen, um dort König Abdullah II. zu treffen. In Israel folgen Gespräche mit Ministerpräsident Netanyahu und Präsident Herzog. Ein Treffen mit der palästinensischen Autonomiebehörde steht nicht auf dem Programm.
    Der CDU-Außenpolitiker Hardt sagte der Nachrichtenagentur AFP, auch die Gespräche in Jordanien seien wichtig. Jordanien sei wie Ägypten ein Land, das eine Schlüsselrolle als Scharnier und Vermittler zwischen der arabischen Welt und Israel habe. Hardt verwies darauf, dass es Jordanien gelungen sei, die internationale Luftbrücke bei Israel durchzusetzen. Der CDU-Politiker dämpfte jedoch die Erwartungen an die Reise des Kanzlers. Angesichts der komplexen Lage gehe es eher darum, dass sich Ansatzpunkte für weitere Gespräche eröffneten.
    Weitere Informationen finden Sie in diesem Hörfunk-Beitrag zur Reise von Scholz nach Jordanien und Israel.
    Diese Nachricht wurde am 16.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.