Koalitionsverhandlungen
Schwierige Schlussphase für Gespräche in Arbeitsgruppen erwartet

Die erste Etappe der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD steht vor dem Abschluss. Bis 17 Uhr sollen die Arbeitsgruppen ihre bisherigen Ergebnisse und Textvorschläge einreichen. Was ist schon bekannt und wo zeichnen sich noch offene Fragen ab? Ein Überblick.

    Durch eine Scheibe hindurch ist Friedrich Merz im Anzug zu sehen, wie er sich Papiere ansieht.
    Sollten die Koalitionsverhandlungen scheitern, "dann ist meine politische Karriere beendet", sagt CDU-Chef Friedrich Merz. (picture alliance / photothek.de / Florian Gaertner)
    Die insgesamt 17 Arbeitsgruppen führen ihre Gespräche unter eigentlich beruhigenden Vorzeichen: Vor wenigen Tagen stimmten Bundestag und Bundesrat der Lockerung der Schuldenbremse bei Verteidigungsausgaben und dem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz zu. Dennoch bleiben die Spielräume begrenzt.
    Strittige Themen sollen nach Abschluss der Gespräche in den AGs in einer kleineren Steuerungsgruppe geklärt werden. Einige zeichnen sich trotz des vereinbarten Stillschweigens über Ergebnisse in den AGs bereits ab. Für den Fall, dass keine Einigung gelingen sollte, hat CDU-Chef Merz das Ende seiner politischen Karriere angekündigt.

    Migration

    Die Migrationspolitik war das Hauptthema im Wahlkampf. CDU-Chef Merz erklärte gerade nochmals auf einer Veranstaltung der Frankfurter Allgmeinen Zeitung, sollte dieses Problem in der aktuellen Koalition ungelöst bleiben, würde dies den Rechtspopulisten im Land Auftrieb geben. Der CDU-Innenpolitiker de Vries warnte die SPD davor, einen schärferen Kurs in der Migrationspolitik zu blockieren. "Sonst wird es sehr schwierig werden", sagt der Bundestagsabgeordnete dem "Handelsblatt". Es könne kein Ergebnis geben, das hinter den Festlegungen der Sondierungsvereinbarung zurückbleibe.
    Darin wurde generell eine Begrenzung der Migration festgeschrieben - und Zurückweisungen an den Staatsgrenzen. Die SPD interpretiert den Text im Sondierungspapier aber anders als die Union und hat vor allem europarechtliche Bedenken. SPD-Chefin Esken hatte deshalb nochmal betont, man müsse auf europäischer Ebene näher zusammenkommen, statt "mit dem Kopf durch die Wand zu gehen". Der CDU-Politiker Spahn meint hingegen, es reiche eine Abstimmung mit den Nachbarländern, eine Zustimmung dieser sei nicht nötig.

    Steuerfragen

    Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lässt die SPD die Union in der AG "Haushalt, Finanzen und Steuern" mit ihren Plänen auflaufen. Sie poche darauf, die Reformen "mindestens" aufkommensneutral auszugestalten, soll heißen: Änderungen dürfen nichts kosten. In dem gemeinsam verfassten Papier sei weder eine Reform der Einkommmenssteuer noch eine Neuregelung der Unternehmensbesteuerung ausbuchstabiert worden.
    Die SPD-Forderung nach einer Abschaffung des Ehegattensplittings soll sogar zu einem Eklat geführt haben. Die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen von der SPD habe die gemeinsame Besteuerung von Eheleuten als einen Grund dargestellt, der Frauen in extrem schlecht bezahlten Jobs halte. Laut F.A.Z. entgegnete die CSU-Politikerin Mechthilde Wittmann, ob sie die Frauen wirklich für so blöd halte. Daraufhin habe die SPD geschlossen den Raum verlassen - und sei erst eineinhalb Stunden später wiedergekommen.

    Klimaschutz

    Im Sondierungspapier von Union und SPD spielten Fragen rund um den Klimaschutz keine große Rolle. Die Grünen trotzten dem künftigen Regierungsbündnis aber konkrete Zusagen ab und stimmten nur so den Grundgesetzänderungen für das milliardenschwere Finanzpaket zu.
    In der "Bild am Sonntag" erklärte nun auch SPD-Generalsekretär Miersch: Beim Klimaschutz könne sich Deutschland "keinen Aufschub leisten". Mit dieser Begründung sprach er sich für einen Rabatt zur Anschaffung von E-Autos aus. Neben einer Kaufprämie sei auch die Unterstützung der Möglichkeit von Leasing denkbar. Die Union hatte sich in ihrem Wahlprogramm nicht für eine Wiedereinführung der E-Auto-Prämie ausgesprochen. Allerdings steht schon im Sondierungspapier der Satz, man wolle die E-Mobilität durch einen Kaufanreiz fördern. Wie genau das aussehen soll, scheint noch offen.

    Familie und Frauen

    Von der AG "Familie, Frauen, Jugend, Senioren und Demokratie" hat man inhaltlich nichts gehört - außer, dass die CDU-Abgeordnete Mechthild Heil laut einem ARD-Bericht keine Lust hatte, sich hier zu beteiligen. Dazu sagte die Grünen-Politikerin Brantner der Deutschen Presse-Agentur, es sei bezeichnend, dass Frau Heil als ausgewiesene Baupolitikerin in den Familienbereich verfachtet worden sei. Das zeuge von einem "längst überwunden geglaubten Verständnis in der Politik, das Frauen auf angeblich weibliche Themen beschränkt", anstatt ihre Stärken da zu nutzen, wo sie vorhanden seien.
    Außerdem posteten etliche der AG-Mitglieder ein Foto - und verstießen damit gegen das vereinbarte Selfie-Verbot. Das sei ihnen des Anlasses wegen hoffentlich verziehen, schrieb der nordrhein-westfälische SPD-Politiker Jochen Ott bei Instagram. Zu sehen sind die Füße der Verhandler in bunten Socken. Diese gelten am Welt-Down-Syndrom-Tag als Zeichen der Solidarität mit den betroffenen Menschen.

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    Diese Nachricht wurde am 23.03.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.