Missbrauch im Schwimmen
Kommissionsbericht mahnt Veränderungen beim DSV an

Vor anderthalb Jahren hat die Aufarbeitungskommission Schwimmen mit ihrer Arbeit begonnen. Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel hatte in der ARD-Doku „Missbraucht“ schwere Vorwürfe erhoben. Sein inzwischen verstorbener Trainer habe ihm jahrelang schwere sexuelle Gewalt angetan. Personen aus dem Umfeld hätten davon gewusst, aber nichts unternommen. Nun gibt es einen Abschlussbericht der Kommission.

Von Andrea Schültke |
Zu sehen ist ein Rettungsring am Rand eines Schwimmbad-Beckens.
Nach eineinhalb Jahren hat die Aufarbeitungskommission jetzt ihren Abschlussbericht vorgelegt. Er soll dem DSV zur Beratung dienen. (IMAGO / Panama Pictures / IMAGO / Christoph Hardt)
In der veröffentlichten Kurzfassung erläutern die Sportsoziologinnen und -Jurist*innen, dass sie gemeinsam mit ihrem Beratungsgremium insgesamt 27 Personen angehört haben. Darunter Betroffene, Funktionsträger und Zeitzeug*innen.
Auch Unterlagen in Archiven seien gesichtet worden. Die gewonnenen Erkenntnisse will die Kommission nicht als Grundlage für Sanktionen verstanden wissen. Gleich zu Beginn heißt es, der Bericht diene „ausschließlich der internen Beratung des DSV und ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, um jede Beeinträchtigung von Persönlichkeitsinteressen zu vermeiden“.

Bericht: Hempel hätte "Unterstützung zuteil werden können"

Außer dem Namen des ehemaligen Wasserspringers Jan Hempel, der mit seiner Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen ist, nennt der Bericht keine weiteren Namen, sondern listet Sachverhalte auf.
Hier heißt es in der Zusammenfassung: Die ehemalige und inzwischen verstorbene Bundestrainerin für Wasserspringen sei zu einem Zeitpunkt informiert gewesen und Jan Hempel hätte demnach „hinreichende Unterstützung zuteil werden können“. Weitere Informationen bezüglich arbeitsrechtlicher Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Fall sind der Zusammenfassung nicht zu entnehmen.

"Zuckerbrot und Peitsche" fördert Machtmissbrauch

In dem öffentlichen Teil geht es den Autorinnen und Autoren um die Strukturen innerhalb des Deutschen Schwimmverbandes. So stellen sie unter anderem in Bezug auf Trainingsmethoden im Schwimmsport fest, dass hier das Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ weit verbreitet sei.
„In solchen Strukturen gedeihen Formen des Machtmissbrauchs und interpersonaler Gewalt. Sie sind aufzudecken und zu verändern, wenn der Schutz vor Gewalt verantwortungsvoll umgesetzt werden soll.“
Der DSV solle prüfen, ob diese Strukturen immer noch vorhanden seien und diese aufbrechen, so eine Empfehlung der Kommission. Ebenso empfehlen die Expertinnen und Experten dem Verband, die Prävention, Intervention und Aufarbeitung von interpersonaler Gewalt in seinem Regelwerk zu verankern.
Hier weist die Kommission auf den gerade veröffentlichten Safe Sport Code hin. Ein Regelwerk, mit dem Sportorganisationen Fehlverhalten in Bezug auf interpersonale Gewalt rechtssicher sanktionieren können.

DSV will Empfehlungen "konsequent und nachhaltig" umsetzen

Als erste der aktuell vier Aufarbeitungskommissionen im deutschen Sport, legt die Kommission Schwimmen ihren Abschlussbericht vor.
Aus Datenschutzgründen wird die öffentliche Zusammenfassung wenig konkret, was die behandelten Fälle angeht, konzentriert sich auf die Analyse struktureller Probleme und gibt umfassende Empfehlungen für den Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt.
Der Deutsche Schwimmverband hat angekündigt, die Empfehlungen der Kommission „konsequent und nachhaltig“ umsetzen zu wollen.