Wenig los an diesem Vormittag im Freibad Haslach im Kinzigtal. Ein Mann im dunklen Neoprenanzug steigt aus dem Wasser.
"Im Wasser bin ich schwerelos in doppeltem Sinne: physikalisch und mental. Da fällt alles von mir ab: der ganze Stress und die Vorbereitung jetzt auf das Projekt 'Reines Wasser'."
"Reines Wasser" nennt Professor Andreas Fath, der an der nahegelegen Hochschule Furtwangen im Schwarzwald Chemie lehrt, sein ambitioniertes Projekt, auf das er drei Monate lang jeden Tag mehrere Stunden im Freibad Haslach trainiert hat:
"Ich möchte den Rhein runterschwimmen von der Quelle bis zur Mündung. Das ist zum Teil ein sportliches Event. Aber hauptsächlich geht es um die Wasserproben, die wir entnehmen wollen entlang des Rheins."
Fath möchte eine sportliche Höchstleistung mit einem Forschungsprogramm verbinden: In 25 Etappen wird er von heute an in den kommenden vier Wochen von der Quelle des Rheins im Schweizer Toma-See bis zur Mündung in Rotterdam schwimmen, eine 1233 Kilometer lange Strecke. Studierende werden in einem kleinen Boot begleiten - und dabei regelmäßig Wasserproben entnehmen:
"Der Rhein hat sehr viele Zuflüsse rechts- und linksrheinisch. Da werden wir immer wieder Proben ziehen, wenn wir nach Antibiotika schauen, nach Drogen, nach Pflanzenschutzmitteln, nach Insektiziden, nach Pestiziden. Wir werden auch Bakterien und Viren untersuchen. Die Kläranlagen bauen das nicht zu 100 Prozent ab. Am Ende landet es in unseren Flüssen, im Rhein, der als Trinkwasserquelle für 22 Millionen Menschen dient."
Geldgeber gesucht für teures Analysegerät
Ähnlich verhalte es sich mit Mikroplastik, Weichmacher und Arzneimittel-Rückständen. Die Öffentlichkeit aufrütteln ist das Eine. Etwas gegen die Verschmutzung tun, das Andere. Auch dazu möchte Andreas Fath seine Rheindurchquerung nutzen: Er sucht Geldgeber für den Kauf eines 100.000 Euro teuren elektrochemischen Analysengerätes. Mit diesem Gerät wollen er und seine Kollegen an der Hochschule Furtwangen revolutionäre Technologien zur Abwasserreinigung entwickeln. Somit schwimmt Professor Fath auch deshalb einmal den kompletten Rhein entlang, um Gelder für die Forschung zu sammeln:
"Natürlich, die konventionelle Methode ist, ein Drittmittelantrag zu stellen. Da ist die Erfolgsquote allerdings nicht so hoch. Und ich bin ein ungeduldiger Mensch: Ich habe ein Ziel. Ich möchte das erreichen. Und deshalb durchschwimme ich den Rhein."
Auf dem Trockenen freut sich Professor Rolf Schofer, Rektor der Hochschule Furtwangen University, über das ambitionierte Schwimmprojekt. Denn mit rund 5000 Studierenden gehört Furtwangen eher zu den kleinen Hochschulen im Land:
"Zum einen geht es auch darum, unsere Hochschule überregionaler bekannte zu machen. Zum anderen geht es natürlich auch darum, sich wissenschaftlich zu profilieren. Solche spektakulären Aktionen rücken dann doch die Hochschule in den Blick der Öffentlichkeit."
Medienfakultät dokumentiert das Rhein-Abenteuer
Darüber hofft Rektor Schofer auch darauf, dass die Rheinquerung von Professor Fath die Einwerbung von Drittmitteln aus der Wirtschaft ein Stück weit leichter macht:
"Hochschulen sind heutzutage darauf angewiesen, dass sie für ihre Ausstattung entsprechende Unterstützung vonseiten der Industrie bekommen. Und da ist es ein wichtiges Element auch, dies sichtbar zu machen."
Doch erst einmal drücken viele an der Hochschule Furtwangen ihrem schwimmenden Chemie- Professor die Daumen - und verfolgen in den kommenden vier Wochen die einzelnen Etappen mit:
"Es sind unsere Studierenden und Kollegen aus der Medienfakultät, die das Ganze dokumentieren und filmen. Man kann das täglich mitverfolgen auf unserer Webseite www.rheines-wasser.eu. Da werden wird man immer die aktuellen Bilder und Filme von der Aktion auch sehen können."
Und sehr wahrscheinlich gibt es zur letzten Etappe Ende August sogar ein Public Viewing auf dem Campus.