"... Lange Reise zu Ende. Vier Wochen... Der Rhein - total abwechslungsreich von der Quelle, wo ich eingestiegen bin vor vier Wochen, bis jetzt zum Salzwasser - unglaublich viele Erlebnisse unterwegs."
So klingt Andreas Fath am 24. August 2014. Nach seiner letzten Schwimmetappe, mit 1.231 Kilometern in Armen und Beinen, endlich angekommen an der Nordsee. Im nassen Neoprenanzug, am rechten Bein eine kleine Kunststoffmembran, in der sich Wasserschadstoffe sammeln. Abgekämpft, glücklich.
Zurück an der Hochschule Furtwangen hat der ehemalige Leistungsschwimmer in den letzten Wochen die Wasserproben seines Schwimm-Marathons ausgewertet - gemeinsam mit vielen Labors im In- und Ausland. Die gute Nachricht: Keiner der rund 600 analysierten Stoffe überschreitet kritische Grenzwerte.
"Wir haben auch die Schwermetalle untersucht, das hat ein holländisches Unternehmen gemacht. Die habe ich mir gerade gestern angeschaut. Da steht überall: kleiner Bestimmungsgrenze, fast bei allen Metallen. Titan, Blei, Chrom, Nickel: unter fünf Mikrogramm pro Liter. Auch da ist man in Trinkwasserqualität, was ein sehr überraschendes Ergebnis war für mich."
Ein Spiegel unserer Gesellschaft
Eine weitere Erkenntnis: Der Rhein ist quasi ein Spiegel unserer Zivilisation. Alles, was wir in großen Mengen verbrauchen, landet dort: Süßstoffe wie Sucralose, die Substanz Climbazol aus Anti-Schuppen-Shampoos und der Stoff Benzotriazol aus Spülmaschienentabs etwa. Perfluorierte Tenside, bestimmte Industriechemikalien, sind ebenfalls noch nachweisbar - allerdings in viel kleineren Mengen als beim PFT-Skandal 2006: Damals waren es bei Düsseldorf rund 80 Nanogramm pro Liter Rheinwasser, heute sind es nur noch sechs.
Fath und sein Team fanden auch Rückstände von Medikamenten: Blutdrucksenker wiesen sie ab dem Schweizerischen Ilanz nach, ein spezielles Antibiotikum gegen Lungenentzündungen ab Chur und ab Laufenburg am Hochrhein dann auch das Schmerzmittel Diclofenac. Auch wenn die Einzelmengen winzig sind - zusammengenommen schwimmt da ein wahrer Chemie-Cocktail im Rhein.
"Und das wird vielleicht noch zunehmen, weil unsere Gesellschaft überaltert, weil Menschen in Heimen unterkommen und der Medikamentenkonsum dort eher ansteigt. Da wird noch einiges mehr durch die Kläranlagen in die Flüsse gelangen."
Die Wasserproben wurden während des Schwimm-Marathons nicht nur über die Membran an Faths Bein gezogen, sondern auch von einem Begleitboot aus. Diese Proben unter schier unmöglichen Bedingungen zu analysieren - das könne sie jetzt, sagt die akademische Mitarbeiterin Helga Weinschrott.
"Im Labor hat man eben den Strom aus der Steckdose, und das hat man draußen nicht. Also muss man von Anfang an überlegen, wo habe ich Stromversorgung, welche Geräte nehme ich mich, die damit kompatibel sind und wie organisiere ich die Messtechniken vor Ort, sodass plausible und valide Ergebnisse rauskommen?"
Ein Massenspektrometer erschwommen
In den Laborräumen der Hochschule Furtwangen: Hier will Andreas Fath ein elektrochemisches Verfahren zur Wasserreinigung weiterentwickeln. Die Industriechemikalie PFT kann er so schon abbauen. Er zeigt auf eine neue Apparatur mit einem zylindrischem Metallgehäuse. Ein Massenspektrometer, zigtausende Euro wert - und für die Hochschule zu teuer.
"Das ist das Baby, was ich mir erschwommen habe. Ohne die Schwimmaktion hätten wir das Gerät hier nicht und da sind wir alle sehr dankbar drüber."
Durch den Schwimm-Marathon kam der Chemieprofessor in Kontakt mit dem Hersteller AB Sciex - und der überließ es der Hochschule günstiger. Das Massenspektrometer erlaubt es Fath künftig zu prüfen, ob sein Wasser-Säuberungsverfahren auch bei anderen Schadstoffen als PFT wirkt.
"Es geht mir nicht nur um den Rhein, es geht mir um die Gewässer allgemein, um die Wasserqualität allgemein, auch weltweit. Da gibt es noch sehr viele Baustellen."
Wenn sein Säuberungsverfahren irgendwann viele verschiedene Schadstoffen abbaut, würde Fath es am liebsten in einem Entwicklungsland einsetzen - und dort Gewässer reinigen, die sehr viel dreckiger sind als der Rhein.