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Schwimmer-Gewerkschaft
Macht haben und Macht bekommen

Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Budapest steht Lokalmatadorin Katinka Hosszu im Fokus. Die Olympiasiegerin ist eine der erfolgreichsten Schwimmerinnen aller Zeiten. Deshalb war das Interesse groß, als sie vor kurzem die "Global Association of Professional Swimmers" gegründet hat, eine Art Schwimmer-Gewerkschaft.

Von Andrea Schültke |
    Katinka Hosszu beim 200 Meter Wettbewerb im Dezember 2016
    Olympiasiegerin Katinka Hosszu ist sauer auf den Weltschwimmverband FINA und hat eine Gewerkschaft gegründet. (EPA)
    "Wir arbeiten wie Profis, aber unsere Führung behandelt uns wie Amateure."
    "Es ist unsere Verantwortung, uns für das einzusetzen, woran wir glauben."
    Das sind Zeilen aus einem offenen Brief auf der Internetseite von GAPS, der "Global Association of Professional Swimmers". Zum ersten Mal setzt sich eine aktive Schwimmerin für die Belange der Athleten ein. Und damit natürlich für ihre eigenen. Auslöser für Hosszus Aktion war eine Regeländerung des Weltschwimmverbandes FINA für die Weltcupserie:
    "Ich bin ziemlich sauer"
    "Ich bin ziemlich sauer über die Regeländerung, weil man pro Weltcupstation jetzt nur noch vier Mal starten kann. Ich verstehe nicht, warum das gemacht wurde", erklärte Hosszu vor kurzem einem Internetportal. Durch die Regeländerung büßt Hosszu Verdienstmöglichkeiten ein. Das will die Athletin nicht hinnehmen, die als erste Schwimmerin die Schallmauer von insgesamt einer Million US-Dollar Preisgeldern geknackt hat. Allein in der vergangenen Weltcupsaison sollen es knapp 400.000 US-Dollar gewesen sein.
    Die dreimalige Olympiasiegerin von Rio richtet Kritik gegen den Weltschwimmverband FINA, geführt von Julio Maglione. Der 81jährige will beim Kongress in einer Woche zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt werden. Dafür hat er ein von ihm selbst initiiertes Alterslimit in der FINA wieder abgeschafft, genau wie die Beschränkung für Präsidenten auf nur eine Amtszeit.
    Verkrustete Strukturen
    Magliones FINA steht für verkrustete Strukturen, eine viel zu lasche Anti-Doping-Politik, Vetternwirtschaft und Intransparenz. Auf feierlichen Galas des Verbandes wie Anfang vergangenen Jahres redete er zur versammelten Prominenz und erwähnt sogar auch die Athleten: "Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde, ich bin sehr glücklich heute Abend hier zu sein und unsere Stars des Wassersports zu ehren."
    Diese Stars haben sonst in der FINA nicht viel zu melden. Auch Katinka Hosszu fühlt sich etwa bei der Regeländerung vom Verband übergangen: "Interessant ist, dass sie nie die Schwimmer gefragt haben. Das ist unfair und sollte so nicht weitergehen."
    Die alten Probleme der FINA
    Der Welt-Schwimmverband und sein Kommunikationsproblem - nichts Neues. Dennoch stand eine Athletengewerkschaft bisher nicht zur Debatte. Wie viel Zeit das kostet, erlebt gerade Silke Kassner, die stellvertretende Vorsitzende der Athletenkommission im Deutschen Olypischen Sportbund (DOSB). Auch hier wollen die Sportler eine eigenständige Interessenvertretung organisieren und verfolgen die Initiative im Schwimmen. Sie zeige:
    "Dass die Athleten etwas bewegt- und dass sie sich mit den derzeit gegebenen Mitteln der Mitbestimmung nicht ausreichend vertreten fühlen."
    Eine professionelle Struktur ist hinter Katinka Hosszus Schwimmer-Gewerkschaft auf der Internetseite nicht zu erkennen. Statt dessen ein paar Allgemeinplätze wie: Athleten seien die Basis für einen erfolgreichen Sport, Mitspracherecht bei Regeländerungen, Athleten müssten mit einer Stimme sprechen.
    Das könnte schwierig werden
    Denn im Schwimmen formiert sich seit längerem eine breite Gegenbewegung zur FINA. Die Planungen sind abgeschlossen: am 2. September findet in Washington die Gründungsversammlung der World Swimming Association statt. Das ist ein neuer Weltverband nur für die Sportarten Schwimmen und Langstreckenschwimmen als Alternative zur FINA. Maßgeblicher Bestandteil dieses neuen Verbandes: eine Athletenvertretung, die Professional Swimmers Organisation, PSA. Angelehnt ist sie an die Vorbilder der Profivereinigungen im Golf oder Tennis.
    Ins Leben gerufen hat den neuen Verband die Welt-Schwimmtrainer-Vereinigung, mit 17.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung im Schwimmsport. Sie will nach eigenen Angaben mehr Mitsprache derjenigen, die den Sport betreiben - also auch der Athleten.
    Macht schon verloren?
    Der ehemalige Schwimm-Bundestrainer Niels Bouws war in die Planungen des neuen Weltverbandes von Beginn an eingebunden. Der gebürtige Niederländer kündigte die geplante Athletenvertretung im neuen Verband bereits vor anderthalb Jahren in einem Interview mit dem Deutschlandfunk an. Als eine Organisation für "diejenigen, die professionell schwimmen und Preisgelder bekommen. Damit man da auch ein bisschen Einfluss bekommt, auf welche Weise das verteilt wird."
    Es wird also zwei neue Athletenvertretungen im Schwimmen geben - eine davon unter dem Dach eines neuen Welt-Schwimmverbandes, der sich als Alternative zur FINA versteht.
    Wer auch immer in einer Woche FINA-Präsident sein wird, Julio Maglione aus Uruguay oder der sich gesprächsbereit gebende Italiener Paolo Barelli – die Macht über das Kerngeschäft Schwimmen könnte er schon verloren haben.