"Grundlegendes im Kabarett: Man muss sich ja über irgendwas aufregen. Und ich rege mich gerade überhaupt also gar nicht auf. Ich wache morgens auf und lächle. Grundlos! Ich komme ja aus Bad Honnef, wir haben einen Ausländer, der ist integriert, der Nazi-Nachbar, der hat so eine thailändische Frau, selbst mein Nutella-Brot ist auf die Brotseite gefallen. Es läuft!"
Wie? Deutschland ohne Miesmacherei? Geht das? Oder ist das schon Mentalitäts-Alzheimer?
"Bundesamt für Statistik, die haben eine Umfrage gemacht: Angeblich sind 60 Prozent der Deutschen zufrieden, so schlimm ist es mittlerweile."
Ein Anzug, viele Gesichter
Eine "Schöne neue Welt" am Beginn von "Auf Anfang", dem neuen Programm von Sebastian Pufpaff: Wie erwartet, ist er wieder piekfein auf der Bühne erschienen -mit Sneakers allerdings statt Lackschuhen als Detail - und gibt so etwas wie einen Motivationstrainer, einen seltsam suggestiven Psycho-Coach:
"Ich sehe mich da schon so als – ja, was bin ich? - ein freundlicher Demagoge, so etwas wie ein kabarettistischer Priester. Mein Anzug ist eigentlich die neutrale Projektionsfläche.
Man kann alles sein: vom Bestatter bis hin zum Handyverkäufer, vom Banker bis hin zum Politiker: Ich versuche mich so lange im Nebulösen aufzuhalten, dass, wer mich sieht, erst einmal nachdenkt: Was genau will er jetzt sagen?"
"Die B42 war gesperrt vor zwei Tagen, da gab´s diese Stelle, da wurde es einspurig. Normalerweise lasse ich mich von so etwas nicht beirren, ich bleib´ immer ganz lange links und ziehe dann einfach rüber, weißte, das ist mein Recht! Einfach rüber.
Ich gucke dann immer schon in den Spiegel, ob einer kommt, und da ließ der mir ne Lücke. Der ließ mir eine Lücke. Ich kurbele das Fenster runter: Fahre zu, du Arschloch, wir sind hier immer noch in Deutschland!"
Ich gucke dann immer schon in den Spiegel, ob einer kommt, und da ließ der mir ne Lücke. Der ließ mir eine Lücke. Ich kurbele das Fenster runter: Fahre zu, du Arschloch, wir sind hier immer noch in Deutschland!"
Blick auf die Konsumgesellschaft
Na bitte, lichthupender Klischeedeutscher, da bist du wieder. Geht doch! Solche Rollenspiele machen das Programm aus. Mal hängt Sebastian Pufpaff frustriert in der Warteschleife einer Service-Hotline, mal muss er für Luxuslebensmittel horrendes Geld blechen, zähneknirschend, aber auch zu feige zuzugeben, dass ihm 15 Euro für ein paar winzige Stückchen Büffel-Mozzarella definitiv zu teuer sind. Die Konsum-, die Dienstleistungsgesellschaft, das ist sein Thema.
"Ich habe auch keine Meinung; ist mir zu engstirnig. Ich leihe mir auch gerne mal eine S-Klasse, fahre damit hier durch soziale Brennpunkte, um einfach die Schere zwischen Arm und Reich wieder so ein bisschen zusammenzubringen. Da lasse ich die Fenster runter, zeige die Rolex und und sage: Guck mal, das ist reich!"
Satire, Anekdoten, Autobiografisches, das Programm hat viel Plot. Oft spielt er auch einfach sich selbst: Verheiratet, eine Tochter, gerne Autofahrer, sieben Semester Jura studiert, dieses finanziert als Produktmanager - sprich: Teleshopping-Verkäufer bei RTL, sicher auch ein wichtiger Einfluss für seinen Stil - das erfahren wir alles en passant und denken: Ist alles echt, was hier menschelt.
"Mir wird ja auch manchmal nachgesagt: 'Das ist ja kein Kabarett, was Sie machen, Sie sagen ja gar nichts über Politiker oder Parteien!' Ich sage halt einfach: Das Volk, also wir, sind verantwortlich für unsere politische Landschaft. Deshalb sage ich immer: wir. Also ich versuche, das Kollektiv zu motivieren und nehme mich da nicht aus, sondern ich gehöre mit dazu."
"Wenn wir nicht aufpassen, fangen die Ausländer noch an, Politik zu machen. Dann wollen die auch noch Kanzler werden oder so. Und dann werden die das. Und dann ist das gut. Dann können Sie sich nicht mehr aufregen. Wäre schlimm, oder? Schlimm!"
Früher Kontakt mit Kabarett und Satire
"Also meine Eltern haben mich recht früh kabarettistisch sozialisiert, hatten Karten und haben mich mitgenommen, und so saß ich hier hinten im Keller der Erkenntnis und habe auf der Bühne Volker Pispers bewundern dürfen. Ich muss aber zugeben: Als Zwölfjähriger ist der Unterhaltungswert relativ gering: Ich habe keinen seiner Witze verstanden. Ich habe nur geguckt: Wann lachen die anderen und habe dann einfach mitgelacht."
Im Bonner Pantheon dann Jahre später die erste eigene Premiere: Dieses Haus ist Sebastian Pufpaffs Homebase, das ist an diesem Abend greifbar und die Premiere kommt beim Publikum sehr gut an. Obwohl man - analytisch betrachtet - mehr als die Hälfte der Nummern schon kennt, aus den Anmoderationen von Pufpaffs "Happy Hour" zum Beispiel. Das darf so sein, sagt er. Einen guten Gag über Pegida oder griechische Finanzminister, denen das Hemd aus der Hose hängt, könne man nicht erfinden, so etwas falle einem tagesaktuell zu. "Auf Anfang" soll und werde wachsen.
Der Premiereneindruck: überwiegend positiv. Mit diesem Motivationstrainer-Register hat Pufpaff seinen ganz eigenen Stil gefunden:
"Diese Ausländer-Terroristen-Rumänen-Handydiebe. Ganz schlimm, ganz schlimm! Nicht dass Sie mich jetzt falsch verstehen, also das war jetzt ein Scherz. Ich bin ja für die. Also nicht die, sondern für alle, immer. Sollten Sie auch sein: Man sollte immer alles für jeden und immer!"