Baden-Württemberg
Sechs Menschen bei Messerattacke auf Mannheimer Marktplatz verletzt

Nach der Messerattacke bei einer Veranstaltung der islamfeindlichen Bewegung Pax Europa in Mannheim hat die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungen übernommen.

    Mannheim: Mitarbeiter der Spurensicherung sind nach einer Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz im Einsatz.
    Messerangriff auf dem Marktplatz in Mannheim (Rene Priebe / dpa / Rene Priebe)
    Die Polizei gab inzwischen mehr Details des Vorfalls auf dem Marktplatz bekannt. Demnach wurden sechs Menschen verletzt, fünf Anhänger von Pax Europa (BPE) und ein Polizist. Ein anderer Polizeibeamter schoss schließlich auf den Angreifer, der dabei ebenfalls verletzt wurde. Die Identität des Täters ist noch ungeklärt. Medienberichten zufolge soll der Messerangriff dem Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger gegolten haben. Ein Video des Vorfalls kursiert in Sozialen Medien. Mannheims Oberbürgermeister Specht bezeichnete den Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz als Terrorattacke.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Messerattacke. "In unserer Demokratie darf kein Platz für Gewalt sein - Gewalt zerstört Demokratie", erklärte er. Auch Bundeskanzler Scholz und Bundesinnenministerin Faeser haben sich erschüttert über die Gewalttat in Mannheim gezeigt. Die Bilder seien furchtbar, erklärte der Kanzler per Kurznachrichtendienst X. Faeser sprach von einem schrecklichen Verbrechen. Die Ermittlungen würden die Hintergründe der Tat aufklären. CDU-Chef Merz äußerte sich ähnlich, ebenso der Grünen-Vorsitzende Nouripour und Bundesinnenministerin Faeser. Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt schrieb, wer versuche, Andersdenkende mit Gewalt zum Schweigen zu bringen, verlasse den Boden der Demokratie.

    Hintergründe zu Stürzenberger und BPE

    Der 59-jährige Michael Stürzenberger ist einer der führenden Köpfe der BPE, die auf dem Marktplatz einen Stand aufgebaut hatte. Die Bewegung beschreibt sich auf ihrer Website als "Menschenrechtsorganisation", die "über Wesen und Ziele des Politischen Islam" aufkläre. Dabei macht die BPE keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus - beiden schreibt sie unter anderem "aggressive Verachtung und Intoleranz" zu.
    Der bayerische Verfassungsschutz schrieb in seinem Bericht für das Jahr 2022 über Stürzenberger und den bayerischen Landesverband der BPE, es lägen "tatsächliche Anhaltspunkte" dafür, dass diese "verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen" verfolgten, "die auf eine Abschaffung der Religionsfreiheit für Muslime gerichtet sind". Im jüngsten Bericht der Behörde für das Jahr 2023 tauchen Stürzenberger und die BPE nicht mehr auf. Das liegt nach Angaben des Landesamts für Verfassungsschutz aber nur daran, dass diese weniger aktiv seien. Sowohl Stürzenberger als auch der BPE Landesverband Bayern würden weiter beobachtet. 
    Der 1964 im bayerischen Bad Kissingen geborene Politikwissenschaftler Stürzenberger war über Jahre als Journalist für mehrere Medien tätig. Ende 2003 wurde er Pressesprecher der CSU in München. Auf den Posten geholt hatte ihn damaligen Medienberichten zufolge die Bezirksvorsitzende Monika Hohlmeier, Tochter von CSU-Urgestein Franz Josef Strauß.

    Parteikollege bei Terroranschlag in Mumbai ums Leben gekommen

    Als ein Schlüsselerlebnis in Stürzenbergers politischer Laufbahn gilt der Tod eines CSU-Kollegen bei der blutigen Terrorserie in Mumbai im November 2008, als von Islamisten Luxushotels und ein jüdisches Zentrum angegriffen wurden. Er verließ die CSU und stieg 2011 bei der Partei Die Freiheit ein, die alsbald beim Landesverfassungsschutz als islamfeindliche Gruppierung auftauchte. Er wurde erst ihr bayerischer Landesvorsitzender, später Bundesvorsitzender. Als sich die Partei Ende 2016 auflöste, sagte er dem "Münchner Merkur": "Unsere letzte verbliebene Aufgabe, die Islamkritik in die Öffentlichkeit zu tragen, ist erfüllt, da die AfD dies nun überzeugend fortsetzt."
    Mehrfach trat Stürzenberger auf Veranstaltungen der Pegida-Bewegung in Dresden auf. Er organisierte zeitweise auch den bayerischen Pegida-Ableger Bagida. In München machte er sich mit seinen Anhängern gegen den Bau einer Moschee stark.
    Diese Nachricht wurde am 31.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.