Es ist die Stadt Bengasi, im Nordosten Libyens, die sich als erste vom Gaddafi-Regime befreit. Bereits im Januar rufen junge Leute über Facebook zum Widerstand auf. Mitte Februar dann schwappt die Protestwelle aus Tunesien und Ägypten auf Libyen über. Eine Demonstration in Bengasi eskaliert, es kommt zu Zusammenstößen zwischen Rebellen, der Polizei und Anhängern von Machthaber Gaddafi. Die meisten Informationen über die Lage vor Ort verlassen das Land über Facebook und Twitter. Aktivisten füttern das Netz so schnell und so gut es geht, berichtet damals der ARD-Korrespondent in Kairo, Reinhard Baumgarten
"Im Netz eingestellte Videos zeigen verwundete Menschen. Sie wurden niedergeschossen oder zusammengeschlagen. Sie zeigen junge Leute mit den gleichen Forderungen wie zuvor in Ägypten: Das Volk will den Rücktritt des Regimes. Das Regime antwortet. Allein in Bengasi, so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, sollen in der vergangenen Nacht mehr als 20 Menschen umgekommen sein."
Die Regierungstruppen kapitulieren, die Rebellen übernehmen die Macht in Bengasi. Von hier aus organisieren sie den Widerstand gegen Gaddafi, der sich bald auch auf andere Städte im Osten Libyens ausdehnt.
Gaddafi findet in einem Militärlager in der Nähe der Hauptstadt Tripolis Unterschlupf:
"Die Stunde des Sieges ist gekommen! Nicht zurück! Vorwärts, vorwärts, vorwärts! Revolution, Revolution!"
Ein Fausthieb auf das Rednerpult soll unterstreichen, was Gaddafi nur noch von ganz fanatischen Anhängern abgenommen wird. Dass er und nicht die Opposition eine Revolution durchführt. Dabei sagen sich hohe Militärs und Diplomaten von ihm und von ihrer Verantwortung gegenüber dem Gaddafi-Regime los. Wie etwa der stellvertretende Chef der Sicherheitskräfte
"Ich habe zu Gunsten [der Opposition] nachgegeben und habe den Sicherheitskräften befohlen, sich den Massen anzuschließen."
Ende Februar verhängt der UN-Sicherheitsrat in New York dann auch eine Reihe von Sanktionen gegen Libyen: Er schränkt die Reisefreiheit der Familie Gaddafi ein, sorgt dafür, dass ihre Konten eingefroren werden und beschließt ein Waffenembargo.
In Benagsi bilden die Aufständischen eine Übergangsregierung. An ihrer Spitze steht der ehemalige Justizminister Mustafa Abdel Jalil. Zwar ein ehemaliges Kabinettsmitglied unter Gaddafi, aber doch ein Mann, der sich den Respekt der Opposition erwarb, als er die Menschenrechtspolitik Gaddafis offen kritisierte. Sein Ziel:
"Hiermit geben wir allen bekannt, dass es unser Ziel ist, einen demokratischen Staat einzurichten, der alle internationalen Beziehungen und Verpflichtungen respektiert."
Das Ausland ist sich nicht sicher, ob die Opposition dieses Ziel selbst erreichen kann. Zumal sie nicht über ausreichend Waffen und Munition verfügt, um sich den massiven Angriffen der Gaddafi-Milizen entgegenzustellen.
Doch die Gegner Gaddafis geraten Anfang März durch die Gewalt des Regimes immer mehr in Bedrängnis, während die westlichen Staaten darüber streiten, ob sie den libyschen Rebellen militärisch zur Seite stehen sollen.
Der bisherige libysche Botschafter in Washington appelliert an die Welt: Ohne ihre Hilfe drohe seiner Heimat Schlimmes. Ali Suleiman Al Aujali:
"Diese Revolution wird nicht stoppen. Die Libyer haben keine Alternative: Entweder Sieg oder Tod. Es gibt keine Wahl: Wenn sie nicht im Krieg sterben, dann wird Gaddafi sie massakrieren."
Aus der Sicht des Diplomaten und auch aus der Perspektive der Aufständischen in Libyen könnte sich das Blatt zu diesem Zeitpunkt wenden, könnte Gaddafi wieder die Oberhand gewinnen. Die Antwort: eine Flugverbotszone über Libyen. Die Europäer wollen sich zunächst Rückendeckung von der UNO und von der arabischen Welt holen. Die arabische Liga spricht sich schließlich einstimmig für diese Maßnahme aus.
Zugleich aber stellt die Liga klar, dass sie keine fremde Militär-Intervention in Libyen wolle- Schon gar nicht von Seiten der NATO. Dennoch ist durch ihre Erklärung der Weg frei zu den Vereinten Nationen. Dort bringt der Libanon im Auftrag der Arabischen Liga einen Antrag ein, die Flugverbotszone über Libyen zu erzwingen.
Die Resolution 1973 geht über die geforderte Flugverbotszone hinaus, wie aus der Erklärung der amerikanischen UN-Botschafterin, Susan Rice, hervorgeht:
"Am 12. März rief die Arabische Liga den Sicherheitsrat auf, eine Flugverbotszone einzurichten und andere Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten zu ergreifen. Diese Resolution verlangt eine sofortige Waffenruhe und ein völliges Ende der Gewalt und der Angriffe gegen Zivilisten. Auf Bitten des libyschen Volkes und der Arabischen Liga hat der Sicherheitsrat die Anwendung von Gewalt erlaubt - einschließlich der Durchsetzung einer Flugverbotszone - um Zivilisten und zivile Gegenden zu schützen, die von Oberst Gaddafi, seinen Geheimdienst- und Sicherheitskräften wie auch seinen Söldnern angegriffen wurden."
Bei der Abstimmung in New York über die Resolution 1973 hat es erstaunlicherweise kein Veto eines der ständigen Mitglieder gegeben. Ebenso erstaunlich ist für viele, dass Deutschland sich der Stimme enthalten hat - wie auch Russland, China, Indien und Brasilien. Bundesaußenminister Guido Westerwelle
"Hätten wir dieser Resolution zugestimmt, wären wir als eines der großen NATO-Länder längst aufgefordert worden, auch mit deutschen Soldaten in Libyen dabei zu sein. Das ist eines der entscheidenden Argumente, eines der entscheidenden Gründe, warum wir uns enthalten haben."
Nur wenige Stunden später dann die nächste Überraschung, diesmal in Paris: Nicolas Sarkozy eröffnet am 19. März einen Sondergipfel zum Libyenkonflikt mit der Erklärung, dass Frankreich bereits begonnen habe, die Beschlüsse des Sicherheitsrates um- und durchzusetzen - und zwar zunächst allein.
Frankreich, Großbritannien und die USA beginnen mit ihrer Militärintervention. Gaddafi droht mit Vergeltung und wirft den Vereinten Nationen vor, sich entgegen der UN-Charta in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes einzumischen.
Am 29. März treffen sich Vertreter von 40 Staaten und Organisationen in London und beschließen, eine internationale Kontaktgruppe zu bilden. Sie soll das Handeln in der Libyen-Krise künftig koordinieren und den politischen Weg des libyschen Volkes begleiten. Am 31. März übernimmt die NATO das Kommando des Militäreinsatzes gegen das Gaddafi-Regime. Der libysche Außenminister Mussa Kussa flüchtet nach London. Beobachter werten dies als Zeichen für den weiteren Zerfall des Regimes. Am 13. April verlangt die Libyen-Kontaktgruppe den Rücktritt Gaddafis.
Als eindeutigen Erfolg verbucht die provisorische Übergangsregierung, dass sie Mitte Juli von der internationalen Libyen-Kontaktgruppe als einzig legitime Regierung des Landes anerkannt wird.
US-Außenministerin Hillary Clinton stellvertretend für die ganze Gruppe:
"Bis eine Übergangsregierung im Amt ist, werden die USA den Übergangsrat als legitime Regierungsautorität für Libyen anerkennen, und auf dieser Basis werden wir mit ihm verhandeln."
Das ist das diplomatische Aus für Gaddafi. Doch aufgeben will er zu diesem Zeitpunkt nicht. Obwohl es auch wirtschaftlich immer enger für das Regime wird. Nicht zuletzt als die Rebellen vor wenigen Tagen die Stadt Brega mit ihrem wichtigen Ölhafen erobern. Kurz danach stehen die Rebellen vor der Hauptstadt Tripolis.
"Im Netz eingestellte Videos zeigen verwundete Menschen. Sie wurden niedergeschossen oder zusammengeschlagen. Sie zeigen junge Leute mit den gleichen Forderungen wie zuvor in Ägypten: Das Volk will den Rücktritt des Regimes. Das Regime antwortet. Allein in Bengasi, so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, sollen in der vergangenen Nacht mehr als 20 Menschen umgekommen sein."
Die Regierungstruppen kapitulieren, die Rebellen übernehmen die Macht in Bengasi. Von hier aus organisieren sie den Widerstand gegen Gaddafi, der sich bald auch auf andere Städte im Osten Libyens ausdehnt.
Gaddafi findet in einem Militärlager in der Nähe der Hauptstadt Tripolis Unterschlupf:
"Die Stunde des Sieges ist gekommen! Nicht zurück! Vorwärts, vorwärts, vorwärts! Revolution, Revolution!"
Ein Fausthieb auf das Rednerpult soll unterstreichen, was Gaddafi nur noch von ganz fanatischen Anhängern abgenommen wird. Dass er und nicht die Opposition eine Revolution durchführt. Dabei sagen sich hohe Militärs und Diplomaten von ihm und von ihrer Verantwortung gegenüber dem Gaddafi-Regime los. Wie etwa der stellvertretende Chef der Sicherheitskräfte
"Ich habe zu Gunsten [der Opposition] nachgegeben und habe den Sicherheitskräften befohlen, sich den Massen anzuschließen."
Ende Februar verhängt der UN-Sicherheitsrat in New York dann auch eine Reihe von Sanktionen gegen Libyen: Er schränkt die Reisefreiheit der Familie Gaddafi ein, sorgt dafür, dass ihre Konten eingefroren werden und beschließt ein Waffenembargo.
In Benagsi bilden die Aufständischen eine Übergangsregierung. An ihrer Spitze steht der ehemalige Justizminister Mustafa Abdel Jalil. Zwar ein ehemaliges Kabinettsmitglied unter Gaddafi, aber doch ein Mann, der sich den Respekt der Opposition erwarb, als er die Menschenrechtspolitik Gaddafis offen kritisierte. Sein Ziel:
"Hiermit geben wir allen bekannt, dass es unser Ziel ist, einen demokratischen Staat einzurichten, der alle internationalen Beziehungen und Verpflichtungen respektiert."
Das Ausland ist sich nicht sicher, ob die Opposition dieses Ziel selbst erreichen kann. Zumal sie nicht über ausreichend Waffen und Munition verfügt, um sich den massiven Angriffen der Gaddafi-Milizen entgegenzustellen.
Doch die Gegner Gaddafis geraten Anfang März durch die Gewalt des Regimes immer mehr in Bedrängnis, während die westlichen Staaten darüber streiten, ob sie den libyschen Rebellen militärisch zur Seite stehen sollen.
Der bisherige libysche Botschafter in Washington appelliert an die Welt: Ohne ihre Hilfe drohe seiner Heimat Schlimmes. Ali Suleiman Al Aujali:
"Diese Revolution wird nicht stoppen. Die Libyer haben keine Alternative: Entweder Sieg oder Tod. Es gibt keine Wahl: Wenn sie nicht im Krieg sterben, dann wird Gaddafi sie massakrieren."
Aus der Sicht des Diplomaten und auch aus der Perspektive der Aufständischen in Libyen könnte sich das Blatt zu diesem Zeitpunkt wenden, könnte Gaddafi wieder die Oberhand gewinnen. Die Antwort: eine Flugverbotszone über Libyen. Die Europäer wollen sich zunächst Rückendeckung von der UNO und von der arabischen Welt holen. Die arabische Liga spricht sich schließlich einstimmig für diese Maßnahme aus.
Zugleich aber stellt die Liga klar, dass sie keine fremde Militär-Intervention in Libyen wolle- Schon gar nicht von Seiten der NATO. Dennoch ist durch ihre Erklärung der Weg frei zu den Vereinten Nationen. Dort bringt der Libanon im Auftrag der Arabischen Liga einen Antrag ein, die Flugverbotszone über Libyen zu erzwingen.
Die Resolution 1973 geht über die geforderte Flugverbotszone hinaus, wie aus der Erklärung der amerikanischen UN-Botschafterin, Susan Rice, hervorgeht:
"Am 12. März rief die Arabische Liga den Sicherheitsrat auf, eine Flugverbotszone einzurichten und andere Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten zu ergreifen. Diese Resolution verlangt eine sofortige Waffenruhe und ein völliges Ende der Gewalt und der Angriffe gegen Zivilisten. Auf Bitten des libyschen Volkes und der Arabischen Liga hat der Sicherheitsrat die Anwendung von Gewalt erlaubt - einschließlich der Durchsetzung einer Flugverbotszone - um Zivilisten und zivile Gegenden zu schützen, die von Oberst Gaddafi, seinen Geheimdienst- und Sicherheitskräften wie auch seinen Söldnern angegriffen wurden."
Bei der Abstimmung in New York über die Resolution 1973 hat es erstaunlicherweise kein Veto eines der ständigen Mitglieder gegeben. Ebenso erstaunlich ist für viele, dass Deutschland sich der Stimme enthalten hat - wie auch Russland, China, Indien und Brasilien. Bundesaußenminister Guido Westerwelle
"Hätten wir dieser Resolution zugestimmt, wären wir als eines der großen NATO-Länder längst aufgefordert worden, auch mit deutschen Soldaten in Libyen dabei zu sein. Das ist eines der entscheidenden Argumente, eines der entscheidenden Gründe, warum wir uns enthalten haben."
Nur wenige Stunden später dann die nächste Überraschung, diesmal in Paris: Nicolas Sarkozy eröffnet am 19. März einen Sondergipfel zum Libyenkonflikt mit der Erklärung, dass Frankreich bereits begonnen habe, die Beschlüsse des Sicherheitsrates um- und durchzusetzen - und zwar zunächst allein.
Frankreich, Großbritannien und die USA beginnen mit ihrer Militärintervention. Gaddafi droht mit Vergeltung und wirft den Vereinten Nationen vor, sich entgegen der UN-Charta in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes einzumischen.
Am 29. März treffen sich Vertreter von 40 Staaten und Organisationen in London und beschließen, eine internationale Kontaktgruppe zu bilden. Sie soll das Handeln in der Libyen-Krise künftig koordinieren und den politischen Weg des libyschen Volkes begleiten. Am 31. März übernimmt die NATO das Kommando des Militäreinsatzes gegen das Gaddafi-Regime. Der libysche Außenminister Mussa Kussa flüchtet nach London. Beobachter werten dies als Zeichen für den weiteren Zerfall des Regimes. Am 13. April verlangt die Libyen-Kontaktgruppe den Rücktritt Gaddafis.
Als eindeutigen Erfolg verbucht die provisorische Übergangsregierung, dass sie Mitte Juli von der internationalen Libyen-Kontaktgruppe als einzig legitime Regierung des Landes anerkannt wird.
US-Außenministerin Hillary Clinton stellvertretend für die ganze Gruppe:
"Bis eine Übergangsregierung im Amt ist, werden die USA den Übergangsrat als legitime Regierungsautorität für Libyen anerkennen, und auf dieser Basis werden wir mit ihm verhandeln."
Das ist das diplomatische Aus für Gaddafi. Doch aufgeben will er zu diesem Zeitpunkt nicht. Obwohl es auch wirtschaftlich immer enger für das Regime wird. Nicht zuletzt als die Rebellen vor wenigen Tagen die Stadt Brega mit ihrem wichtigen Ölhafen erobern. Kurz danach stehen die Rebellen vor der Hauptstadt Tripolis.