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Seebeben in Japan
Wie gut ist Fukushima vor solchen Ereignissen geschützt?

Ein Seebeben der Stärke 7,4 vor der japanischen Küste hat wieder den Blick auf das Atomkraftwerk Fukushima gelenkt. Nach Angaben der japanischen Wetterbehörde lag das Zentrum des Bebens in einer Tiefe von rund 60 Kilometern. Durch die Erschütterungen stürzten Häuser ein, es entstanden tiefe Risse in Autobahnen.

Von Dagmar Röhrlich | 17.03.2022
Ein starkes Erdbeben hat am 17. März 2022 den Nordosten Japans erschüttert, wo auch das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi liegt
Ein starkes Erdbeben hat am 17. März 2022 den Nordosten Japans erschüttert, wo auch das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi liegt (IMAGO/Kyodo News)

Was war der Auslöser für das Seebeben in Japan?

Auch dieses Beben hat etwas damit zu tun, dass dort die pazifische Meereskrustenplatte an einer Subduktionszone unter Japan ins Erdinnere sinkt. Allerdings sieht es so aus, als hätte sich dieses Beben nicht in dieser „Crash-Zone“ ereignet, sondern in der absinkenden Platte selbst. Doch ganz sicher ist das nicht, das müssen erst noch die genauen Auswertungen zeigen.

Kommen solche Beben dort öfter vor?

Ja, das ist nicht ungewöhnlich. Im Februar 2021 gab es fast an der gleichen Stelle ein nur wenig schwächeres Beben, und im darauf folgenden März dann noch einmal ein ähnliches 50 Kilometer weiter nördlich, wie Experten vom Geoforschungszentrum Potsdam, GFZ, erklären.

Warum hat dieses Beben denn so lange gedauert?

Das liegt wahrscheinlich daran, das es sozusagen zwei Beben direkt hintereinander waren: erst ein schwächeres Vorbeben mit einer Magnitude von rund 5,8 dessen Wellen noch einliefen als das stärkere Beben der Magnitude 7,3 einsetzte.

War das AKW Fukushima betroffen?

Gleich vorneweg: Es sind bislang keine sicherheitsrelevanten Probleme gemeldet worden. Die japanische Aufsichtsbehörde NRA teilte mit, dass „Mängel“ aufgetreten seien, die behoben beziehungsweise analysiert werden müssen. Erhöhte Strahlungswerte wurden nicht gemessen.

Was ist bei dem Beben in Fukushima passiert?

Fangen wir mit etwas Rätselhaften an: In Reaktorblock 1, der bei dem Unfall vom 11. März 2011 explodiert war, hat es Sicherheitsbehälter Druckschwankungen gegeben. Der Druck stieg für ein paar Minuten an, fiel dann unter dem normalen an, um sich wieder beim normalen Werten einzupegeln. Die Ursache dafür ermittelt Tepco derzeit.
Außerdem hat Tepco eine lange Liste herausgegeben, die aber nichts Gravierendes enthält. So ist ein Feueralarmmelder losgegangen, aber es gab keinen Brand, wie die Atomaufsichtsbehörde erklärte.
In Block 5 schaltete sich eine Kühlmittelpumpe in dem Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente automatisch ab, der Pumpenbetrieb lief nach etwas mehr als vier Stunden wieder.
In dem havarierten Block 2 wurde die Kühlanlagen im Brennelementlagerbecken gestoppt, weil der Wasserstand in dem einem mit dem Becken verbundenen Tank abgesunken war. Doch auch diese Anlage ist wieder in Betrieb. Und in den Blöcken 5 und 6 ist Wasser aus den Lagerbecken geschwappt.

Was ist mit den rund 1000 Tanks, in denen das kontaminierte Wasser gespeichert wird?

Da sollen sich einer oder auch mehrere – da gibt es unterschiedliche Angaben – um ein zwei bis zehn Zentimeter verschoben haben. Allerdings sind diese Tanks inzwischen flexibel angeschlossen worden, so dass das Problem gewesen zu sein scheint. Leckagen gab es keine, so die NRA.
Man muss dazu auch sagen, dass die Tanks seit der ersten Zeit verbessert worden sind. Anfangs wurden ja unter Zeitdruck zusammengeschraubte Tanks aufgestellt, die wurden inzwischen durch geschweißte Tanks ersetzt. Die setzen einem Erdbeben natürlich mehr Widerstand entgegen als verschraubte – sie sind also relativ erdbebensicher.

Was würde passieren wenn die Tanks auslaufen?

Das Wasser in den Tanks ist schon dekontaminiert worden – das heißt, in den meisten liegt die Kontamination unterhalb der Grenzwerte, wenn man von dem Tritium absieht, das sich nicht abscheiden lässt. Wenn der gesamte Inhalt dieser Tanks ins Meer flösse, dann wäre das glücklicherweise keine mit 2011 vergleichbare Katastrophe mehr. Und was ins Meer fließt, würde auch schnell verdünnt werden – es besteht also keine große Gefahr. Die Konzentrationen wären wohl zu niedrig, um im Pazifik Schaden anzurichten, so die Experten.

Also hat Fukushima das Beben also recht gut überstanden?

Die Reaktoren waren ja ursprünglich für Beben der Stärke acht ausgelegt worden, und haben 2011 einer Magnitude neun standgehalten. Ohne den Tsunami hätte es wohl keine Katastrophe gegeben. Nun sind die Anlagen durch die Ereignisse 2011 bei Weitem nicht mehr so stabil wie früher, aber sie haben diesmal gehalten.
Die Situation heute ist ganz anders als 2011. Damals war der Stromausfall auf der Anlage das größtes Risiko gewesen, weil damit der Reaktorkern nicht mehr gekühlt werden konnte. Und das hat dann zu den Explosionen und Kernschmelzen geführt, Inzwischen sind die Reaktoren seit elf Jahren nicht mehr in Betrieb, und damit produzieren die Brennelemente, aber auch die Kernschmelzen in den Blocken 1 bis 3 viel weniger Nachzerfallswärme. Es muss zwar noch gekühlt werden, aber weil die Wärmeproduktion nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen beträgt, kann es nach Ansicht der Experten der GRS, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, nicht mehr zu einer Kernschmelze kommen.