Seehofer hatte in der "Passauer Neuen Presse" gesagt: "Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung, es ist eine Herrschaft des Unrechts", weil Flüchtlinge ungehindert und ohne gültige Papiere ins Land kämen. Das Interview hatte wohl die Richtung des für heute geplanten politischen Aschermittwochs der CSU vorgeben sollen, berichtete Deutschlandfunk-Korrespondentin Katharina Hamberger. Wegen des Zugunglücks in Bad Aibling wurde der aber abgesagt.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte, als Ostdeutsche finde sie es unsäglich, einen solchen Vergleich zu ziehen. "Für diese Äußerung sollte er sich bei denen entschuldigen, die wirklich Opfer staatlichen Unrechts und von Diktatur sind", betonte Göring-Eckardt.
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, teilte mit: "Unser Land braucht kein bayerisches Donald-Trump-Double." Deutschland könne sich "das Maulheldentum eines Horst Seehofers einfach nicht länger leisten. " Er fügte hinzu, die CSU führe seit Monaten "bundespolitisch den kompletten Wahnsinn auf."
Auch Widerstand in der Großen Koalition
Auch in den Reihen von CDU und SPD gibt es Kritik. Der CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, warf Seehofer im Gespräch mit der Agentur Reuters vor, den Gegnern von Demokratie und Rechtsstaat in die Hände zu spielen.
Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner sagte, die Äußerung des CSU-Chefs zeuge von besorgniserregender geistiger Verwirrung. Die Generalsekretärin der Sozialdemokraten, Katarina Barley, forderte von Seehofer eine Distanzierung von seiner Aussage. Seine Wortwahl sei völlig daneben und eine Provokation, die deutlich über das Ziel hinausschieße.
Bundesregierung will sich nicht äußern
Die Bundesregierung lässt Seehofers Kritik an der Flüchtlingspolitik dagegen unwidersprochen. Sowohl Regierungssprecher Steffen Seibert als auch die Sprecher des SPD-geführten Justizministeriums und aller drei CSU-geführten Ministerien erklärten in Berlin, sie hätten nicht die Absicht, die Äußerung des bayerischen Ministerpräsidenten zu kommentieren.
Die Grünen wollen allerdings über eine Fragestunde im Bundestag eine Reaktion der Bundesregierung erzwingen. Der innenpolitische Sprecher Volker Beck reichte nach Angaben eines Sprechers für die nächste Sitzung am 17. Februar die Frage ein, ob die Bundesregierung der Meinung sei, dass die von Kanzlerin Angela Merkel verfügte Grenzöffnung für Flüchtlinge rechtlich gesehen Unrecht war.
(hba/fwa)