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Seenotrettung
Übergangslösung für Verteilung von Flüchtlingen gefunden

Alle Menschen, die aus dem Mittelmeer gerettet werden, sollen künftig von mehreren EU-Ländern aufgenommen werden. Das sieht ein Plan vor, auf den sich Malta, Italien, Deutschland und Frankreich geeinigt haben. Damit soll vermieden werden, dass Geflüchtete tagelang auf Rettungsschiffen ausharren müssen.

Von Paul Vorreiter | 24.09.2019
Such- und Rettungsmission im Mittelmeer vor der libyschen Küste am 27. Januar 2018
Die geflüchteten Menschen sollen nicht mehr tagelang auf dem Mittelmeer ausharren müssen (dpa / picture alliance/ Laurin Schmid / SOS MEDITERRANEE)
Für die Journalisten, die auf der Festung St. Angelo südlich von Valletta in der Nachmittagshitze warteten, hatte es der maltesische Innenminister spannend gemacht:
"Sorry for keeping you a bit later that it was actually planned, but it was for good results.", sagte Michael Farrugia, um anzukündigen, dass sich sein Land Malta mit Italien, Deutschland und Frankreich grundsätzlich auf einen Verteilmechanismus geeinigt hat.
Für diesen Mechanismus wollen die beteiligten Länder nun Verbündete suchen. Am 08. Oktober soll das Konzept dem EU-Innenministerrat in Luxemburg vorgestellt werden. Und das verspricht die Einigung: Italien und Malta sollen sich darauf verlassen können, dass sie nicht im Stich gelassen werden, wenn eine größere Anzahl von Migranten nach einer Seenotrettung bei ihnen an Land kommt.
Sicherheitschecks innerhalb eines Monats
Innerhalb von vier Wochen sollen die Menschen geprüft werden, Sicherheitschecks stattfinden, danach sollen die Migranten auf die Aufnahmeländer verteilt werden, nach einem Schlüssel, der erst feststehen soll, wenn die Anzahl aller teilnehmenden Länder bekannt ist. Bislang sind es nur Deutschland und Frankreich.
"Ich habe eine ganze Reihe von Ländern im Blick, die ganz sicher mitmachen werden. Es wird eine vorzeigbare Zahl am Ende dabei sein. Wir hatten in Helsinki den Eindruck, um die zwölf, 14 Staaten von 27."
Wie viele es genau sind, wird sich noch zeigen; es wird darauf ankommen, dass sie das Konzept überzeugt. Und das sieht vor, dass nicht nur Migranten mit Aussicht auf Asyl umgesiedelt werden, sondern alle, die aus Seenot gerettet werden. Das war den südlichen Ländern wichtig. Die hatten die Befürchtung, mit denjenigen zurückgelassen zu werden, die kein Asylrecht bekommen könnten. Personen, bei denen sich die Rückführungen auch sehr schwierig gestalten.
Einigung ist noch nicht in Kraft
Sollten Italien und Malta außergewöhnlich viele Migranten aufnehmen, dann behält sich Frankreich vor, einen Hafen zu öffnen, allerdings auf freiwilliger Basis, wie Horst Seehofer deutlich machte. Die italienische Idee, rotierende Hafenanlandungspläne zu machen, hatte sich offenbar nicht durchgesetzt. Die nun anvisierte Praxis soll jedenfalls mit der bisherigen Gangart Schluss machen, erklärte die Vertreterin der finnischen Ratspräsidentschaft, Maria Ohisalo.
"I find it crucial that we move away from a ship to ship based arrangements towards a more predictable solution."
Es soll Schluss damit sein, dass bei jedem neuen Fall von Seenotrettung die bekannte Spirale in Gang gesetzt werden muss; Telefonate quer durch die EU, mit der immer selben Frage: Welcher Staat kann wie viele Migranten aufnehmen und das während die Betroffenen tage- oder wochenlang im Mittelmeer umherirren. Aber die Einigung ist noch nicht in Kraft, die bisherigen Ad-Hoc-Lösungen noch nicht überflüssig gemacht.
Selbst wenn sich eine größere Anzahl von Ländern im Oktober auf den Mechanismus einlassen sollten, ist der Plan nur vorübergehend, auf sechs Monate angelegt, mit der Option, aus der Vereinbarung auszusteigen. In der Zwischenzeit – so die Hoffnung Horst Seehofers – soll die neue EU-Kommission unter Ursula von der Leyen an einer Neuausrichtung der Asylpolitik arbeiten.
"Nicht tausend Bedenken äußern, wie es gelegentlich in der Politik der Fall ist und das ist heute geschehen und ich bin nicht nur zufrieden, sondern auch glücklich."
Aller Freude zum Trotz: Noch ist der Verteilmechanismus nicht in Kraft gesetzt.