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Segeln
"Nur harte Arbeit zählt"

Zum ersten Mal seit zehn Jahren segelt beim Volvo Ocean Race wieder eine reine Frauencrew mit. Zum elfköpfigen Team SCA gehört Carolijn Bouwer, die im DLF exklusiv erläutert, wie sie "mental und körperlich" an ihre Grenzen gehen muss.

Carolijn Bouwer im Gespräch mit Astrid Rawohl |
    Das Team SCA beim Start des Rennens in Alicante.
    Das Team SCA beim Start des Rennens in Alicante. (Deutschlandradio / Astrid Rawohl)
    DLF: Wie ist ihre aktuelle Position?
    Carolijn Bouwer: Wir halten aktuell weiter Kurs gen Süden, steuern das Südpolarmeer an, nachdem wir entlang des südlichen Teils der brasilianischen Küste gesegelt sind. Derzeit liegen wir auf dem siebten Platz, sind also Letzte.
    Die Boote sind seit über 20 Tage unterwegs, wie sieht der Tagesablauf an Bord aus?
    Die meiste Zeit herrscht Routine, da ist alles genau durchgetaktet, vier Stunden an Deck "on watch" wechseln sich ab mit vier Stunden "off watch", also Ruhephase. Bist Du an Deck, beobachtest Du alles, checkst die Wind- und Wetterbedingungen, bestimmst den Kurs, steuerst und trimmst das Boot entsprechend. Du sorgst also dafür, dass das Boot so schnell wie möglich unterwegs ist. In der Zeit unter Deck kannst Du Dich ausruhen, die Batterien wieder aufladen, du isst, schläfst, nur damit du dann vier Stunden später wieder fit bist für die nächste Schicht.
    Wie ist die Stimmung im Team?
    Die Atmosphäre auf dem Boot ist irgendwie überraschend gut, das kann ich wirklich sagen. Wir hatten zwar einige wirklich harte Phasen die letzten Tage, aber das hat überhaupt nicht mit dem Teamgeist hier zu tun. Es ist einfach wunderbar, Teil der Crew zu sein und dieses Rennen mit diesen Frauen zu segeln.
    Was waren bislang die Highlights auf dem Weg von Alicante nach Südafrika?
    Ach, ich denke das ist einfach zu beantworten, es ist wirklich ein Highlight durch die Straße von Gibraltar zu segeln, und das auch noch als erstes Boot der Flotte. Das zu meistern und zu sehen, dass wir auch noch nach dieser Meerenge in Führung liegen, das war sagenhaft. Bis wir dann leider die Führung verloren haben. Aber ich bin sicher, da warten noch ganz viele Highlights auf uns.
    Gab es aus Sicht der Hochseeseglerin bislang schon einen richtig schwierigen Moment, eine sportlich heikle Passage?
    Wir reden hier ja über das Volvo Ocean Race und das ist nun einmal das schwerste Segelrennen überhaupt. Es fordert dich körperlich einerseits und bringt dich auch mental an die Grenzen. Der permanente Schlafmangel schlaucht, dadurch fehlt dir Energie, das ist physisch anstrengend, besonders weil es ja so viel zu tun gibt. Und geistig gibt es immer wieder neue Situationen, die du bedenken musst, da hatten wir schon einige Passagen, die anstrengend waren – auch für das Team, aber zum Glück haben wir das gut überstanden und kämpfen gemeinsam um eine bessere Platzierung.
    Wenn einen der Mut verlässt, allein auf hoher See, welche Rolle spielen dann die Kontakte in den sozialen Medien wie Twitter, Facebook oder so?
    All die Ermutigungen, die Kontakte, die Unterstützung der Fans, das ist das, was dich weitermachen lässt, wofür du das Rennen segelst. Klar, wir machen auch für uns selbst, für das Team SCA, für unsere Familien, Freunde, Unterstützer, also bitte sorgt dafür, dass weiter Nachrichten und Grüße kommen, das muntert uns echt auf und spornt uns an.
    Zum ersten Mal seit zehn Jahren segelt beim Ocean Race wieder ein reines Frauenteam mit. Was bedeutet es für Sie, zum Team SCA zu gehören?
    Von Anfang an war alles am Team SCA atemberaubend. Auch wie es überhaupt zusammengestellt wurde, das ist einfach einzigartig in diesem Sport. Uns Frauen wurde die Gelegenheit gegeben, dieses Rennen gemeinsam unter den gleichen Bedingungen zu segeln wie die Männer. Klar, uns fehlt noch einige Erfahrung auf vielen Gebieten. Aber da wir unsere Kampagne ja sehr früh begonnen haben, früh die richtigen Partner, die richtigen Spezialisten für unterschiedliche Bereiche an unsere Seite geholt haben, Coaches haben, die uns helfen. Wir haben wirklich anderthalb Jahre hart gearbeitet, den Erfahrungsrückstand, den wir im Vergleich zu den Männerteams haben, aufzuholen. Und das Team SCA gibt uns die Gelegenheit dazu, das sind Erfahrungen fürs Leben und die größte Chance, die Hochseeseglerinnen jemals hatten.
    Es gibt neue Regeln für diese Regatta, spielen die eine Rolle für Fairness und Attraktivität des Segelsports?
    Zum ersten Mal in diesem Volvo Ocean Race müssen alle Teams komplett baugleiche Boote benutzen müssen. Das heißt, alle sieben Boote sind identisch, jedes Team hat die gleiche Ausrichtung, die gleichen Segel und du darfst nichts verändern. Das ist natürlich für das Rennen super. Alles hängt damit von der Crew an Bord ab. Es gibt keine technischen Unterschiede, keinen Forschungs- oder Konstruktionsvorsprung, nur die physisch wie psychisch harte Arbeit der Segler zählt, nur ihr Einsatz bestimmt die Geschwindigkeit des Boots.
    Das vollständige Gespräch können Sie bis mindestens 2. Mai 2015 als Audio-on-demand abrufen.