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Segnung Homosexueller
"Das kann nicht sein, dass jemand, der segnet, bestraft wird."

Das "Nein" des Vatikans zur Segnung Homosexueller zeige, wie sich die Kirche in ihren eigenen Reihen zu den Menschenrechten verhalte, die sie nach außen immer wieder einfordere, sagte Pfarrer Burkhard Hose im Dlf. Die Lehre müsse geändert werden, ein progressiv lächelnder Papst helfe den Betroffenen wenig.

Burkhard Hose im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
Pfarrer Burkhard Hose überreicht Bischof Helmut Dieser und Birgit Mock, Vorsitzende des Synodal-Forums „Sexualität und Partnerschaft“, eine Unterschriftenliste von Gegnern, des vom Vatikan ausgesprochenen Segnungsverbots für Homosexuelle.
Pfarrer Burkhard Hose überreicht Bischof Helmut Dieser und Birgit Mock, Vorsitzende des Synodal-Forums „Sexualität und Partnerschaft“, eine Unterschriftenliste von Gegnern, des vom Vatikan ausgesprochenen Segnungsverbots für Homosexuelle (picture alliance / dpa | Marius Becker)
Wegen des Skandals um sexualisierte Gewalt und ihren Umgang damit ist die katholische Kirche in diesen Tagen schwer unter Beschuss. Gerade im Erzbistum Köln hat die Kirche einen massenhaften Austritt ihrer Gläubigen hinnehmen müssen. Hinzu kommt eine weitere Welle der Empörung als Reaktion auf die Entscheidung des Vatikans, auch in Zukunft keine Segnung homosexueller Paare in der katholischen Kirche vorzunehmen, jedenfalls nicht offiziell. Über 200 Theologinnen und Theologen reagierten mit einem Protestbrief, hunderte Pfarrer proben nun öffentlich den Aufstand und kündigen an, an ihrer Praxis festhalten zu wollen.
Die Initiative "Mehr Segen" hat dazu über 2.000 Unterschriften gesammelt, die im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken an hochrangige Katholiken übergeben wurden. Initiator von "Mehr Segen" ist Burkhard Hose, er ist Studentenpfarrer in Würzburg.

Dirk-Oliver Heckmann: Was genau haben Sie da im Kofferraum?
Burkhard Hose: ich habe eine Erklärung im Kofferraum, die 2.600 Hauptamtliche im kirchlichen Dienst, also im pastoralen Dienst, unterzeichnet haben. Das ist eine Erklärung, die erst mal dagegen protestiert, was da aus Rom kam, das "Nein" zu den Segnungen gleichgeschlechtlich liebender Paare. Und in dieser Erklärung bestärken die Unterzeichnenden noch mal, dass sie bisher schon gesegnet haben und weiter segnen werden, also drücken im Grunde ein Stück pastoralen Ungehorsam aus.
Heckmann: Ein ungewöhnlicher Vorgang, kann man sagen. Sie übergeben die Unterschriften, wenn ich das richtig gelesen habe, an das ZDK, weshalb nicht an den eigentlichen Adressaten, an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Bätzing?
Hose: Wir haben von vorneherein gleich zwei Adressaten im Blick gehabt, das eine ist sozusagen der synodale Weg und die Verantwortlichen im synodalen Weg, das andere war der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Jetzt ist es heute so, dass wir tatsächlich an die Forumsvorsitzende im synodalen Weg, die für diesen Bereich und diese Thematik auch verantwortlich ist, Frau Birgit Mock, und an Bischof Dieser, an diese beiden die Unterschriften überreichen und damit sozusagen beide erwischen, den synodalen Weg und die Bischofskonferenz. Deshalb heute diese Übergabe.
Plakat der katholischen Frauen-Initiative Maria 2.0
Kritik am Erzbistum Köln - "Entschuldigungen und Bußgänge bleiben folgenlos"
Maria Mesrian von der Initiative Maria 2.0 glaubt nicht, dass nach der Veröffentlichung des Gutachtens zu sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln die systembedingten Ursachen angegangen werden. Für einen Neuanfang seien "Konsequenzen in der obersten Leitungsebene" notwendig, sagte sie im Dlf.
Heckmann: Weshalb nicht an den Chef der Bischofskonferenz?
Hose: Der Chef der Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, hat uns eine E-Mail geschickt und meinte, dass er wegen der Übergabe heute, weil da ja auch Bischof Dieser bei ist, einen zusätzlichen Termin nicht für nötig erachtet hat, uns aber in der E-Mail gedankt für die Initiative, uns Grüße ausrichten lassen hat und nicht zuletzt auf sein Interview, das er vor wenigen Tagen gegeben hat, in dem er eigentlich unsere Position auch noch mal aufnimmt und auch ein Stück stärkt, verwiesen. Von daher fühlen wir uns durch diese Absage einerseits doch auf der anderen Seite irgendwie bestätigt.

"Eine Logik, die nicht mehr nachvollziehbar ist"

Heckmann: Okay, Herr Hose, die Empörung über den Umgang mit dem Skandal um sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche ist ja mit Händen zu greifen in diesen Tagen und Wochen. Wie groß ist denn die Aufregung jetzt um das Verbot der Segnung homosexueller Paare. Ist das eher ein Thema für Spezialthema-Interessierte oder wie sieht das aus?
Hose: In der Öffentlichkeit, muss ich sagen, konnte man zwischendurch fast den Eindruck gewinnen, als würde dieses Thema und die Aufmerksamkeit rund um die Segnung gleichgeschlechtlich liebender Paare die Missbrauchsthematik ein Stück überdecken. Ich glaube, es geht in beiden Dingen irgendwo auch um denselben Punkt, nämlich um die Anerkennung der Integrität von Persönlichkeiten, von Personen. Es geht darum, dass Menschen so, wie sie sind, geschützt sind, dass sie ein Anrecht haben auf die Achtung ihrer Würde. Und natürlich ist das Thema Segnung Homosexueller auch ein Stück ein etwas Fröhlicheres. Viele haben jetzt Regenbogenfahnen an ihren Kirchen aufgehängt, das ist natürlich etwas, womit man sich auch schneller solidarisieren kann als doch mit dem sehr schweren Thema, das alles andere als fröhlich ist, das man wirklich nur als düster bezeichnen kann, die Aufarbeitung des Missbrauchs. Beides ist wichtig und kein Thema sollte durch das andere irgendwie überdeckt werden.
Julia Knop, Professorin für katholische Theologie an der Universität Erfurt
Segnung homosexueller Paare - "Es kann keine gerechte Diskriminierung geben"
Der Vatikan verbietet die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und verweist auf die Schöpfungsordnung. Schwule und Lesben müssten Verständnis haben für diese "gerechte Diskriminierung". Aus Protest wehen Regenbogenfahnen an Kirchen, Theologinnen und Theologen widersprechen Rom.
Heckmann: Aber jetzt sagt der Vatikan ja nicht, wir schätzen nicht homosexuelle Partnerschaften, wir akzeptieren sie, wir segnen sie aber nicht. Das ist ja kein Beleg dafür, dass Personen in ihrer Integrität nicht akzeptiert werden.
Hose: Wissen Sie, das ist so ein Argument, in dieser Begründung des Vatikans selber heißt es ja, es liegt keine Diskriminierung vor beziehungsweise sogar eine gerechte Diskriminierung. Jetzt sagen Sie das mal Menschen, die davon betroffen sind, dass zwar sie als Personen von der Kirche nicht diskriminiert würden, aber ihre Beziehung und die Art, wie sie ihr Menschsein leben. Das ist keinem mehr zu erklären und das ist eine Logik, die nicht mehr nachvollziehbar ist. Es geht, und das ist auch unsere Forderung im Vollen, um eine Änderung der Lehre, die Lehre der Kirchen, so wie es im Katechismus festgehalten ist, bezeichnet nämlich immer noch Menschen, die gleichgeschlechtlich lieben als Menschen, die wider die Natur lieben und in Sünde lieben. Also, sich da nur sozusagen hilfsbedürftigen Menschen zuzuwenden und ihnen zu sagen, dass man sie nicht diskriminiere, aber ihre Art zu leben, all das, was zu ihnen gehört als Sünde und als naturwidrig zu bezeichnen – das geht nicht mehr.

"Ich möchte nicht als Priester in einer Institution arbeiten, die Menschen diskriminiert"

Heckmann: Aber der Papst hat sich ja beispielsweise recht positiv geäußert homosexuellen Menschen gegenüber auch.
Hose: Ja, im Konkreten, das ist halt so, wie der Papst das immer wieder tut. Er überrascht ja immer wieder diejenigen, die ihn gerne als Seelenbefreier und den Reformer sehen wollen, und in der Lehre, in Fragen der Lehre dann doch keine Änderung herbeiführt. So ist es auch in dieser Frage. Solange die Lehre nicht geändert ist, kann der Papst freundlich sein und lächeln, aber das wird letztlich den Betroffenen auf Dauer nicht helfen.
Heckmann: Weshalb ist Ihnen die Segnung homosexueller Paare oder queerer Paare so wichtig? Man könnte ja auch sagen, die katholische Kirche ist der Meinung, gelebte Homosexualität ist Sünde, Sie haben es gerade ja auch schon mal erwähnt, homo- oder bisexuelle Menschen sind nicht erwünscht, dann kann man doch auch gehen.
Hose: Das stimmt, es sind natürlich auch schon viele gegangen. Und es wird ja auch immer wieder gefragt, wie viele Paare haben Sie denn schon gesegnet oder wie viele melden sich jetzt? Das sind natürlich verschwindend wenige. Mir geht es tatsächlich zum einen natürlich konkret um die Segnung, zum anderen aber, und das ist viel wichtiger, um die Anerkennung letztlich der Menschenrechte. Das ist die Frage, wie verhält sich die Kirche in ihren eigenen Reihen zu den Menschenrechten, die sie ja nach außen auch immer wieder einfordert, auch sehr glaubwürdig bezeugt. Ich möchte nicht als Priester in einer Institution arbeiten, die Menschen diskriminiert und Menschenrechte nicht beachtet, deswegen trete ich so dafür ein.
Regenbogenflagge an einem Kruzifix
Katholische Sexualmoral - „Die katholische Kirche fügt Homosexuellen Leid zu“
Papst Franziskus spricht sich in einem Film für die zivilrechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aus. Der Vatikan stellt klar: Die Lehre, wonach praktizierte Homosexualität Sünde ist, verändert sich dadurch nicht. Der Theologe Stephan Goertz sagt: Sie muss sich ändern, um ethisch zu sein.
Heckmann: Man könnte aber auf der anderen Seite auch sagen, dass die katholische Kirche ja von Traditionen lebt auch, die es so woanders nicht gibt, zum Beispiel gibt es ja keine Frauen als Pfarrer beispielsweise. Würde sich die katholische Kirche denn nicht selbst zerstören, wenn sie würde wie alle anderen?
Hose: Nur dann, wenn sie diese Fragen zum Kernbestand ihrer Botschaft erhebt, also die Frage, ob Frauen zum Priesteramt zugelassen werden dürfen, oder die Frage, wie sie zu homosexuellen Menschen steht. Und wenn man unsere Tradition in den Blick nimmt, die biblische Tradition, dann muss man sagen, das ist eben nicht Kernbestand. Der Kernbestand der Botschaft Jesu ist ein anderer, und ich glaube, dass dadurch, dass die Kirche das so ins Zentrum rückt, letztlich der Blick auf die Botschaft Jesu verstellt wird. Und wir möchten die Botschaft Jesu wieder ein Stück weit davon befreien.

"Druck auch auf die erhöhen, die noch ganz auf der römischen Linie unterwegs sind"

Heckmann: Was ist denn, wenn die Priester und Ordensleute, die jetzt unterschrieben haben, da ihren Worten auch Taten folgen lassen und weiter segnen. Rechnen Sie, auch Sie persönlich, mit Konsequenzen?
Hose: In der Vergangenheit war es zumindest so. Ich weiß von einigen, die dienstrechtliche Konsequenzen zu tragen hatten, mit Abmahnungen zu tun hatten, sogar mit der Androhung von Suspendierung. Das ist ein Teil unserer Forderung, für die ich heute nach Bonn reise, dass wir die Bischöfe auffordern, dass Menschen, die segnen, nicht mehr dafür bestraft werden. Das kann nicht sein, dass jemand, der segnet, bestraft wird. Das ist auch etwas, wo ich mir sehr direkt auch eine konkrete Zusage der Bischöfe erwarte, denn das liegt in ihrem Ermessen.
Heckmann: Und Sie glauben, dass das kommt?
Hose: Ich hoffe es. Es haben zumindest einige Bischöfe doch auch schon Signale gesetzt. Es ist ja nicht so, dass alle deutschen Bischöfe da nicht schon einen Schritt weiter wären. Einige haben sich auch sehr deutlich geäußert, unter anderem der Vorsitzende der Bischofskonferenz, dass sie sehr unglücklich sind und nicht übereinstimmen mit dieser Äußerung aus Rom, der Essener Bischof, also, es ist nicht so, dass da von allen gleichermaßen jetzt weiterhin Restriktionen zu erwarten sind. Aber wir wollen natürlich den Druck auch auf die erhöhen, die noch ganz auf der römischen Linie unterwegs sind.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.