"Ich bin Ursula Hahmann und komme vom Zeitfenster und wir werden am Montag auch einen Segnungsgottesdienst anbieten. Segnen ist ja nichts anderes als Gott darum zu bitten, sich zuzuwenden und jemanden etwas Gutes zuzusagen. Mir leuchtet das absolut nicht ein, warum die Kirche zwar Zäune und Baumaschinen segnen kann, es ihr aber nicht gelingt, einem sich liebenden Paar, den Segen zuzusprechen. Ich mache bei "Liebe gewinnt" mit, weil ich möchte dass Gottes Liebe in allen ihren Formen in der Liebe sichtbar wird."
Schon am Wochenende haben die ersten Segensfeiern begonnen, wie in der Kirche in Trier, in Essen oder in München. Am Schluss gab's den Segen für Paare, Corona-Bedingt mit Abstand für jeden, der wollte. "Mitte März kam das Schreiben aus dem Vatikan, der das Segnen gleichgeschlechtlicher Paare verbietet. Seitdem werden Regenbogenfahnen an Kirchen gehisst, Unterschriften gesammelt, Aufsätze publiziert und die Segnungsaktion für alle wurde geboren."
Der Theologe und Priester Hubertus Lutterbach sagt: "Ich beteilige mich als Priester in der Gemeinde Heilig Kreuz in Osnabrück zusammen mit anderen aus dem hauptamtlichen Team an dieser Aktion. Weil wir der Überzeugung sind, dass das, was im Evangelium am Sonntag auch vorgesehen ist, als Text in die Tat umgesetzt werden soll. Es heißt im Evangelium. Ein Gebot gebe ich euch, sagt Jesus, liebt einander. Und das kann ja sehr unterschiedliche Ausdrucksformen annehmen", sagt der Kirchenhistoriker und Theologe Hubertus Lutterbach von der Uni Duisburg/Essen ist seit letztem Jahr auch Priester und tritt für die Segnung aller Menschen ein, er ist Mitinitiator der Aktion "Liebe gewinnt". "Die Glaubenskongregation hat ja gesagt, dass diese Segnung von Homosexuellen nicht sein soll. Aber die Frage, die sich doch stellt, ist, ob das Argument, was da vorgetragen wird, wirklich stichhaltig ist."
"Nicht als Bittsteller bedient werden"
Lutterbach hat da eine andere Auffassung. Die Kirche könne den Menschen gar nicht den Segen verweigern, sagt er.
"Aus meiner Sicht hat jeder darauf ein Recht. Es geht nicht darum, dass sie im Grunde als Bittsteller bedient werden von der Kirche und mit einer Haltung bedient wird, dass sie froh sein können, dass sie diesen Segen empfangen sollen. Ich finde, wie jeder andere Gläubige, wie jeder andere Christ und jede andere Christin haben diese Menschen, egal ob sie alleine kommen oder ob sie als Paar kommen, ein Recht auf einen solchen Segen."
Jens Ehebrecht-Zumsande sagt: "Genau, das muss man ganz, ganz deutlich sagen, auch aus einer theologischen Perspektive. Segen ist etwas Unverfügbares. Segen ist nichts, was die Kirche besitzt oder wo jemand drüber verfügen kann, wer ihn bekommt oder nicht. Sondern die Kirche hat da eigentlich einen Auftrag und eine Dienstleistungsfunktion, den Segen Gottes Menschen zuzusprechen und ihnen zu verschenken. Also Segen ist nichts, womit man irgendeine Begrenzung machen kann."
Jens Ehebrecht-Zumsande ist ebenfalls Mitinitiator. Der Religionspädagoge ist zwar beim Erzbistum Hamburg Leiter des Grundlagenreferates Kirche in Beziehung, aber in dieser Aktion tritt er als explizit als Privatperson auf. Er beobachtet, dass die Aktion viel Zuspruch von der Basis erhalte, es sei eine Art….
"….Graswurzelrevolution. Ich glaube, es zeigt einfach, dass auch diese Auseinandersetzung, die geht ja auch quer durch die Hierarchie ist es ja auch nicht so, dass jetzt alle Bischöfe nur dafür oder dagegen sind. Und man kann wirklich sagen von oben nach unten hindurch gibt es da eine breite Diskussion. Und eben auch viele, die sagen, wir möchten ja für ein anderes Gesicht von Kirche stehen."
Hilfreich oder nicht?
Einige katholische Bischöfe sprachen sich vorab für die Segnung aus, dass ihre kirchlichen Seelsorger und Mitarbeiter keine Sanktionen zu erwarten hätten, wenn sie sich beteiligten. Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, bezeichnete die Aktion hingegen als "nicht hilfreiches Zeichen", wünschte sich aber eine theologische Neubewertung der Homosexualität.
Warum wünschen sich Homosexuelle überhaupt den Segen einer Kirche, die diese Liebe offiziell verurteilt? Der Katholik Rainer Teuber und sein heutiger Ehemann konnten vor 17 Jahren nicht nach dem Segen fragen. Er hatte sogar Angst, dass sein kirchlicher Arbeitgeber ihm kündigt. Schließlich wandte sich das Paar an einen evangelischen Pastor.
Rainer Teuber erzählt: "Der uns aber auch nicht in einer evangelischen Kirche segnen konnte, weil er einfach gesagt hat, zwei katholische Christen in einer evangelischen Kirche. Das kriegte er auch nicht durch. Und so sind wir damals eben mit unserer ganzen Familie, mit unserem Freundeskreis und dem evangelischen Pfarrer in einer Gaststätte gelandet."
Die Kneipe als letzter Ort für die christliche Segnung einer Partnerschaft. Jetzt will das Paar nach 17 Jahren den Segen in der katholischen Kirche nachholen, offiziell und nicht heimlich. Am vergangenen Sonntag waren die beiden bereits im Essener Dom zur Segensfeier, dort waren sie aber ein Paar unter vielen. "Und wir würden diesen kirchlichen Segen gerne jetzt auch nochmal öffentlich machen und in der Öffentlichkeit unsere Liebe voreinander bekennen und auch vor Gott tragen und in der Öffentlichkeit eben segnen lassen wollen. Uns wäre einfach noch mal wichtig eine eigene öffentliche Segensfeier nur für uns."