O-Ton Peer Steinbrück: "Wir werden so schnell wie möglich die Stromsteuer senken müssen, damit die Menschen schnell eine Entlastung haben bei den Strompreisen. Aber der zweite Schritt wird sein müssen eine umfassende Novelle des EEG."
O-Ton Angela Merkel: "Dass die Fotovoltaik eine so rasante Entwicklung nimmt, war vor Jahr und Tag nicht bekannt. Und jetzt heißt es, wir brauchen dringend eine Novelle des EEG."
Jule Reimer: Eine Einigkeit gab es auf jeden Fall gestern beim Fernsehduell zwischen Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss reformiert werden und mit höheren Strompreisen will auch keiner der Kandidaten die Wähler weiter verschrecken. Kurz zuvor hatten weitere Warnungen über einen Anstieg der EEG-Umlage auf über sechs Cent die Runde gemacht. Am Donnerstag nun will die Monopolkommission, die die Bundesregierung berät, neue Ideen zur Energiewende einbringen.
Am Telefon ist jetzt ein anderer Regierungsberater, nämlich Andreas Löschel, Volkswirtschaftsprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Vorsitzender der vierköpfigen Expertenkommission, die die Energiewende wissenschaftlich begleitet. Guten Tag, Herr Löschel!
Andreas Löschel: Guten Tag, Frau Reimer.
Reimer: Greenpeace mit Lobeshymnen zur Energiewende und auch zu den Kosten. Hat die Organisation zu sehr die rosa Brille auf?
Löschel: Nein. Ich denke schon, dass wir im Bereich der Erneuerbaren sehr gute Fortschritte gemacht haben, was die Kosten der Erneuerbaren angeht. Die sind in den letzten Jahren tatsächlich sehr stark gestiegen. Jetzt geht es aber darum: Wie kann man von hieraus weitermachen, das jetzige EEG weiterentwickeln, um die ambitionierten Ziele, die wir für die Zukunft haben, tatsächlich auch erreichen zu können.
Reimer: Der "Spiegel" schreibt, die Monopolkommission werde jetzt ein Quotenmodell vorschlagen. Das heißt, es wird eine Quote festgelegt, ein bestimmter Zeitpunkt, zu dem dann der Ausbau der erneuerbaren Energien um so und so viel Prozent gestiegen sein soll. Dieses Modell ist in Großbritannien gescheitert. Wie kommen die dann zu so einem Vorschlag?
Löschel: Das Quotenmodell selber ist erst einmal der Versuch, dem Markt wieder mehr von seiner Steuerungsfunktion zu geben, also zu schauen, was sind tatsächlich effiziente, kostengünstige Technologien, Anlagen, Standorte, in die investiert werden soll. Das ist erst mal ein sehr sinnvoller Ansatz. Das Problem aber in der Ausgestaltung ist tatsächlich dann die Strafzahlung, also was passiert, wenn wir den Ausbau so nicht schaffen, und in Großbritannien war diese Strafzahlung zu niedrig angesetzt. Deswegen hat man die Ziele nicht erreicht, die Mengenziele, die man sich gegeben hat. Die Unternehmen haben lieber die Strafe gezahlt. Aber es gibt andere Beispiele, etwa in Schweden, wo diese Strafzahlung höher und dynamisch angesetzt wurde, wo die Zielerreichung viel besser funktioniert hat.
Reimer: Eine Kritik am Quotenmodell lautet auch, dass da vorwiegend große Player zum Zuge kommen würden. Das heißt, Bürgerparks zum Beispiel, so wie es sie hier im Bereich der Windenergie gibt, wären dann gar nicht mehr denkbar.
Löschel: Das sehe ich nicht so. Ich denke, es ist sicher ein Problem im Bereich zum Beispiel von Offshore-Wind, wo wir doch sehr große Transaktionskosten haben für diese Projekte. Bei anderen Projekten sehe ich das in der Form nicht gegeben. Man muss auch sehen, dass das Quotenmodell natürlich mit großen Preisrisiken verbunden ist, denn die Investoren, die sehen sich jetzt nicht nur dem Strompreis ausgesetzt, sondern auch einer unsicheren Prämie für ihre Quote, einen unsicheren Preis im Quotenmarkt. Deswegen gibt es tatsächlich hier mehr Risiken. Die Frage ist, wie kann man das besser machen. Eine Möglichkeit wäre hier eine fixe Zahlung pro eingespeiste Kilowattstunde, eine Prämie auf den Marktpreis. Das würde die Ziele ebenso kostengünstig erreichen, wäre aber mit weniger Unsicherheiten insbesondere dann für kleine Investoren verbunden.
Reimer: Wir sitzen aber auf bestimmten Kosten fest, nämlich auf den zugesagten Vergütungen für die Investoren, die in Solar- oder in Windenergie in den vergangenen Jahren zum Teil ja auch zu hohen Kosten noch in der Vergangenheit zumindest investiert haben. Wie wollen Sie da rauskommen?
Löschel: Da kommen wir nicht mehr raus. Tatsächlich muss man sagen, dass hier einfach in den letzten zwei bis drei Jahren eine Anpassung dieser Vergütungssätze im EEG verpasst wurde. Es war ja auch vor der Bundestagswahl eigentlich schon Einigkeit darüber, dass zum Beispiel im Bereich der Windenergie die Fördersätze im EEG gesenkt werden könnten. Das ist unterblieben und deswegen brauchen wir ein System, das eine gewisse Selbstbindung der Politik auch beinhaltet, hier Anpassungen vorzunehmen und sich eben nicht den verschiedenen Interessengruppen auszusetzen.
Reimer: Würden Sie den verschiedenen Vorschlägen folgen, die vorsehen, die Energieanbieter dazu zu zwingen, stärker die Preisvorteile, die sie an der Börse mit ihrem Stromeinkauf haben, weiterzugeben an die Verbraucher?
Löschel: Diese Preisvorteile, wenn sie bestehen, sollten tatsächlich weitergegeben werden. Aber das adäquate Mittel aus meiner Sicht ist erst mal, entsprechenden Wettbewerb auf den Energiemärkten zu schaffen, denn wenn Verbraucher hier viel stärker ihren Anbieter wechseln, dann wird es nicht mehr möglich sein, hier entsprechend diese Weitergabe nicht vorzunehmen. Das ist das wichtige und das sollte angegangen werden, nicht so sehr die staatliche Reglementierung von Preisen.
Reimer: Vielen Dank! – Andreas Löschel war das, Professor für Volkswirtschaft und Vorsitzender der Expertenkommission, die die Energiewende der Bundesregierung wissenschaftlich begleitet.
O-Ton Angela Merkel: "Dass die Fotovoltaik eine so rasante Entwicklung nimmt, war vor Jahr und Tag nicht bekannt. Und jetzt heißt es, wir brauchen dringend eine Novelle des EEG."
Jule Reimer: Eine Einigkeit gab es auf jeden Fall gestern beim Fernsehduell zwischen Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss reformiert werden und mit höheren Strompreisen will auch keiner der Kandidaten die Wähler weiter verschrecken. Kurz zuvor hatten weitere Warnungen über einen Anstieg der EEG-Umlage auf über sechs Cent die Runde gemacht. Am Donnerstag nun will die Monopolkommission, die die Bundesregierung berät, neue Ideen zur Energiewende einbringen.
Am Telefon ist jetzt ein anderer Regierungsberater, nämlich Andreas Löschel, Volkswirtschaftsprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Vorsitzender der vierköpfigen Expertenkommission, die die Energiewende wissenschaftlich begleitet. Guten Tag, Herr Löschel!
Andreas Löschel: Guten Tag, Frau Reimer.
Reimer: Greenpeace mit Lobeshymnen zur Energiewende und auch zu den Kosten. Hat die Organisation zu sehr die rosa Brille auf?
Löschel: Nein. Ich denke schon, dass wir im Bereich der Erneuerbaren sehr gute Fortschritte gemacht haben, was die Kosten der Erneuerbaren angeht. Die sind in den letzten Jahren tatsächlich sehr stark gestiegen. Jetzt geht es aber darum: Wie kann man von hieraus weitermachen, das jetzige EEG weiterentwickeln, um die ambitionierten Ziele, die wir für die Zukunft haben, tatsächlich auch erreichen zu können.
Reimer: Der "Spiegel" schreibt, die Monopolkommission werde jetzt ein Quotenmodell vorschlagen. Das heißt, es wird eine Quote festgelegt, ein bestimmter Zeitpunkt, zu dem dann der Ausbau der erneuerbaren Energien um so und so viel Prozent gestiegen sein soll. Dieses Modell ist in Großbritannien gescheitert. Wie kommen die dann zu so einem Vorschlag?
Löschel: Das Quotenmodell selber ist erst einmal der Versuch, dem Markt wieder mehr von seiner Steuerungsfunktion zu geben, also zu schauen, was sind tatsächlich effiziente, kostengünstige Technologien, Anlagen, Standorte, in die investiert werden soll. Das ist erst mal ein sehr sinnvoller Ansatz. Das Problem aber in der Ausgestaltung ist tatsächlich dann die Strafzahlung, also was passiert, wenn wir den Ausbau so nicht schaffen, und in Großbritannien war diese Strafzahlung zu niedrig angesetzt. Deswegen hat man die Ziele nicht erreicht, die Mengenziele, die man sich gegeben hat. Die Unternehmen haben lieber die Strafe gezahlt. Aber es gibt andere Beispiele, etwa in Schweden, wo diese Strafzahlung höher und dynamisch angesetzt wurde, wo die Zielerreichung viel besser funktioniert hat.
Reimer: Eine Kritik am Quotenmodell lautet auch, dass da vorwiegend große Player zum Zuge kommen würden. Das heißt, Bürgerparks zum Beispiel, so wie es sie hier im Bereich der Windenergie gibt, wären dann gar nicht mehr denkbar.
Löschel: Das sehe ich nicht so. Ich denke, es ist sicher ein Problem im Bereich zum Beispiel von Offshore-Wind, wo wir doch sehr große Transaktionskosten haben für diese Projekte. Bei anderen Projekten sehe ich das in der Form nicht gegeben. Man muss auch sehen, dass das Quotenmodell natürlich mit großen Preisrisiken verbunden ist, denn die Investoren, die sehen sich jetzt nicht nur dem Strompreis ausgesetzt, sondern auch einer unsicheren Prämie für ihre Quote, einen unsicheren Preis im Quotenmarkt. Deswegen gibt es tatsächlich hier mehr Risiken. Die Frage ist, wie kann man das besser machen. Eine Möglichkeit wäre hier eine fixe Zahlung pro eingespeiste Kilowattstunde, eine Prämie auf den Marktpreis. Das würde die Ziele ebenso kostengünstig erreichen, wäre aber mit weniger Unsicherheiten insbesondere dann für kleine Investoren verbunden.
Reimer: Wir sitzen aber auf bestimmten Kosten fest, nämlich auf den zugesagten Vergütungen für die Investoren, die in Solar- oder in Windenergie in den vergangenen Jahren zum Teil ja auch zu hohen Kosten noch in der Vergangenheit zumindest investiert haben. Wie wollen Sie da rauskommen?
Löschel: Da kommen wir nicht mehr raus. Tatsächlich muss man sagen, dass hier einfach in den letzten zwei bis drei Jahren eine Anpassung dieser Vergütungssätze im EEG verpasst wurde. Es war ja auch vor der Bundestagswahl eigentlich schon Einigkeit darüber, dass zum Beispiel im Bereich der Windenergie die Fördersätze im EEG gesenkt werden könnten. Das ist unterblieben und deswegen brauchen wir ein System, das eine gewisse Selbstbindung der Politik auch beinhaltet, hier Anpassungen vorzunehmen und sich eben nicht den verschiedenen Interessengruppen auszusetzen.
Reimer: Würden Sie den verschiedenen Vorschlägen folgen, die vorsehen, die Energieanbieter dazu zu zwingen, stärker die Preisvorteile, die sie an der Börse mit ihrem Stromeinkauf haben, weiterzugeben an die Verbraucher?
Löschel: Diese Preisvorteile, wenn sie bestehen, sollten tatsächlich weitergegeben werden. Aber das adäquate Mittel aus meiner Sicht ist erst mal, entsprechenden Wettbewerb auf den Energiemärkten zu schaffen, denn wenn Verbraucher hier viel stärker ihren Anbieter wechseln, dann wird es nicht mehr möglich sein, hier entsprechend diese Weitergabe nicht vorzunehmen. Das ist das wichtige und das sollte angegangen werden, nicht so sehr die staatliche Reglementierung von Preisen.
Reimer: Vielen Dank! – Andreas Löschel war das, Professor für Volkswirtschaft und Vorsitzender der Expertenkommission, die die Energiewende der Bundesregierung wissenschaftlich begleitet.