Samstag auf dem Campus Senftenberg der BTU. Es ist einer der ersten richtig warmen Frühlingstage. Trotzdem haben sich in einem schmucklosen Raum unter Neonlicht ein halbes Dutzend Männer und Frauen eingefunden zum Vorbereitungskurs Physik.
"Weil es jetzt kurz nach dem Mittagessen ist, wollen wir jetzt mal nichts kompliziertes rechnen. Ich mache mal ein Experiment vor ..."
Dozent Olaf Gutschker stellt eine kleine flache Scheibe auf eine große, stößt sie an und lässt sie sich drehen.
"Okay, ich hab das angedreht. Aber die Erde hat auch irgendjemand angedreht. Letztlich ist da jetzt keine Batterie mehr in der Erde, die die dreht. Die ist ein Mal angedreht worden und dreht sich ewig weiter."
Hohe Motivation bei den Teilnehmern
Mit abgeschlossener Berufsausbildung und nach mindestens zwei Jahren im Job können Interessierte ein fachgebundenes Studium an der BTU beginnen. Um den bislang berufstätigen Neuankömmlingen den Weg zu ebnen, bietet die Technische Universität an ihren beiden Standorten Vorkurse an, auch in Informatik und Chemie, Biologie und Technischer Mechanik. Vermittelt werden aber auch Lernkompetenzen und Sprachen.
"Das Positive ist, dass die Teilnehmer hier sehr motiviert sind, die kommen ja freiwillig her, am Sonnabend. Und die haben eine Menge praktische Erfahrung im Leben, auf die man Bezug nehmen kann. Die Schule kann ein paar Jahre her sein, also jetzt mit irgendwelchen Formeln oder Zusammenhängen – das wissen die nicht mehr. Aber das kann man wieder heraus locken. Aber man kann praktische Beispiele bringen, die die verstehen und die sie interessieren."
Eine der Teilnehmerinnen des Vorkurses ist Petra Schneider. Die junge Frau möchte Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Sie hat 2008 ihre Ausbildung zur Bürokauffrau abgeschlossen, nebenbei ihr Fachabitur in Naturwissenschaften gemacht. Heute arbeitet Petra Schneider bei der LMBV im Personalwesen: der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, die still gelegte DDR-Tagebaue saniert.
"Ohje, es sind doch zehn Jahre vergangen. Das war ein sehr guter Einführungskurs, super verständlich, nicht wie das Studium im Hörsaal mit 300 Folien, hört zu und schreibt mit. Es ist halt doch noch Schulniveau, er geht drauf ein."
Dozent Olaf Gutschke arbeitet gern mit Spätberufenen und Seiteneinsteigern. In seinem Kurs sitzen auch Studierende aus dem Ausland und Flüchtlinge.
"Ich unterrichte ja die Erstsemester, Wirtschaftsingenieure zum Beispiel, und ich weiß was die wissen müssen und kann mich gut darauf beziehen. Dass ich denen genau das beibringe, den Stand vermittle, dass sie einsteigen können ins Studium."
Viele studieren berufsbegleitend
Die Vorbereitungskurse laufen ebenso wie Workshops zur Orientierung für Schüler am sogenannten College der Hochschule. Hier werden Angebote für Interessierte und Neuankömmlinge gebündelt. Kathrin Erdmann koordiniert das College, sie organisiert auch die Vorbereitungskurse.
"Und was man immer erlebt: Dass diese beruflich qualifizierten Studienanfänger bewusst eine Entscheidung getroffen haben im Leben. Sie gehen also ganz strukturiert vor, sie haben eine sehr, sehr hohe Motivation, das ist zu den anderen Studienanfängern wirklich signifikant."
Viele gehen diesen Schritt aus Karrieregründen, manche werden von ihrem Arbeitgeber gezielt zum Studium delegiert.
"Und dann begleiten wir die Studienanfänger bis zum zweiten Fachsemester, mit Prüfungsvorbereitungen, mit Tutorien etc., um ihnen wirklich einen guten Studieneinstieg zu geben."
Manche kündigen oder lassen sich frei stellen, um sich ganz aufs Studium zu konzentrieren. Bürokauffrau Petra Schneider will das aber nicht. Sie würde gerne berufsbegleitend studieren.
"Weil ich so aus der Praxis komme, ich habe mir da jetzt etwas aufgebaut, wo ich nicht unbedingt Vollzeit studieren möchte. Ich glaube, ich bin auch wirklich nicht der Typ dazu, dass ich Vollzeit nur eine Sache machen würde. Ich würde schon gerne in der Praxis bleiben."
An der BTU dürfte das kein Problem sein: Varianten des berufsbegleitenden Studiums gibt es in Cottbus und Senftenberg viele. Das ist auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Berufstätige den Weg an die Hochschulen finden.