Nachdem sich die Fraktionsführungen von Union und SPD zunächst darauf verständigt hätten, es reiche ein einfacher Beschluss des Bundeskabinetts zur "Selbstbindung" seiner Mitglieder aus, seien Juristen der Koalition zu einer anderen Auffassung gelangt, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Sie hätten darauf verwiesen, dass Ausnahmen von der Freiheit der Berufswahl durch ein Gesetz geregelt werden müssten. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen werde die Koalition den Wünschen der Opposition nach einer gesetzlichen Regelung entsprechen, schreibt die Zeitung. Würde die Regierung Karenzzeiten nur in ihrer Geschäftsordnung regeln, hätten die Regeln keine Wirkung mehr, sobald ein Mitglied aus der Regierung ausscheidet,
berichtet Stefan Maas
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In der Bundestagsdebatte zum Thema hatten Sprecher der Koalition eine Gesetzesänderung am Donnerstag noch abgelehnt. Sie verteidigten den Plan von Schwarz-Rot, dass sich das Kabinett selbst Regeln für solche Fälle geben solle. Aktuell wurde das Thema wieder durch den möglichen Wechsel des früheren Kanzleramtschefs Ronald Pofalla auf einen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn. Auch der Gang des früheren Staatsministers im Kanzleramt, Eckardt von Klaeden, zum Daimler-Konzern sorgte für Aufsehen.
Oppermann spricht sich für zwölfmonatige Karenzzeit aus
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nannte eine Karenzzeit von zwölf Monaten für Regierungsmitglieder "einen guten Kompromiss", da die SPD 18 Monate fordere, die Union aber eine deutlich kürzere Zeit. "Die Fraktionen erwarten, dass sich das Kabinett schnell über die Regeln für einen Seitenwechsel verständigt", sagte er der "Rheinischen Post". Damit würde das Gesetz deutlich unter den Forderungen von Organisationen wie Lobbycontrol oder Transparency International bleiben, die eine Frist von drei Jahren fordern. In Kanada beispielsweise gilt gar eine fünfjährige Frist, die EU-Parlamentarier haben den Kommissaren der EU bereits einen Verhaltenskodex auferlegt, der eine 18-monatige Karenzzeit vorsieht.
Linke und Grüne hatten am Donnerstag im Bundestag eine gesetzlich festgelegte Karenzzeit gefordert. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz erklärte, die Glaubwürdigkeit des politischen Systems nehme Schaden, wenn keine Übergangsfrist eingeführt werde. Von Notz appellierte an die Bundesregierung: "Beenden Sie den Zustand der Rechtsunsicherheit - schaffen Sie endlich eine rechtliche Regelung." Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Bernhard Kaster, hatte dagegen betont, der Austausch zwischen Wirtschaft und Politik müsse verstärkt werden. Die Große Koalition wolle eine Handhabung mit Vernunft und Augenmaß schaffen.