Manfred Götzke: Im Gegensatz zum Reli-Unterricht ist die zweite Premiere zum Schulbeginn in NRW die Sekundarschule. Bundesweit eher ein alter Hut, diese Zusammenlegung aus Haupt- und Realschule, die gibt es zum Beispiel schon in Bremen und Berlin. Das Besondere in Nordrhein-Westfalen ist aber die Entstehung. Nach jahrelangen ideologischen Grabenkämpfen hat die CDU letztes Jahr mit Rot-Grün einen Schulfrieden geschlossen. Ja, und dessen Produkt ist die Sekundarschule. Eine dieser 42 neuen Sekundarschulen, die Schule in Jülich, leitet Angelika Lafos. Frau Lafos, Sie fangen heute an einer komplett neuen Schule mit neuer Schulart an. Wie stressig waren die letzten Wochen für Sie?
Angelika Lafos: So stressig wie, glaube ich, noch nie in meinem Leben. Ich habe immer gerne viel gearbeitet, aber jetzt hatte ich zwei Schulen. Es ist ja nicht so, dass ich die Sekundarschule Jülich in Ruhe aufbauen konnte mit dem Rücken frei, sondern ich habe noch bis vor den Ferien die Realschule Ratheim als Schulleiterin geleitet. So, und man hat natürlich schon auch den Anspruch, oder wir haben den Anspruch, dass wir das sehr gut vorbereiten wollten für heute, und von daher haben wir die Sache ernst genommen und heftig gearbeitet.
Götzke: Sie haben es ja gerade schon angedeutet, das Kollegium setzt sich aus Real- und Hauptschullehrern zusammen mit ja ganz anderen Unterrichtskulturen. Welche Probleme hat es da in den letzten Wochen gegeben oder welche könnte es möglicherweise noch geben?
Lafos: Ja, es ist also so, dass wir eben neben Real- und Hauptschullehrern diese neu ausgebildeten Lehrer und Lehrerinnen haben, die zum Teil an der Gesamtschule und am Gymnasium noch ausgebildet wurden. Das heißt, wir haben von allen vier Schultypen unsere verschiedenen unterschiedlichen Erfahrungen hier. Das ist sehr bereichernd, weil sie ja natürlich aus dem alten oder aus dem konventionellen System das mitnehmen wollen in die Sekundarschule, was gut funktioniert hat. Wir müssen uns immer wieder ein bisschen abgleichen. Derjenige, der an der Realschule unterrichtet hat, bringt natürlich eine andere Erfahrung mit als die beiden Kollegen, die von der Hauptschule bei uns sind. Wir müssen halt schauen, wie kriegen wir diese Dinge, dass wir da einen gemeinsamen Ethos entwickeln, ein gemeinsames "So gehen wir". Wir gehen zwar auch individuell, wie die Kinder auch individuell lernen. Aber wir müssen doch eine klare Linie haben. Und das haben wir entwickelt, indem wir, nachdem wir diese Crew fertig hatten, schon vor den Sommerferien und zweimal die Woche nachmittags getroffen haben. Wobei wir immer wieder schauen werden mit externer Begleitung auch, passt es noch, wie kriegen wir was verändert, wie müssen wir es modifizieren?
Götzke: Sie habe es ja gerade gesagt: Sie entwickeln sie noch. Wie viel Experiment wird es noch im ersten Schuljahr jetzt geben?
Lafos: Ich würde das nicht Experiment nennen, sondern wir nehmen das von den anderen Schultypen mit. Plus die Möglichkeit, alles das, was wir denken, das müsste eigentlich ein bisschen geändert werden. Also wir haben – es gibt Schulen, die arbeiten im 90-Minuten-Rhythmus, das haben wir zum Beispiel übernommen. Es gibt Schulen, die haben freie Lernzeiten. Wir sind eine Ganztagsschule, wir haben auch freie Lernzeiten. Das sind keine Experimente. Natürlich machen wir es hier alle neu in unserer Zusammenstellung. Aber das, was wir machen, gibt es alles auch an anderen Schulen. Aber nicht an einer anderen Schule.
Götzke: Ihre Schulform ist ja letztlich Ausdruck eines politischen Kompromisses zwischen zwei schulpolitisch ja ganz unterschiedlichen Lagern, Union und SPD. Merkt man das Ihrer Schule an?
Lafos: Wir sind angetreten, damit wir die Kinder individuell fördern und schauen, dass am Ende der Klasse 10 die bestmöglichen Abschlüsse von den Kindern erzielt werden können. Wir brauchen dafür Zeit, oder wir können auch mehr Zeit nehmen als die anderen Schulen, wenn Ihr Kind am Gymnasium angemeldet ist, dann muss es sofort gymnasial sein. Wie können hier ein bisschen mehr schauen. Und das ist aber genau das, was ich auch immer gedacht habe, Mensch, schade, der muss jetzt gehen nach der sechsten Klasse zur Hauptschule. Und eigentlich wissen wir, er hat das Know-how, wir sind aber nicht ganztags an der Realschule gewesen, wir hatten eine gewisse Versetzungsordnung. An der Sekundarschule ist es so, jetzt ist das ganztags, das heißt, ich kann mit dem Kind länger am Tag arbeiten und die Kinder werden bei uns ja auch in der Regel versetzt.
Götzke: Der Schlüssel zum individuellen Lernen, jetzt komme ich doch noch mal drauf, sind ja eigentlich kleine Klassen, damit sie jedem Schüler gerecht werden können. Sind die bei Ihnen klein genug?
Lafos: An der Sekundarschule Jülich sind sie klein genug, weil wir auf den Punkt genau 125 Kinder haben und damit fünf Klassen bilden konnten. Wir haben also 25er-Klassen.
Götzke: Das ist tatsächlich relativ klein. Ja, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg. Und vielen Dank für das Interview, Frau Lafos.
Lafos: Gerne. Und auch vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Angelika Lafos: So stressig wie, glaube ich, noch nie in meinem Leben. Ich habe immer gerne viel gearbeitet, aber jetzt hatte ich zwei Schulen. Es ist ja nicht so, dass ich die Sekundarschule Jülich in Ruhe aufbauen konnte mit dem Rücken frei, sondern ich habe noch bis vor den Ferien die Realschule Ratheim als Schulleiterin geleitet. So, und man hat natürlich schon auch den Anspruch, oder wir haben den Anspruch, dass wir das sehr gut vorbereiten wollten für heute, und von daher haben wir die Sache ernst genommen und heftig gearbeitet.
Götzke: Sie haben es ja gerade schon angedeutet, das Kollegium setzt sich aus Real- und Hauptschullehrern zusammen mit ja ganz anderen Unterrichtskulturen. Welche Probleme hat es da in den letzten Wochen gegeben oder welche könnte es möglicherweise noch geben?
Lafos: Ja, es ist also so, dass wir eben neben Real- und Hauptschullehrern diese neu ausgebildeten Lehrer und Lehrerinnen haben, die zum Teil an der Gesamtschule und am Gymnasium noch ausgebildet wurden. Das heißt, wir haben von allen vier Schultypen unsere verschiedenen unterschiedlichen Erfahrungen hier. Das ist sehr bereichernd, weil sie ja natürlich aus dem alten oder aus dem konventionellen System das mitnehmen wollen in die Sekundarschule, was gut funktioniert hat. Wir müssen uns immer wieder ein bisschen abgleichen. Derjenige, der an der Realschule unterrichtet hat, bringt natürlich eine andere Erfahrung mit als die beiden Kollegen, die von der Hauptschule bei uns sind. Wir müssen halt schauen, wie kriegen wir diese Dinge, dass wir da einen gemeinsamen Ethos entwickeln, ein gemeinsames "So gehen wir". Wir gehen zwar auch individuell, wie die Kinder auch individuell lernen. Aber wir müssen doch eine klare Linie haben. Und das haben wir entwickelt, indem wir, nachdem wir diese Crew fertig hatten, schon vor den Sommerferien und zweimal die Woche nachmittags getroffen haben. Wobei wir immer wieder schauen werden mit externer Begleitung auch, passt es noch, wie kriegen wir was verändert, wie müssen wir es modifizieren?
Götzke: Sie habe es ja gerade gesagt: Sie entwickeln sie noch. Wie viel Experiment wird es noch im ersten Schuljahr jetzt geben?
Lafos: Ich würde das nicht Experiment nennen, sondern wir nehmen das von den anderen Schultypen mit. Plus die Möglichkeit, alles das, was wir denken, das müsste eigentlich ein bisschen geändert werden. Also wir haben – es gibt Schulen, die arbeiten im 90-Minuten-Rhythmus, das haben wir zum Beispiel übernommen. Es gibt Schulen, die haben freie Lernzeiten. Wir sind eine Ganztagsschule, wir haben auch freie Lernzeiten. Das sind keine Experimente. Natürlich machen wir es hier alle neu in unserer Zusammenstellung. Aber das, was wir machen, gibt es alles auch an anderen Schulen. Aber nicht an einer anderen Schule.
Götzke: Ihre Schulform ist ja letztlich Ausdruck eines politischen Kompromisses zwischen zwei schulpolitisch ja ganz unterschiedlichen Lagern, Union und SPD. Merkt man das Ihrer Schule an?
Lafos: Wir sind angetreten, damit wir die Kinder individuell fördern und schauen, dass am Ende der Klasse 10 die bestmöglichen Abschlüsse von den Kindern erzielt werden können. Wir brauchen dafür Zeit, oder wir können auch mehr Zeit nehmen als die anderen Schulen, wenn Ihr Kind am Gymnasium angemeldet ist, dann muss es sofort gymnasial sein. Wie können hier ein bisschen mehr schauen. Und das ist aber genau das, was ich auch immer gedacht habe, Mensch, schade, der muss jetzt gehen nach der sechsten Klasse zur Hauptschule. Und eigentlich wissen wir, er hat das Know-how, wir sind aber nicht ganztags an der Realschule gewesen, wir hatten eine gewisse Versetzungsordnung. An der Sekundarschule ist es so, jetzt ist das ganztags, das heißt, ich kann mit dem Kind länger am Tag arbeiten und die Kinder werden bei uns ja auch in der Regel versetzt.
Götzke: Der Schlüssel zum individuellen Lernen, jetzt komme ich doch noch mal drauf, sind ja eigentlich kleine Klassen, damit sie jedem Schüler gerecht werden können. Sind die bei Ihnen klein genug?
Lafos: An der Sekundarschule Jülich sind sie klein genug, weil wir auf den Punkt genau 125 Kinder haben und damit fünf Klassen bilden konnten. Wir haben also 25er-Klassen.
Götzke: Das ist tatsächlich relativ klein. Ja, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg. Und vielen Dank für das Interview, Frau Lafos.
Lafos: Gerne. Und auch vielen Dank!
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