Selbstkritik
"Was wir versäumt haben"

3. November 1989. Egon Krenz auf dem Rückflug aus Moskau zu Fehlern und Führungsanspruch der SED:

    Egon Krenz als letzter Generalsekretär des ZK der SED im Herbst 1989 vor der Presse.
    Egon Krenz als letzter Generalsekretär des ZK der SED im Herbst 1989 vor der Presse. (picture-alliance/ ZB / Peter Kroh)
    "Was wir versäumt haben, darüber habe ich auf der Tagung des Zentralkomitees gesprochen. Dass wir Subjektivismus zugelassen haben, dass die Kritik nicht genügend entwickelt war und dass wir unreale Einschätzungen gehabt haben. Aber ich würde daraus nicht die Schlussfolgerung ableiten, dass man deshalb nicht mehr in der Lage wäre, die Führungsrolle der Partei wahrzunehmen. Wer so denkt, der zieht nicht in Betracht, dass wir als Partei selber die Kraft gehabt haben, diese Wende herbeizuführen. Und dass es gerade das Zentralkomitee war, das sehr engagiert dafür eingetreten ist, dass wir uns stärker dem Volke zuwenden und dass wir der Wahrheit ins Gesicht schauen."

    Reporterfrage: "Egon Krenz, Sie haben gerade gesagt, die Partei hat die Kraft gehabt, die Wende einzuleiten. Welche Rolle billigen Sie denn den hunderttausend Werktätigen auf der Straße zu?"

    "Ja, wissen Sie, es sind ja sehr unterschiedliche Leute auf der Straße. Und zunächst gehe ich davon aus, dass jeder, der einen konstruktiven Vorschlag einzubringen hat, wie wir mehr Sozialismus und mehr Demokratie noch bekommen, dass der ganz im Sinne der Wende handelt. Allerdings zweifle ich daran, ob wir das dauernd auf der Straße tun können."