Ukraine
Selenskyj: "Vormarsch in russischer Grenzregion Kursk bringt uns unserem Ziel näher" - Behörden in Belgorod rufen Notstand aus

Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht die Streitkräfte des Landes angesichts des Vormarsches im russischen Gebiet gestärkt. Die Armee rücke weiter vor und habe inzwischen 74 Ortschaften im Gebiet Kursk eingenommen, erklärte Selenskyj. Russland sprach dagegen von 44 eroberten Siedlungen.

    Ein von ukrainischem Beschuss beschädigtes Gebäude in der Region Kursk.
    Ein von ukrainischem Beschuss beschädigtes Gebäude in der Region Kursk. (Str / XinHua / dpa / Str)
    Die Ukraine könne ihre Ziele erreichen, ihre Interessen verteidigen und ihre Unabhängigkeit schützen, betonte Präsident Selenskyj. Mit der Bodenoffensive auf russischem Gebiet will die Ukraine nach Angaben Selenskyjs vor allem den Druck auf Moskau erhöhen, sich nach inzwischen fast zweieinhalb Jahren Angriffskrieg gegen die Ukraine auf Friedensverhandlungen einzulassen. Selenskyj sagte, ein gerechter Frieden komme auf diese Weise näher. Eine dauerhafte Besetzung des Gebiets sei nicht geplant.
    Für Russland hingegen sind nach eigenen Angaben Friedensgespräche nach dem ukrainischen Angriff auf die Oblast Kursk bis auf Weiteres zurückgestellt. Die Ukraine habe mit ihrem Angriff auf Kursk mögliche Friedensgespräche "auf lange Sicht auf Eis gelegt", sagte der Sondergesandte des Außenministeriums, Miroschnik, der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

    Ukraine nimmt 100 russische Soldaten gefangen

    Der ukrainische Armeechef Syrskyj erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters, die ukrainischen Einheiten hätten heute 100 russische Soldaten gefangengenommen. Reuters meldet zudem unter Bezug auf ukrainische Sicherheitskreise, dass es einen großen Drohnenangriff Kiews auf vier russische Militärflughäfen gegeben habe. Dabei sollen auch Flugzeuge zerstört worden sein.

    Ausnahmezustand in Grenzregion Belgorod

    Die Behörden in der russischen Region Belgorod riefen angesichts der ukrainischen Angriffe den regionalen Notstand aus. Die Maßnahme diene dazu, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und die Folgen der Attacken zu bewältigen, hieß es. Es gebe anhaltenden Beschuss. Die Lage wurde als extrem schwierig und angespannt bezeichnet. Belgorod grenzt an die ukrainische Region Charkiw und an die russische Region Kursk. Dort hat die Ukraine eine Überraschungsoffensive gestartet. Der Gouverneur von Kursk hatte in der vergangenen Woche den Ausnahmezustand ausgerufen.

    Russland verstärkt Bewachung von Atomkraftwerk in Kursk

    Die russische Nationalgarde, die Rosgwardija, verstärkt die Bewachung des Atomkraftwerkes Kursk in der gleichnamigen Oblast. Besonderes Augenmerk gelte der Abwehr ukrainischer Drohnen, teilte sie mit. Das AKW liegt gut 30 Kilometer westlich der Stadt Kursk und wird vom Staatskonzern Rosenergoatom betrieben.

    Moskau: Vormarsch vorerst gestoppt

    Moskau macht geltend, mit Luftangriffen den Vormarsch der Ukrainer vorerst gestoppt zu haben. Gleichwohl wird ein weiterer Landkreis evakuiert, wie örtliche Behörden bekanntgaben. In den vergangenen Tagen waren bereits Tausende Menschen geflohen. Der Gouverneur von Kursk teilte mit, russische Flüchtlinge sollten nach Saporischschja gebracht werden, also in von Russland besetztes Gebiet in der Ukraine. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben beider Seiten derzeit nicht.

    Sicherheitsexperte Lange: Erfolg für Ukraine

    Der Sicherheitsexperte Lange bewertete es als Erfolg für die Ukraine, einen Teil des Krieges auf russisches Gebiet verlagert zu haben. Die unendliche Stärke Russlands sei ein Mythos, sagte Lange im Deutschlandfunk. Offenbar sei die russische Verteidigung nicht in der Lage, sich zu organisieren. Wenn unter anderem aus Murmansk Wehrpflichtige eingezogen würden, die dann in Kursk auftauchten, sei das kein Zeichen der Stärke. Murmansk liegt am Polarkreis, circa 1.500 Kilometer nördlich von Moskau.
    Diese Nachricht wurde am 14.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.