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Seniorbook
Soziales Netzwerk für "Silver Surfer"

Seit zwei Jahren versucht ein Münchner Unternehmen, Menschen miteinander zu vernetzen, die nicht mehr ganz zur jugendlichen Zielgruppe von Facebook und Co. passen oder denen das amerikanische Netzwerk irgendwie suspekt ist. Seniorbook ist ein Netzwerk speziell für ältere Nutzer. Kann das funktionieren?

Von Daniel Bouhs |
    Facebook-Gründer Mark Zuckerburg hat seine Plattform darauf ausgerichtet, dass vor allem Nutzer miteinander kommunizieren, die sich ohnehin schon aus dem realen Leben kennen – aus der Universität, vom Sportverein oder von Partys. Funktionen, die fremde Menschen zueinander bringen, finden sich auf Facebook eher versteckt.
    Thomas Bily, der Chef von Seniorbook, hat sein Netzwerk völlig anders konzipiert. Bei Seniorbook sollen Nutzer völlig neue Kontakte knüpfen können. Bily denkt an die Eltern, deren Kinder gerade das Haus verlassen haben. Oder an Menschen, denen ihr langjähriger Partner abhandengekommen ist. Nutzer, die Gesellschaft suchen.
    "Es gibt diese Phase, wo man noch mal die Ärmel hochkrempelt und noch mal sagt: Jetzt will ich es noch mal wissen, jetzt habe ich Zeit, jetzt habe ich vielleicht ein bissel' Kleingeld vielleicht sogar. Und ich habe vor allem auch keine Angst mehr. Es gibt ja auch den alten Spruch: Alte Leute sind gefährlich, weil sie keine Angst mehr haben."
    Öffentlichkeit ist hier vielfach das Prinzip
    Keine Angst haben – das ist so etwas wie die Grundvoraussetzung für Nutzer, die sich auf Seniorbook tummeln wollen. Viele Einträge sind für andere registrierte Nutzer grundsätzlich sichtbar. Öffentlichkeit ist hier vielfach das Prinzip – dabei kämpfen Datenschützer doch für "privacy by default", Privatsphäre als Standard.
    Nutzer sollten das im Hinterkopf behalten, wenn sie Einträge in den zentralen Rubriken von Seniorbook platzieren wie dem "Schwarze Brett" oder der "Fotowand". Hier kann jeder alles zur Schau stellen, seine Meinung ebenso wie Schnappschüsse.
    "Wir bieten wie im richtigen Leben Anlässe als wäre es quasi auf dem Marienplatz, auf dem Alexanderplatz oder Hamburger Mönckebergstraße. Da wird etwas veröffentlicht und manche scharen sich eben um ein Bild und lernen sich über dieses Bild oder über diese Diskussion kennen."
    Diese Diskussionen drehen sich über so ziemlich alles: Peter fragt in die Runde, wer bereit sei, für die neue Liebe alles aufzugeben – und erntet hunderte Kommentare. Andere empören sich über Fernsehsendungen wie "Bauer sucht Frau", Claudia über ihren spießigen Nachbarn. Der habe gerade sein Auto mit einer Zahnbürste geputzt.
    In den offenen Bereichen geht es – wenn wundert's – nicht andres zu als überall sonst im Netz: manchmal genial, oft aber schlicht banal. Interessanter ist da die Rubrik "Nutzertreffen": eine Schnittstelle, die das digitale mit dem analogen Leben verknüpft. Nutzer verabreden sich zur Rad-Tour, zum Kochen oder zum Stammtisch.
    "Gerade in älteren Zielgruppen ist es so, dass die Bindung an die Familie und so weniger wird und man sich dann eher mit Leuten austauscht, die man halt noch nicht kennt und neue Leute kennenlernen möchte noch mal in der zweiten Lebenshälfte,"
    sagt Martin Fuchs. Er berät Vereine, Verbände und Politiker bei der Frage, wie sie sich in sozialen Netzwerken am besten präsentieren, und beschäftigt sich dafür jeden Tag mit den verschiedensten Plattformen. Und Fuchs glaubt an einen Erfolg von Seniorbook, das nicht zuletzt eine Werbeplattform für die Generation "50 plus" ist.
    "Wenn, wo nicht in dieser Zielgruppe ist das Geld? Gerade ‚Silver Surfer' sind eine sehr nachgefragte Zielgruppe von der Werbeindustrie. Und daher denke ich schon, dass man damit auf jeden Fall Geld verdienen kann."
    140.000 aktive Nutzer nach zwei Jahren
    Nach den ersten beiden Jahren seien auf der Plattform bereits 140.000 Nutzer aktiv, berichtet Seniorbook-Chef Bily. Früher hat er einmal für die klassische Verlagswelt gearbeitet, zuletzt für Burda. Bily zieht einen Vergleich.
    "Also dass wir insgesamt, ja, wenn man das jetzt übersetzt auf die alte Medienwelt, schon so ordentlich groß sind wie zum Beispiel eine ordentliche Monatszeitschrift."
    Einen Schub erfuhr Seniorbook im Frühjahr. Damals gab das Netzwerk "Wer kennt wen" auf und empfahl seinen restlichen Nutzern, zu Seniorbook zu wechseln – eine Plattform, die für die Mitglieder kostenfrei ist. Sie finanziert sich bislang allein durch Werbung. Bily denkt allerdings vage über erste kostenpflichtige Funktionen nach.
    Mit den Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft lasse sich aber der Betrieb bereits finanzieren, sagt Bily, der in München knapp 15 Mitarbeiter beschäftigt. Und auch die Daten liegen in Deutschland. "Datenschutz made in Germany" – in diesen Zeiten dürfte schon allein das für manch einen Nutzer ein Argument sein.